Pressemitteilung | Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW)

Dosenpfand: Seltsame Quotenlogik

(Köln) - Das Zwangspfand auf Dosen und andere Einwegverpackungen soll eigentlich der Umwelt dienen. Doch das Anliegen wird gleich durch zwei Nebenwirkungen infrage gestellt: Supermärkte müssen fortan Bierbüchsen und leere Plaste-Flaschen entsorgen, dazu für teures Geld Rücknahmeautomaten installieren. Das Recycling-Unternehmen Grüner Punkt gerät zudem in Bedrängnis, weil ihm Einnahmen aus Lizenzen wegbrechen. Letztlich könnte sich das Dosenpfand so als Öko-Bumerang erweisen. Die Deutschen seien wahre Wegwerf-Freaks – suggeriert das zum Jahreswechsel eingeführte Zwangspfand auf Einwegverpackungen von Getränken. Aber weit gefehlt:

Der Verpackungsverbrauch ist von 1991 bis 1999 um gut eine halbe Million Tonnen auf etwas über 7 Millionen Tonnen zurückgegangen. Hinter dem neuen Pfand steckt die in der Verpackungsverordnung von 1991 ausgeklügelte Quotenlogik. Demzufolge müssen Getränkehersteller und -händler generell auch auf Einmalverpackungen Pfand erheben. Die Regelung war allerdings so lange außer Kraft gesetzt, wie mindestens 72 Prozent der Getränke in Mehrwegflaschen verkauft wurden. Das ist schon länger nicht mehr der Fall:

Bereits 1997 hatten Mehrweg-Pfandflaschen einen Anteil von weniger als 72 Prozent an allen Getränkeverpackungen – zuletzt waren es nur noch 64 Prozent.

Deshalb ist seit dem Jahreswechsel Pfand auf all jene Gebinde fällig, die den Rückgang der Mehrwegquote ausgelöst haben. Dazu zählen Dosenbier sowie Wasser und kohlensäurehaltige Erfrischungsgetränke in Wegwerf-Flaschen aus Glas oder Kunststoff. Bis zu einem Inhalt von 1,5 Liter muss der Käufer nun 25 Cent Pfand auf den üblichen Verkaufspreis drauflegen, für größere Flaschen sogar 50 Cent. Pfandfrei bleiben unterdessen Fruchtsäfte, Eistee und Wein. Wirklich einleuchtend ist diese Unterscheidung nicht, und deshalb hat der Bundesumweltminister eine Novelle der Verpackungsverordnung angekündigt.

Demnach soll künftig unabhängig von einer Quote auf sämtliche Einwegbehältnisse für Getränke Pfand erhoben werden – es sei denn, sie gelten nach den offiziellen Ökobilanzen des Bundesumweltamtes als ökologisch vorteilhaft, also ressourcenschonend. Bis dato sind das nur zwei – recyclingfähige – Verpackungstypen, und zwar Getränkekartons sowie Schlauchbeutel. Dank des technischen Fortschritts könnten aber bald weitere Verpackungen unter die Kategorie ökologisch vorteilhaft fallen, deswegen müssten die Umweltbilanzen theoretisch ständig aktualisiert werden – eine aufwendige Angelegenheit.

Der Ausbau des Zwangspfands hat noch einen anderen Haken. Industrie und Einzelhandel wurden seinerzeit verpflichtet, die Hüllen abgepackter Lebensmittel zurückzunehmen und an deren Entsorgung mitzuwirken. Von dieser Pflicht hatten sich die betroffenen Unternehmen freigekauft, indem sie sich an einem flächendeckenden Sammel- und Entsorgungssystem beteiligten: dem Dualen System Deutschland (DSD) bzw. dem „Grünen Punkt“. Das darüber gebündelte Recycling hat sich etabliert:

Im Jahr 2001 führte das DSD insgesamt 5,3 Millionen Tonnen Milchtüten, Joghurtbecher, Saftflaschen und dergleichen einem neuen Leben zu – drei Viertel aller verbrauchten Verpackungen und beinahe sechsmal so viele wie 1992.

Nun entgehen dem Dualen System allerdings alle mit Zwangspfand belegten Verpackungen, die bisher in die gelbe Tonne oder den Glascontainer wanderten. Der daraus resultierende Verlust an Lizenzgebühren für den Grünen Punkt wird sich auf jährlich über 300 Millionen Euro belaufen. Kompensieren kann das DSD den 15-prozentigen Einnahmeausfall nur, indem es die Abgaben für die Entsorgung der anderen Verpackungen erhöht. Auch dem Einzelhandel bürdet das Einwegpfand zusätzliche Kosten auf: Für rund 1 Milliarde Euro müssen Rücknahmeautomaten aufgestellt werden, die an ein zentrales Erfassungssystem gekoppelt sind – potenziell ist das ein lukratives Geschäftsfeld für ein zusätzliches monopolartiges Entsorgungsnetz, das schnell ins Visier der Wettbewerbshüter geraten könnte.

Quelle und Kontaktadresse:
Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) Gustav-Heinemann-Ufer 84-88 50968 Köln Telefon: 0221/49811 Telefax: 0221/4981592

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