Pressemitteilung | BDIZ EDI - Bundesverband der implantologisch tätigen Zahnärzte in Europa e.V. (European Association of Dental Implantologists)

„Einschränkung der Materialkostenabrechnung ist unnötiges BGH-Urteil!“

(Bonn) - Schon fast Ritual ist bei Veranstaltungen des BDIZ/EDI die Warnung des Verbands-Justitiars an die Implantologen, Verfahren vor Gericht ohne Rücksicht auf mögliche Grundsatzentscheidungen einzuleiten. „Wir bitten seit langem darum“, sagt BDIZ/EDI-Vorsitzender Dr. Helmut B. Engels aus Anlass der aktuellen einschränkenden Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (BGH) zu Abrechnungsaspekten, „dass wir rechtzeitig informiert werden, wenn die anstehende Sache den Charakter eines Grundsatzprozesses annehmen könnte. Wenn solche Verfahren erst einmal beim BGH gelandet sind, ist es für ein Eingreifen unseres Bundesverbandes schlicht zu spät!“ Viele Verfahren trügen das Potential in sich, höchstrichterliche Entscheidungen zu erwirken. Die Vorbereitung solcher Verfahren verlange eine entsprechend sorgfältig ausgearbeitete Argumentation.

(Fast) keine Material- und keine Lagerkosten abrechenbar

Derzeit nicht korrigierbar ist das aktuelle BGH-Urteil vom 27.5.2004 (Aktenzeichen: III ZR 264/03), das die Abrechenbarkeit von Materialkosten (außer Einmalimplantatbohrersätze) in großem Umfang und von Lagerhaltungskosten vollständig negiert. Vorausgegangen war ein Rechtstreit zwischen einem Abrechnungsunternehmen (für einen Zahnarzt mit Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie) und einem Patienten über eine Restforderung für verschiedene Materialkosten in einer Gesamtsumme von rund 1800 Euro. Das Gericht entschied, dass z.B. Einmal-OP-Kleidung oder auch Einmal-OP-Sets Materialkosten seien, die bereits als Praxiskosten durch die Gebühren abgegolten seien.

Materialkosten darf ein Zahnarzt nur dann gesondert abrechnen, wenn sich die Abrechenbarkeit entweder explizit aus der GOZ bzw. dem Gebührenverzeichnis zur GOZ ergibt oder die Materialkosten bei Behandlungen anfallen, die über § 6 Abs. 1 GOZ nach der GOÄ abzurechnen sind. Eine Analogie zu § 10 GOÄ hält der BGH nicht für möglich.

Betroffen sind eine Vielzahl bisher abgerechneter Materialkosten wie z.B. Anästhesiematerial, Einmal-OP-Sets, atraumatisches Nahtmaterial, Einmalwurzelkanalinstrumente etc.; als Ausnahme von der Regel wurden Einmalimplantatbohrersätze bei einer implantologischen Behandlung bei einem Zahnarzt mit TSP Implantologie anerkannt, weil es nach Ansicht des BGH nicht sein kann, dass die Materialkosten das Honorar selbst beim 2,3-fachen Steigerungsfaktor zu einem erheblichen Teil aufzehren. „So angenehm für den BDIZ/EDI auch die hohe Wertschätzung des Gerichtes für den Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie ist: bei einer Entscheidung über Materialkosten darf das keine Rolle spielen“, kritisierte BDIZ/EDI-Justitiar Dr. Thomas Ratajczak die Argumentation. Für nicht abrechnungsfähig hält der BGH auch Lagerhaltungskosten und traf diese Entscheidung, so Dr. Ratajczak, „ohne sich auch nur ansatzweise mit der gesamten vorliegenden einschlägigen Rechtsprechung auseinanderzusetzen“.

Gesonderte Berechnungsfähigkeit doch gegeben: Kritik an BGH-Entscheid

Die Abrechnung von Materialkosten wird bei Ärzten und Zahnärzten unterschiedlich gehandhabt. Dr. Ratajczak: „Während in der Gebührenordnung für Ärzte Materialien, die der Patient zur weiteren Verwendung behält oder die mit einer einmaligen Anwendung verbraucht sind, über die Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 1 grundsätzlich gesondert berechnungsfähig sind, gilt dies für die Gebührenordnung der Zahnärzte nach Ansicht des BGH nicht – hier ist die gesonderte Berechnungsfähigkeit an einzeln beschriebene Leistungen geknüpft.“ Der BGH habe übersehen, dass sein Ausgangspunkt nicht nur bei den Einmalimplantatbohrersätzen in die Irre führe, sondern bei allen Verfahren der Zahnheilkunde, in denen in den letzten Jahren materialbasierte Techniken (z.B. Membrantechniken) entwickelt wurden, bei denen sich nun immer die Frage nach dem Verhältnis von Kosten und Material stelle. Im aktuellen Fall habe der BGH zu Recht die gesonderte Berechnungsfähigkeit der Materialkosten bejaht.

„Der rechtliche Ausgangspunkt des BGH ist aber falsch“, so Dr. Ratajczak. Statt die mit der analogen Anwendbarkeit des § 10 GOÄ automatisch verbundene Rechtssicherheit zu erhalten, herrsche nun große Unsicherheit über die abrechenbaren Materialkosten. Zweifellos müsse der zur Abrechenbarkeit der Einmalimplantatbohrersätze führende Grundsatz für alle Bereiche der Zahnheilkunde gelten. Das hieße Prüfung in jedem Einzelfall und verspreche eine Vielzahl von neuen Rechtstreitigkeiten. Das Urteil habe diese Problematik nicht einmal im Ansatz erkannt und sei deshalb nicht ausreichend begründet. „Wir empfehlen“, sagt dazu Dr. Engels, „an der bisherigen Abrechnungspraxis nichts zu ändern, und wir werden versuchen, die Fragestellung – besser vorbereitet – dem BGH erneut zu unterbreiten!“ Er appelliere erneut an die Zahnärzteschaft, sich bei potentiell heiklen Fällen der Erfahrung von Verbänden mit berufsrechtlicher Expertise zu bedienen, um missliche Urteile zu verhindern, die vielleicht einem Prozessbeteiligten dienen, letztlich aber dem Berufsstand insgesamt schaden.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der implantologisch tätigen Zahnärzte in Europa e.V. (BDIZ) Am Kurpark 5, 53177 Bonn Telefon: 0228/9359244, Telefax: 0228/9359246

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