Pressemitteilung | Baden-Württembergischer Handwerkstag e.V.

Ein Metzger ist kein Jurist

(Stuttgart) - Das im Mai 2008 in Kraft getretene Verbraucherinformationsgesetz will für Markttransparenz sorgen. Tatsächlich produziert es Verwaltungsaufwand und überfordert die Handwerksbetriebe. Zudem bricht das Gesetz mit der deutschen Rechtstradition und eröffnet Missbrauchsmöglichkeiten.

Seit Mai dieses Jahres haben Verbraucher das Recht, bei den zuständigen Behörden vorliegende Informationen über Lebensmittel, Futtermittel und Bedarfsgegenstände abzufragen. Dabei geht es sowohl um Verstöße gegen Vorschriften vonseiten einzelner Betriebe wie auch um Fragen rund um die Kennzeichnung, Herkunft, Beschaffenheit und Herstellung von Erzeugnissen. Für Behörden und Betriebe bedeutet das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) einen unsachgemäßen Verwaltungsaufwand.

Behörden sind verpflichtet, die durch Anfragen betroffenen Betriebe vor der Übermittlung von Informationen anzuhören. Ein Verfahren, das auf der betrieblichen Seite organisatorische wie juristische Kapazitäten voraussetzt: Ein Betrieb muss zeitnah reagieren und sich kundig machen, wie die zur Debatte stehenden Sachverhalte rechtlich einzuordnen sind. Denn das VIG kennt eine ganze Reihe von Ausnahmetatbeständen – beispielsweise wenn es um geistiges Eigentum, Betriebsgeheimnisse oder wettbewerbsrelevante Informationen geht. Dazu Landeshandwerkspräsident Joachim Möhrle: „Das Verbraucherinformationsgesetz überfordert den einzelnen Handwerksbetrieb indem es ihn nötigt, rechtlich sensible Informationen zu bewerten. Ein Metzger ist doch kein Jurist.“

Für die Handwerksbetriebe wird ein Kontrollzwang geschaffen, dem sie besser nachkommen sollten, dient das Gesetz laut Bundesminister Seehofer doch wortwörtlich dazu, „den schwarzen Schafen unter den Anbietern durch öffentliche Namensnennung das Handwerk zu legen.“ So sollen auf Anfrage beispielsweise alle Verstöße eines Betriebes gegen das Lebensmittelgesetz übermittelt werden – unabhängig von ihrer Tragweite und ungeachtet dessen, ob die Ursache inzwischen beseitigt wurde.

Insgesamt eine Vorgehensweise, die mit der in Deutschland etablierten Rechtstradition bricht. Dr. Johannes Berger, Justiziar beim baden-württembergischen Handwerkstag (BWHT): „Nach deutschem Rechtsverständnis kontrolliert der Staat die Betriebe und gewährleistet, dass diese ordnungsgemäß agieren. Jedermann-Anfragen sind ebenso systemfremd wie das Instrument der öffentlichen Anprangerung. Letzteres ist laut VIG jedoch ausdrücklich gewünscht und öffnet damit Missbrauch Tür und Tor.“

Das Handwerk in Baden-Württemberg ist keinesfalls gegen Verbraucherschutz oder Markttransparenz. Allerdings bewertet es das Verbraucherinformationsgesetz in seiner aktuellen Form als rechtlich fragwürdig und überzogen bürokratisch. BWHT-Präsident Joachim Möhrle: „Eine Flut von Jedermann-Anfragen lähmt die betriebliche Praxis. Und wer wissen möchte, woher die Kuh auf seinem Teller stammt, fragt sowieso am besten seinen Metzger.“

Womit man in der Tat gut beraten scheint: Denn weder liegen den Behörden die fraglichen Informationen zentralisiert vor, noch sind die Gebühren einheitlich geregelt. So hat zum Beispiel laut Focus online eine bayerische Behörde angekündigt, der Organisation Foodwatch für eine Anfrage 300 bis 500 Euro in Rechnung zu stellen. Wobei sich die Behörde in einem Punkt für nicht zuständig erklärt und in drei weiteren die Auskunft verweigert hat.

Quelle und Kontaktadresse:
Baden-Württembergischer Handwerkstag (BWHT) Eva Hauser, Referentin, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Heilbronner Str. 43, 70191 Stuttgart Telefon: (0711) 26 37 09-0, Telefax: (0711) 263709-100

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