Drachen im Wohnzimmer / Die Terraristik ist ein anspruchsvolles Hobby / Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) warnt vor unüberlegter Anschaffung von Reptilien und Amphibien
(Langen) - Für viele bedeutet sie eine Begegnung mit unserer Erdgeschichte und faszinierende Naturbeobachtung zugleich: Die Terraristik. Beliebte Reptilien und Amphibien sind die urig aussehenden Schildkröten und drachenähnlichen Echsen, aber auch exotische Schlangen oder Frösche finden immer mehr Liebhaber. Ob sie als Heimtiere gehalten werden können, hängt von mehreren Voraussetzungen ab: Tierfreunde dürfen nicht unterschätzen, wieviel Fachkunde sie für die artgerechte Pflege ihrer Terrarientiere benötigen. Außerdem haben gefährliche Tiere wie Giftschlangen oder auch Riesenschildkröten und Wildfänge, die mit dem Leben im Terrarium nicht zurecht kommen, im Wohnzimmer nichts zu suchen, mahnt Klaus Oechsner, Terraristik-Händler und Präsident des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe e.V. (ZZF). Spontankäufe aus Sensationslust oder Prestigegründen führten meist dazu, dass die Tiere nicht artgerecht gehalten werden.
Erst fragen, dann kaufen
Immer wieder kommen Kunden in Klaus Oechsners Zoofachgeschäft, die am Wochenende auf einer Tierbörse spontan ein Reptil gekauft haben und nun fragen, wie man dieses füttert. Dabei zeigen sie beispielsweise auf einen jungen Wüstenleguan im kleinen Plastikbecher, der sich auf dem Weg zum Zoofachgeschäft schon seine erste Erkältung eingefangen hat. Der ZZF empfiehlt daher zukünftigen Reptilienhaltern, sich unbedingt vor dem Erwerb des Tieres über dessen Haltungsbedingungen, Bedürfnisse, Lebenserwartung und ausgewachsene Größe zu informieren. Um vor und nach der Anschaffung des Terrariums einen Ansprechpartner zu haben, kaufen sie die Tiere und das passende Zubehör am besten im gut geführten Zoofachhandel mit Terraristikabteilung. Denn Zoofachhändler kennen sich auch mit den nationalen und internationalen Bestimmungen des Artenschutzes aus. Für vom Aussterben bedrohte und streng geschützte Reptilienarten erhalten Tierhalter vom Zoofachhändler einen Nachweis der legalen Herkunft. Selbst in Deutschland nachgezüchtete Tiere müssen bei der örtlichen Artenschutzbehörde gemeldet und oft mit einem Kennzeichen/Dokument versehen sein.
ZZF-Fachhändler informieren über geeignete Arten
Die im ZZF organisierten Zoofachhändler haben sich in ihren Heidelberger Beschlüssen verpflichtet, nur Tiere anzubieten, die für die private Heimtierhaltung geeignet sind. Von Reptilien, für deren Ansprüche an Futter-, Unterbringungs- oder Umweltbedingungen der Fachhandel nicht das benötigte Zubehör und Futter liefern kann oder die mittels tierschutzwidriger Fang- und Transportmethoden in den Handel gelangen, raten ZZF-Fachhändler dagegen ab.
Unter den Schildkröten empfiehlt Klaus Oechsner als geeignete und auch vom Anfänger gut zu pflegende Tiere die kleiner bleibenden Schmuckschildkröten oder die pflanzenfressenden Landschildkröten wie die Griechische oder Maurische Landschildkröte. Die Echsen wurden vor allem nach dem Saurier-Boom der letzten Jahre beliebt. Faszinierend sind ihr drachenähnliches, oft farbenfrohes Äußeres und ihre interessanten Verhaltensweisen. Unter den Echsen sind die kleinen Leguanarten und viele Arten der Anolis, Agamen, Geckos und Skinke für die Heimtierhaltung geeignet. Von Angst und Abscheu über Respekt bis hin zur Vergötterung reichen die Gefühle, die Schlangen bei den Menschen auslösen. Jeder Schlangenhalter muss sich im Klaren darüber sein, dass die Nahrung seiner Pfleglinge aus lebenden Tieren besteht. Für Anfänger sind Königspythons und viele Natternarten schöne Terrarientiere. Zu den Amphibien zählen die Schwanz- und Froschlurche. Es ist eine Tierquälerei, sie in Einweckgläsern oder in einem Minibecken zu halten. Ein gut ausgestattetes Regenwaldterrarium ist für die artgerechte Haltung unbedingt notwendig. Für Anfänger sind beispielsweise die Korallenfinger, amerikanische Laubfrösche oder Feuerbauchunken geeignet.
Das richtige Terrarium
Es ist lebenswichtig für Terrarientiere, dass Art und Größe des Terrariums, seine Einrichtung und die technische Ausrüstung genau auf ihre Lebensbedürfnisse abgestimmt sind. "80 Prozent der Reptilienkrankheiten entstehen aufgrund von Streß wegen verkehrter Vergesellschaftung, aufgrund von ungesundem Klima, falscher Ernährung und Terrarieneinrichtung", erklärt Dr. Rolf Spangenberg, tierärztlicher Berater der ZZF-Onlinetierpraxis.
Klaus Oechsner unterscheidet vier Terrarientypen: Das Aquaterrarium, das Regenwaldterrarium, das Halbtrockene und das Wüstenterrarium. Damit das künstliche Biotop "funktioniert", dürfen Thermometer, Hygrometer, Wärmestrahler, UV-Licht und geeigneter Bodengrund nicht fehlen. Die Verdauung funktioniert nur dann richtig, wenn die Temperatur auf die verschiedenen Arten abgestimmt ist. Bei einigen Tieren empfiehlt sich die Einrichtung von unterschiedlich warmen und feuchten Zonen, mit deren Hilfe die Reptilien ihre Körpertemperatur ausgleichen können. Ebenso wichtig: Die pünktliche Fütterung, wobei die Aktivitätszeiten der Tiere zu berücksichtigen sind.
Quelle und Kontaktadresse:
Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands e.V. (ZZF)
Rheinstr. 35, 63225 Langen
Telefon: 06103/91070, Telefax: 06103/910733