Einschreiten, Helfen, Aufklären - Mit Courage, Verantwortung und klarem Kopf gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit
(Frankfurt) - Rechtsextremistische und rassistisch motivierte Gewalttaten gegen Menschen, die anders oder fremd aussehen, Morde an Obdachlosen, alltäglicher Rassismus, Angriffe auf jüdische Einrichtungen, massive Bedrohung von Gewerkschaftern, eine zunehmende, allgemeine Gewaltbereitschaft von rechtsextrem orientierten Jugendlichen - all dies zeichnet ein schlimmes Bild von Deutschland. Nach jüngsten Meldungen sind seit 1990 in Deutschland mehr als 90 Menschen durch rechte Gewalttäter getötet worden.
Nicht minder erschreckend ist die Gleichgültigkeit, mit der viele Menschen dies hinnehmen oder sogar klammheimlich zustimmen.
Die Bereitschaft, nahezu alles Fremde als Sündenbock oder Bedrohung zu sehen, ist mitten in unserer Gesellschaft tief verwurzelt. Und viele Tendenzen in Politik, Wirtschaft und Medien begünstigen diese Entwicklung. Eine Art von "Standortnationalismus" macht sich breit; seine Vertreter predigen den Menschen, sie müssten allenthalben finanzielle und soziale Einschnitte hinnehmen, damit "wir" uns gegen die anderen Länder durchsetzen können. Selbst der Rechtsextremismus wird gelegentlich nur unter dem Blickwinkel behandelt, dass er für Deutschland ein "Standortnachteil" sein könne.
Angesichts dieser Entwicklungen liegt es für viele Menschen nahe, die öffentlich propagierten Feindbilder auf den Privatbereich zu übertragen. Die Ursachen, die viele Menschen anfällig machen für Rassismus und Rechtsextremismus, sind bekannt: Perspektivlosigkeit, Vertrauensverlust gegenüber Politik und gesellschaftlichen Institutionen, Verlust und Verfall von gesellschaftlichen Werten, der permanente Wettbewerbswahn und nicht zuletzt die Massenarbeitslosigkeit tragen ihren Teil dazu bei.
Die DPG fordert von Parteien, PolitikerInnen, Arbeitgebern und Gewerkschaften, endlich mit dauerhaft angelegten Konzepten Rechtsextremismus und Rassismus nachhaltig die Grundlage zu entziehen. In Öffentlichkeit und Politik muss das Schüren von Vorurteilen und menschenfeindlichen Parolen aufhören. Das Thema "Gewalt und Rassismus" muss Gegenstand der allgemeinen und beruflichen Bildung werden. Die Lehrkräfte sind entsprechend zu qualifizieren.
Wir erwarten von der Bundesregierung,
- dass das im August 2000 beschlossene Programm "Arbeit und Qualifizierung gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit" schnellstens mit Leben erfüllt wird;
- dass sie das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung von Rassendiskriminierung in Deutschland praktisch wirksam macht; sie soll allen, die von Rassendiskriminierung betroffen sind, eine Beschwerdemöglichkeit vor dem zuständigen internationalen Gremium ermöglichen
- dass sie möglichst schnell und umfassend die Antidiskriminierungsrichtlinie der EU in einem Antidiskriminierungsgesetz umsetzt, auch im Bereich Postdienste und Telekommunikation;
- dass sie die dringend erforderliche Diskussion über die Migrationspolitik vorantreibt; Grundlage ist die Tatsache, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist.
Die DPG entwickelt in ihrer Jugendarbeit, aber auch in der Tarifpolitik vielfältige Aktivitäten: im neuen Tarifvertrag für die Auszubildenden der Telekom AG haben wir durchgesetzt, dass ausdrücklich das Hinwirken auf eine verantwortungsvolle Mitgestaltung der Gesellschaft und auf einen toleranten und gewaltfreien Umgang aufgenommen wurde. In der Gewerkschaftsarbeit ist dieses Thema seit vielen Jahren verankert. Es gibt gemeinsame Erklärungen mit Unternehmen gegen Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit.
Die DPG erwartet von den Unternehmen, dass sie alle Möglichkeiten nutzen, auf ein diskriminierungsfreies Klima in den Betrieben hinzuwirken. Hier haben auch die Betriebsräte eine große Verantwortung und sollten auf entsprechende betriebliche Maßnahmen, z. B. durch Abschluss von Betriebsvereinbarungen, hinwirken. Auch nach außen hin stehen Unternehmen in der Verantwortung. Das positive Beispiel der Postbank (Kündigung zahlreicher Konten von Neonazigruppen) hat Vorbildcharakter.
Der Hauptvorstand fordert die Mitglieder der DPG auf, im Betrieb und im privaten Umfeld engagiert gegen jede Form von Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit anzugehen, als Zeuge rechtsextremistischer Straftaten zumindest Hilfe herbei zu rufen. Je mehr der alltägliche Rassismus toleriert wird, um so eher sehen sich diejenigen, die ihn verbreiten, in ihrer Einstellung gestärkt. Jeder von uns ist gefordert, einzuschreiten, zu widersprechen und - wo dies notwendig ist - die Auseinandersetzung zu suchen.
Der Hauptvorstand appelliert an die gewerkschaftlichen Gremien und Organe, Betriebs- und Personalräte, Jugend- und Auszubildendenvertretungen, vor Ort und im Betrieb mit vielfältigen Aktivitäten und Initiativen in regionalen Bündnissen dem Rassismus und der zunehmenden Gewaltbereitschaft offensiv entgegenzutreten. Unser "Projekthandbuch: Gewalt und Rassismus" kann hierzu Anregungen geben. In unserer Mitgliederzeitschrift werden wir weitere positive Beispiele und Anregungen veröffentlichen.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Postgewerkschaft (DPG)
Rhonestr. 2, 60528 Frankfurt
Telefon: 069/66950
Telefax: 069/6666941