Deutschlands Klima-Wende / Kniefall vor der Lobby statt Schutz des Klimas
(Bonn/Berlin) - Die Bundesregierung hat sich auf einen Kompromiss zum Emissionshandel und gegen den Klimaschutz geeinigt. Nach Einschätzung von Germanwatch stellt dieser Kompromiss eine Wende der deutschen Klimapolitik dar. "Das ist ein Sieg des Lobbyismus gegen das Gemeinwohl, ein Sieg der Vergangenheit gegen die Zukunft. Die Industrie wird vom Großteil ihrer vor drei Jahren gegebenen Klimaschutzzusagen befreit. Sie erhielt heute Nacht Zertifikate für jährlich 15 Mio Tonnen CO2 geschenkt. Deutschland kann sein Kyoto-Ziel damit nur noch erreichen, wenn die Regierung nun massive Maßnahmen in den Bereichen Verkehr und Haushalte ergreift", kommentiert Germanwatch-Klimaschutzexperte Christoph Bals. "Nach dem Weichspülprogramm der letzte Nacht verliert der Emissionshandel deutlich an Wert. Dies ist ein Schlag ins Gesicht aller Wähler, die diese Regierung wegen ihrer Zusage eines ernsthaften Klimaschutzes gewählt haben."
Es ist damit zu rechnen, dass sich andere EU-Staaten an dem nun beschlossenen, völlig unzureichenden Nationalen Allokationsplan von Deutschland, dem größten Energieland der EU, orientieren werden. Damit ist spätestens im Jahr 2006, wenn dann EU-weit der Allokationsplan für die Kyoto-Zieljahre (2008-2012) festgelegt wird, mit einer massiven Debatte in der EU zu rechnen, sich von Kyoto zu verabschieden. "Deutschland, das bisher eine Triebkraft für den internationalen Klimaschutz gewesen ist, wird mit dieser Entscheidung zu einem Hemmschuh", kommentiert Bals.
Vor zwei Jahren, beim Nachhaltigkeitsgipfel in Johannesburg hatte der deutsche Bundeskanzler ausgerufen: "Der Klimawandel ist keine skeptische Prognose mehr - sondern bittere Realität. Diese Herausforderung verlangt ein entschiedenes Handeln." Seit heute ist das Einknicken der deutschen Klimapolitik vor kurzfristigen Lobbyinteressen keine skeptische Prognose mehr - sondern bittere Realität.
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