Pressemitteilung | Bundesverband Deutscher Fertigbau e.V. (BDF) - Hauptgeschäftsstelle

Eigenheimförderung: Sinnvolle Reformen statt Kahlschlag / Bauherren brauchen Planungssicherheit

(Berlin) - Anlässlich der Jahres-Wirtschaftspressekonferenz am 2. September 2003 in Berlin erklärt der Vizepräsident des Bundesverbandes Deutscher Fertigbau, Gerd Glenewinkel: Die für unsere Branche durchaus positive Entwicklung im letzten Jahr und auch die vorsichtig optimistische Prognose für dieses Jahr sind eine Ausnahme innerhalb der gesamten Bauwirtschaft. Der Bundesverband Deutscher Fertigbau befürchtet allerdings bereits ab dem nächsten Jahr eine erneute massive Verschlechterung der Konjunkturentwicklung im Eigenheimbau. Hauptgrund dafür sind die politischen Rahmenbedingungen, die der Baubranche und auch den privaten Bauherren zugemutet werden sollen.

Um Missverständnissen von Anfang an vorzubeugen: Der Bundesverband Deutscher Fertigbau begrüßt ausdrücklich die Reformbestrebungen der Bundesregierungen sowohl im Bereich der sozialen Sicherungssysteme als auch im Steuersystem. Wir appellieren daher auch an die Opposition, keine Blockadepolitik nach lafontaineschem Muster zu betreiben, sondern konstruktive Vorschläge vorzulegen, die das Vertrauen der Bürger auf eine mittel- und langfristige Konjunkturerholung stärken.

Steuerreform vorziehen

Das Vorziehen der letzten Stufe der Steuerreform ist ein richtiger Schritt, der Unternehmen und Verbraucher um rund 24 Mrd. Euro entlasten könnte. Allein 20 Mrd. Euro kämen direkt den privaten Haushalten zugute – im Schnitt entspräche dies 530 Euro pro Jahr pro Haushalt. Allerdings darf diese Entlastungswirkung nicht auf anderem Wege wieder „verfrühstückt“ werden. Es muss ein wirklicher Nettoeffekt beim Bürger verbleiben. Wir sträuben uns in diesem Zusammenhang auch nicht gegen einen sinnvollen Abbau von Subventionen in allen Wirtschaftsbereichen.

Was zurzeit allerdings an Regierungsvorschlägen auf dem Tisch liegt, sind Sonderopfer einiger weniger Branchen – allen voran des privaten Wohnungsbaus. Die Streichung der Eigenheimzulage und der Wohnungsbauprämie sind einseitige Totalopferungen, die auf dem Rücken der Bauherren ausgetragen werden sollen. Wenn diese Pläne der Bundesregierung tatsächlich so umgesetzt werden, ist dies der schlimmste Schlag gegen private Bauherren seit Bestehen der Bundesrepublik. Unsere Unternehmen gehen davon aus, dass mindestens rund 20 Prozent aller Haushalte, die heute noch bauen können und wollen, dazu künftig nicht mehr in der Lage sein werden. Dass dies in erster Linie die so genannten Schwellenhaushalte trifft, ist ebenfalls einleuchtend.

Bezogen auf die Bauzahlen des vergangenen Jahres würde dies einen Rückgang der Ein- und Zweifamilienhausbauten um mindestens 40.000 Einheiten bedeuten. Hiermit verbunden wäre ein Rückgang des Bauvolumens um rund 5,3 Mrd. Euro, der einen gesamtwirtschaftlichen Nachfrageausfall von 11,7 Mrd. Euro bewirken dürfte.

Eigenheimzulage ist erfolgreiches Förderinstrument

Die Bundesregierung vergreift sich mit ihren Plänen an einem Förderinstrument, das sich über Jahre hinweg als äußerst erfolgreiches Mittel der Wohneigentumspolitik erwiesen hat. Dies beweist auch die vor gut einem Jahr vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung im Auftrag der Länderbauminister vorgelegte detaillierte Analyse zur Wirkung der „Eigenheimzulage“.

Die Untersuchung kam unter anderem zu folgenden Ergebnissen:

- Die Eigenheimzulage unterstützt insbesondere die Zielgruppe der Familien. Das vielfach zitierte Argument der mangelnden Zielgenauigkeit der Eigenheimzulage ist daher schlichtweg falsch.
- Es wurden außerdem im Allgemeinen keine gravierenden Verzerrungen in der Einkommensverteilung festgestellt. Die Kritik an den „hohen Mitnahmeeffekten“ der Eigenheimzulage hat sich damit als Mär entpuppt.
- Auch ein Zusammenhang zwischen der Suburbanisierung und der Zersiedlung der Landschaft durch die Eigenheimzulage konnte durch die Studie nicht nachgewiesen werden. Letztlich entscheiden sich private Haushalte unter Berücksichtigung einer ganzen Palette von Kriterien für ihren Eigenheim-Standort. Ausschlaggebend ist dabei vor allem das Bodenpreisniveau.
Finanzpolitische Luftbuchungen

Für äußerst bedenklich halten wir auch die finanzpolitischen Berechnungsansätze bei der Streichung der Eigenheimzulage. Die vom Bundesfinanzminister heute kalkulierten Mehreinnahmen durch die Streichung der Eigenheimförderung werden sich als Luftbuchungen erweisen. Der Rückgang der Baugenehmigungszahlen wird sich unmittelbar und schmerzhaft auf die staatlichen Kassen auswirken. Denn die steuerlichen Einnahmen, die mit jedem gebauten Haus in vielfacher Form ins Staatssäckel sprudeln, liegen deutlich über den Ausgaben für die Förderung der Eigenheime.

Berechnungen des RWI zeigen, dass bei einem Rückgang der Eigentümer-Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern um 50.000 Wohneinheiten dem Staat – selbst nach vollständigem Abzug der Eigenheimzulage – im Saldo 4 Mrd. Euro entgehen. Bei einer vollständigen Streichung der Eigenheimzulage dürfte der Einbruch und damit auch das Minus im Staatshaushalt deutlich höher ausfallen. Ein Beitrag zur Haushaltskonsolidierung ist auf diese Weise ganz sicherlich nicht zu erzielen.

Auswirkung auf den Arbeitsmarkt

Die Wirkungen auf den Arbeitsmarkt sind ebenfalls verheerend. Geht man davon aus, dass 20 Prozent des heutigen Bauvolumens im Ein- und Zweifamilienhausbau komplett wegbricht, sind Arbeitsplatzverluste in Höhe von rund 130.000 Stellen zu erwarten.

Wohneigentum als wichtige Form der privaten Altersvorsorge

Als wesentliches Ziel der Wohneigentumsförderung stand von jeher die Schaffung einer breiten Vermögensbildung in der Bevölkerung. Hinzu kommt, dass angesichts der weiterhin schwierigen Entwicklung der Rentenversicherungssysteme der privaten Altersvorsorge eine entscheidende Rolle zukommt. Mietfreies Wohnen im Alter wird ohne Zweifel zu einer wichtigen Komponente im Rahmen der finanziellen Alterssicherung werden. Eine Streichung der Eigenheimzulage liefe daher auch dem erklärten Ziel der Bundesregierung, die private Altersvorsorge zu stärken, diametral entgegen.

Sinnvolle und faire Einbeziehung aller Subventionen

Der Bundesverband Deutscher Fertigbau verschließt sich nicht einer sinnvollen und fairen Einbeziehung aller Bereiche beim angestrebten Subventionsabbau. Sonderopfer einzelner Bereiche lehnen wir allerdings strikt ab. Anstelle eines unsinnigen Kahlschlags der Eigenheimzulage, schlagen wir einen Reformansatz vor, der zum einen dem privaten Bauherrn Sicherheit und klare Perspektiven garantiert, zum anderen den öffentlichen Haushalten ein attraktives Einsparpotenzial bietet. Des Weiteren müssen auch alle Möglichkeiten zur Eindämmung der ausufernden Schwarzarbeit am Bau ergriffen werden, die der gesamten Bauwirtschaft erheblich schadet. Die Schwarzarbeit hat inzwischen in Deutschland eine Dimension angenommen, die längst kein Kavaliersdelikt mehr ist, sondern Staat und Gesellschaft in erheblichem Umfang finanziell schädigt. Nach Berechnungen des Instituts für Volkswirtschaftslehre der Universität Linz, Österreich, von Januar 2003 werden heute in Deutschland 350 Mrd. Euro in Schwarzarbeit erwirtschaftet. Der Anteil der Schattenwirtschaft im Baugewerbe liegt sogar bei 25 Prozent. Die finanziellen Ausfälle für Bund, Länder und Gemeinden durch Steuermindereinnahmen und fehlende Sozialbeiträge sind erheblich.

Der Bundesverband Deutscher Fertigbau fordert daher eine Kopplung der Eigenheimzulage an die Vorlage von Handwerker- oder Unternehmensrechnungen. Allein durch diese Kopplung würde der Staatshaushalt erhebliche Einsparungen verbuchen.

Ein weiteres Instrument, das mit der Reform der Eigenheimzulage verbunden werden sollte, ist ein halbierter Mehrwertsteuersatz auf Handwerkerleistungen. Im Rahmen eines Europäischen Pilotversuchs hat uns unser Nachbar Frankreich vorgemacht, wie man mit reduzierten Mehrwertsteuersätzen bei der Renovierung von Privatwohnungen nicht nur zusätzlichen Umsatz für die Branche generiert, sondern darüber hinaus in nur zwei Jahren mehr als 40.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen hat – ein Drittel davon wurden aus der Schwarzarbeit in den legalen Bereich überführt.

Hier ergeben sich Lösungsansätze, die von politischer Seite dringend aufgegriffen und umgesetzt werden müssen. Wir erwarten gerade von Seiten der Bundesländer, die spätestens im Bundesrat über die Steuerreform und ihre Gegenfinanzierung zu entscheiden haben, intelligente und nachhaltige Lösungen, die nicht nur kurzzeitige Entlastungen der Staatshaushalte, sondern vor allem mittel- und langfristige Konjunkturimpulse auslösen werden.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Deutscher Fertigbau e.V. (BDF) Flutgraben 2, 53604 Bad Honnef Telefon: 02224/93770, Telefax: 02224/937777

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