Einzelhandel: 2002 das schlechteste Jahr seit Kriegsende / Auftritt der Regierung überzeugt nicht
(Frankfurt am Main) - In der Pressekonferenz des Handelsverband BAG beschrieb am 3. Dzemeber Präsident Dr. Walter Deuss die Situation vor allem im mittelständischen Einzelhandel mit dem Zitat: "Es ist nicht mehr fünf vor Zwölf, es ist bereits fünf nach zwölf! Deuss weiter: "Die Befürchtung, allein im Einzelhandel würden im noch laufenden Jahr 10.000 Betriebe in die Insolvenz geraten, hat sich bereits weitgehend bewahrheitet. Damit sind rd. 30.000 Arbeitsplätze entfallen". Auch für das Jahr 2003 würden sich keine Ansatzpunkte abzeichnen, die für eine wesentliche Verbesserung der misslichen Situation des Einzelhandels sprechen, zumal die Konsumenten in ihrer Kaufzurückhaltung verharren. Letzteres begründe sich aus der voraussichtlich weiter steigenden Arbeitslosigkeit und dem absehbaren Kaufkraftabfluss durch die bereits angekündigten Steuer- und Abgabenerhöhungen, erläuterte Deuss.
Der Handelsverband BAG hält an seinen Erwartungen bezüglich des Weihnachtsgeschäftes fest. Auch wenn sein vorjähriges Volumen erreicht würde, wären die aufgelaufenen Rückstände nicht mehr auszugleichen. Im Endergebnis muss der Einzelhandel im "engeren Sinn" für das Jahr 2002 mit einem Umsatzminus von rd. 2,5 bis 3 Prozent rechnen. Damit dürfte das zu Ende gehende Jahr als bislang schlimmstes Krisenjahr in die Geschichte des Einzelhandels eingehen.
Durch die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung geriete der Einzelhandel, so Deuss, von zwei Seiten unter Druck: Zum einen würden die Unternehmen höher belastet, zum anderen würden die Konsumentenhaushalte vermehrt in Anspruch genommen. Den hieraus resultierenden Kaufkraftverlust bezifferte Deuss mit sieben bis neun Milliarden Euro.
Deuss wies Pläne zur Erhöhung der Mehrwertsteuer mit Nachdruck zurück. "Die von Herrn Müntefering angestoßene einschlägige Diskussion verschreckt die Verbraucher und beeinträchtigt das Konsumklima weiter", so Deuss. Unter konjunkturellen Gesichtspunkten würde sich eine derartige Steuererhöhung als Wachstumsbremse auswirken. Im übrigen erinnerte Deuss daran, dass der Bundeskanzler erst kürzlich eine Mehrwertsteuererhöhung als Gift für die Konjunktur bezeichnet hat.
"Auf Initiative des Bundeslandes Sachsen-Anhalt und aufgrund der eingereichten Verfassungsbeschwerde ist der Ladenschluss erneut in die Diskussion geraten, und zwar mit der Tendenz, ihn vollständig zu liberalisieren", erläuterte Deuss. Der Handelsverband BAG begrüße diese Entwicklung. Sollte es lediglich zu einer Novellierung des Gesetzes über die Ladenöffnungszeiten kommen, so plädiere der Verband dafür, die Öffnungszeiten an allen Wochentagen auf 22.00 Uhr und an Samstagen mindestens auf 18.00 Uhr auszudehnen.
Dabei sollten den Innenstädten längere Öffnungszeiten als den Einzelhandelsbetrieben auf der "Grünen Wiese" konzediert werden. Eine solche Differenzierung entspräche der im Koalitionsvertrag niedergelegten Absicht, das Wohlergehen der Städte zu fördern. "Auf alle Fälle muss eine baldige Entscheidung getroffen werden, um das leidige Thema endlich zu erledigen", forderte Deuss.
Neben der Forderung der Entrümpelung und Entbürokratisierung insbesondere des Steuer- und Sozialrechtes sowie der Korrektur des Betriebsverfassungsgesetzes setzte sich Deuss für eine generelle Erweiterung des Rahmens für geringfügige Beschäftigung bis zu 500 Euro auch jenseits der haushaltsnahen Dienstleistungen ein. Reformwillen reklamierte Deuss auch bezüglich des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), wobei er vor allem dessen §§ 7 und 8 UWG als obsolet bezeichnete.
Dringenden Revisionsbedarf sieht Deuss in Fragen des Dosenzwangspfandes. Die ab 1. Januar 2003 in Kraft tretende Regelung belaste den Einzelhandel vor allem in der jetzigen Krisenphase in völlig unzumutbarer Weise. Er wiederholte seinen Vorschlag, bei den Abfüllern - verursachungsgerecht - eine Abgabe zu erheben und forderte eine entsprechende Novellierung der Verordnung.
Quelle und Kontaktadresse:
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