Digitale Schule der Zukunft: „Wir brauchen jetzt vor allem gute Konzepte!“
(München) - Rund 300 Millionen Euro hat der Freistaat im Doppelhaushalt 2024/25 veranschlagt, um den Unterricht auf Basis einer 1:1 Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit digitalen Endgeräten weiterzuentwickeln. Die Schulen müssen diesen Umbau im laufenden Betrieb stemmen und benötigen daher Ressourcen in Form von Materialien, Energie und vor allem Zeit, um den Prozess (verwaltungs-)technisch und pädagogisch umzusetzen. Eine große Herausforderung mit offenen Fragen – und kein Selbstläufer.
Mit der Einführung der „Digitalen Schule der Zukunft“ (DSdZ) müssen Verantwortliche an vielen Gymnasien und FOSBOS sowie die Sachaufwandsträger einerseits zahlreiche technische Herausforderungen wie die Einführung flächendeckenden WLANs oder Fragen von Datenschutz und Sicherheitsaspekten lösen. Andererseits fehlt es den Kolleginnen und Kollegen vor Ort vor allem an der Ressource Zeit, um tatsächlich den „Fokus auf den Unterricht und die Pädagogik“ zu legen, wie es im Kultusministeriellen Schreiben vom März 2024 zu den Leitideen des Projekts heißt. „Wir brauchen jetzt zuvorderst gute Konzepte und sinnvolle Einsatzmöglichkeiten!“, betont bpv-Vorsitzender Michael Schwägerl.
Neben der 1:1 Ausstattung werden im Rahmen des „Medien- und KI-Budgets“ weitere Gelder zur Digitalisierung der Schulen zur Verfügung gestellt. Sachaufwandsträger erhalten darüber pro Schüler an weiterführenden Schulen 10,38 Euro, die etwa für digitale Schulbücher, Anwendungen auf Grundlage von Large Language Models (LLMs) oder für digitale Lehr- und Lernplattformen eingesetzt werden können. „Wer sich in diesem Bereich umschaut, weiß, dass man mit gut 10 Euro für einen Schüler nicht weit kommt. Bei digitalen Volllizenzen für ein digitales Schulbuch entstehen pro Schüler jedes Jahr alleine in einem Fach Kosten von ca. 8 bis 9 Euro. Für eine flächendeckende, digitale ‚Grundausstattung‘ im Bereich Lizenzen und Software müsste man also ganz andere Summen pro Kopf bewegen“, kommentiert Schwägerl das Budget.
Was den Bereich der digitalen Schulbücher betrifft, stellt der bpv-Vorsitzende außerdem infrage, ob diese einem pädagogisch sinnvollen Einsatz der digitalen Endgeräte zuträglich seien. So zeige die Neuroforschung, dass sich insbesondere komplexere Zusammenhänge besser vom analogen Buch aus erlernen lassen. Links und Querverweise in digitalen Schulbüchern können zudem das kontextuelle Verstehen behindern.
Viele Lehrkräfte treibt zusätzlich die berechtigte Sorge vor dem Ablenkungspotenzial der digitalen Endgeräte insbesondere bei jüngeren Schülerinnen und Schülern um – so auch die Ergebnisse einer im März 2024 veröffentlichten bpv-Umfrage. „Eine sukzessive Einführung der 1:1 Ausstattung erst ab der Mittelstufe würde nicht nur die Finanzen, sondern auch die Schulen bei der Umsetzung entlasten. Legt man zudem bei jüngeren Schülerinnen und Schülern den Fokus der Vermittlung von grundlegenden Kompetenzen auf die analogen Wege, bleibt auch mehr KI- und Medienbudget pro Kopf in höheren Jahrgangsstufen,“ erklärt Schwägerl. Für die Anschaffung digitaler Endgeräte in der Unterstufe würden sich stattdessen vor allem Pool-Lösungen wie zum Beispiel Tablet-Koffer anbieten.
Schwägerl resümiert: „Die Digitalisierung in den Schulen ist kein Selbstläufer, denn die angestoßenen Prozesse sind von hoher Komplexität. Hier muss auf allen Ebenen noch einiges passieren, ohne dabei die Kernaufgaben aus dem Blick zu verlieren.“
Quelle und Kontaktadresse:
Bayerischer Philologenverband (bpv), Ulrike Schneider, Pressesprecher(in), Arnulfstr. 297, 80639 München, Telefon: 089 7461630