Pressemitteilung | Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V. (BVE)

Ernährungsindustrie meldet Aufwärtstrend im ersten Halbjahr 2006

(Berlin) - Die Fußball-WM, sommerliche Temperaturen, die Belebung der Konjunktur und die Erholung auf dem Arbeitsmarkt beflügeln die Umsatzperspektiven der Ernährungsindustrie in Deutschland. In den ersten drei Monaten des Jahres stiegen die Umsätze im Inland nach Schätzungen der BVE um 2,9 Prozent. Der Gesamtumsatz erhöhte sich sogar um 4,2 Prozent auf 34,7 Mrd. Euro im ersten Quartal. Damit setzte sich der positive Trend aus 2005 fort. 2005 hatte die Ernährungsindustrie ihren Umsatz um 2,6 Prozent auf insgesamt 133,6 Mrd. Euro ausweiten können. Damit hatte sich die Branche in einem schwierigen Markt- und Konjunkturumfeld gut behauptet.


Ernährungsindustrie behauptet sich gut in schwierigem Umfeld

Deutschland ist der wichtigste Absatzmarkt für die Ernährungsindustrie. 78 Prozent des Gesamtumsatzes, das entspricht 104,2 Mrd. Euro, werden hier erzielt. Nach wie vor ist Lebensmittelvermarktung in Deutschland aber ein schwieriges Geschäft. Zwar zeichnet sich seit der zweiten Jahreshälfte 2005 eine leichte Konjunkturerholung ab, doch das Umsatzwachstum im Inland blieb mit 1,7 Prozent eher bescheiden. Die Schwäche des privaten Verbrauchs, bedingt durch hohe Arbeitslosenzahlen, rückläufige Netto- und Reallöhne und die Verunsicherung der Verbraucher über neue Belastungen ihres Haushaltsbudgets, dämpften die Nachfrage nach Lebensmitteln. Die Lust am Konsum hat sich zum Auftakt des Jahres 2006 aber deutlich gesteigert, wie auch die GfK in ihrem Consumer Index für Mai meldet. Danach sind die Konsumausgaben von Januar bis Mai um 3,8 Prozent gestiegen. Positive Auswirkungen auf die Konsumbereitschaft hatte auch das Osterfest, zu dem sich viele Verbraucher mit Süßwaren und anderen Leckereien eingedeckt haben.

Der intensive Wettbewerb im Lebensmittelhandel mit hohen Marktanteilen der Discounter übt schon seit Jahren starken Preisdruck auf die Hersteller aus. Nach GfK-Angaben ist ihr Marktanteil 2005 auf 40,8 Prozent gestiegen und hat damit erstmals die 40 Prozent-Marke überschritten. Das Absatzpotenzial dieser Vertriebsschiene scheint damit noch nicht ausgeschöpft, zumal weitere Flächenexpansion und Ausweitung der Sortimente neue Umsätze schaffen sollen. Die Discounter setzten dabei vor allem auf Frischesortimente, das Bio-Segment sowie Fleisch und Wurst. Aber auch die Einlistung von Markenartikeln und das Angebot gekühlter Frische-Convenience-Produkte haben der Absatzentwicklung Impulse gegeben. Insbesondere im Bio-Bereich haben es die Discounter geschafft, neue Käuferschichten für die Produkte zu gewinnen.

Verlierer im Lebensmittelhandel waren 2005 die großflächigen Verbrauchermärkte und der klassische Supermarkt. Die Verteuerung der Benzinpreise und Energiekosten hatte erheblichen Einfluss auf diese Entwicklung, da die Verbraucher die Häufigkeit von Einkaufsfahrten eingeschränkt haben. Rund 10 Mrd. Euro wurden dem Konsum der Privaten Haushalte so entzogen. Die Discounter, die praktisch die Nahversorgung in den Regionen gewährleisten, haben davon profitiert.

Eine neue Dynamik kann sich auch im Getränkemarkt durch die erfolgreiche Installierung des Rücknahmesystems der DPG - Deutsche Pfandsystem GmbH entwickeln. Die nunmehr gegebene Möglichkeit, pfandpflichtige Einweggebinde flächendeckend zurückgeben zu können sowie die zu erwartende Gebindevielfalt wird die Akzeptanz und Attraktivität von Einwegverpackungen positiv beeinflussen - zum Vorteil für den Verbraucher.


Handelskonzentration nimmt weiter zu

Die Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel hat sich auch 2005 weiter fortgesetzt. Die Übernahme der deutschen Spar durch die Edeka hat dafür gesorgt, dass die fünf größten Unternehmen im Lebensmitteleinzelhandel jetzt 65,4 Prozent des Branchenumsatzes auf sich vereinen. Die Ernährungsindustrie leidet nach wie vor unter der Tatsache, dass sich ihre Unternehmen einzelnen Kunden gegenüber aufgrund deren Marktbedeutung in einer schwachen Verhandlungsposition befinden.


Premiumqualität wieder stärker gefragt

Qualität, Service und Markenversprechen stehen bei den Konsumenten aber wieder höher im Kurs. Die Verbraucher erwarten von Lebensmitteln wieder mehr Genuss-Erlebnisse. Viele interessante Konzepte in Industrie und Handel setzen auf diesen Trend, der eine höhere Wertschöpfung verspricht. Qualität gewinnt als Einkaufskriterium wieder an Bedeutung. Aber auch eine immer stärkere Polarisierung des Marktes ist zu konstatieren; kaufkraftstarke Verbraucher geben deutlich mehr aus, während viele einkommensschwächere Haushalte den Euro zweimal umdrehen, bevor sie ihn ausgeben.

Premiummarken konnten 2005 ihre Marktposition weiter verbessern. 12,5 Prozent beträgt ihr wertmäßiger Marktanteil an 150 Warengruppen. Die Marktführer in den jeweiligen Warengruppen büssten Marktanteile ein ebenso wie die Zweitmarken. Die gesellschaftliche Entwicklung mit immer stärker auseinander driftenden Einkommen übt hier bereits einen massiven Einfluss aus.

20 Prozent der Konsumenten sind dem Premium-Segment zuzurechnen, sie tätigen ihre Einkäufe vor allem in den Vollsortimentern. Diese Kunden leisten sich öfter Delikatessen und Bio-Produkte als der Durchschnitt. Frische ist für sie ein wichtiges Kriterium beim Einkauf. Premium-Käufer sind aufgrund ihres Lebensstils Trendsetter in Fragen der Ernährung und des Genusses.

Der Anteil der Handelsmarken am Umsatz von schnell drehenden Konsumgütern stieg nach Angaben der GfK 2005 weiter von 33,4 Prozent auf 35,1 Prozent an. Dies lag vor allem daran, dass einige Discounter ihre Handelsmarkensortimente ausgeweitet haben. 78 Prozent der Handelsmarken sind Discount-Handelsmarken.

Die wachstumstreibenden Lebensmitteltrends sind neben Genuss/Premium, Wellness/Gesundheit und Convenience. Alle drei Trend-Segmente zusammen haben im Zeitraum von 2002 bis 2005 eine überdurchschnittliche Wachstumsperformance gezeigt. Während die Ausgaben für Nahrungs- und Genussmittel in diesem Zeitraum insgesamt um ca. 6 Prozent stiegen, brachten es diese Angebotsbereiche auf fast 38 Prozent. Dabei ist die Entwicklung des Segments Convenience am dynamischsten.


Export trägt das Wachstum der Branche

Maßgeblichen Einfluss auf das gute Ergebnis der Branche hatte erneut der Export. Ein geschätztes Wachstum von 9,3 Prozent im ersten Quartal hat die Branche erneut beflügelt. Die deutschen Unternehmen kompensieren die Schwäche im Inland seit Jahren erfolgreich mit verstärkten Aktivitäten im Ausland. So wurden 2005 deutsche Lebensmittel im Wert von 29,4 Mrd. Euro exportiert. Das entsprach einem Zuwachs von 6,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Anteil des Exports am Gesamtumsatz beträgt derzeit über 20 Prozent mit weiter steigender Tendenz. Die wichtigsten Absatzmärkte für deutsche Lebensmittel liegen in der Europäischen Union. 82,1 Prozent der Gesamtexporte werden dorthin geliefert. Eine dynamische Entwicklung haben die Exporte in die mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten erfahren. Rumänien und Bulgarien als Beitrittskandidaten 2007 erfreuen sich derzeit großen Interesses von deutscher Seite. Aber auch die Überseemärkte in Asien und Nordamerika entwickeln sich positiv.


Mehrwertsteuererhöhung bereitet Sorge

Sorge bereitet der gesamten Branche allerdings die für 2007 beschlossene Erhöhung der Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte. Auch wenn Lebensmittel von der Mehrwertsteuererhöhung weitgehend ausgenommen sind, so werden den Verbrauchern doch 25 Mrd. Euro Kaufkraft entzogen. Dies wird nicht ohne Folgen für den privaten Konsum bleiben. Angesichts der sprudelnden Steuereinnahmen (mehr als 7 Mrd. Euro in 2005 als geplant) muss die Notwendigkeit dieser Steuererhöhung mehr als in Frage gestellt werden. Die Auswirkungen auf die private Nachfrage lassen sich derzeit noch schwer einschätzen, aber angesichts weiterer Belastungen wie der Kürzung der Sparerfreibeträge, der Abschaffung der Pendlerpauschale und steigender Gesundheitskosten, werden viele Haushalte Einsparungen auch bei Lebensmitteln durchführen.

Der Rückgang der Verbraucherpreise für Nahrungsmittel konnte 2005 erfreulicherweise gestoppt werden. Mit einem durchschnittlichen Anstieg von 0,4 Prozent blieb der Preiszuwachs im Vergleich zu den gesamten Lebenshaltungskosten (+2,1 Prozent) aber weiter moderat. Im ersten Quartal 2006 zogen die Nahrungsmittelpreise um 0,9 Prozent an. Sie entwickelten sich damit wie gewohnt unterhalb des Gesamtpreisanstiegs.

Trotz positiver Prognosen verschiedener Wirtschafts- und Marktforschungsinstitute gibt sich die Ernährungsindustrie keinen überzogenen Hoffnungen für 2006 hin. Solides Wachstum in Deutschland und gute Chancen im Ausland - so kann die Erwartungshaltung der Ernährungsindustrie für 2006 auf eine einfache Formel gebracht werden. Von Sondereffekten wie der Fußballweltmeisterschaft werden nur einzelne Warengruppen (Snacks, Getränke) und Unternehmen profitieren können. Nicht zuletzt deshalb muss ein möglichst langer Verbleib der deutschen Mannschaft im Turnier gewünscht werden. Die deutsche Ernährungsindustrie rechnet insgesamt für 2006 mit einem Umsatzzuwachs von höchstens 3 Prozent.


Wettbewerbsfähigkeit muss gestärkt werden

Die Unternehmen der Ernährungsindustrie reagieren in ihrem harten Wettbewerbsumfeld weiter mit Kostenanpassungen und Rationalisierungen. Entsprechend nahm die Zahl der Arbeitsplätze in der Ernährungsindustrie 2005 weiter um 0,3 Prozent ab auf 517.000 ab. Auch die Entwicklung der Energiekosten bereitet der Branche zunehmend Sorgen. Im europäischen Vergleich müssen die deutschen Unternehmen die zweithöchsten Strompreise zahlen - im globalen Wettbewerb beschert ihr dies erhebliche Wettbewerbsnachteile. Unter der rot-grünen Regierung wurde eine konsequente Politik der Verteuerung des Energieverbrauchs eingeleitet. Die Einführung der Ökosteuer und die Umlagen auf den Strompreis für die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung und die erneuerbaren Energien sowie der Emissionshandel und die Konzessionsabgabe für die Stromnetze an die Kommunen sind ursächlich für diese Entwicklung. Dies muss dringend korrigiert werden.

Die Energiepolitik ist nur ein Bereich, in dem die Bundesregierung alle Anstrengungen unternehmen muss, um die Wettbewerbsfähigkeit ganz besonders der mittelständischen Industrie in Deutschland zu verbessern. Die bisher erkennbaren Ansätze sind dazu noch nicht ausreichend. Die Unternehmensteuerreform lässt auf sich warten. Eine Reform der Gewerbesteuer wird bisher nicht ernsthaft diskutiert. Die Reformvorschläge zur Erbschaftsteuer sind noch nicht akzeptabel. Die Begrenzung der Abschmelzregelung bei Betriebsvermögen auf eine bestimmte Unternehmensgröße ist zwar zu begrüßen, aber die angestrebte Koppelung des Abschmelzens an eine feste Arbeitsplatzzahl ist ebenfalls abzulehnen. Zu warnen ist auch vor einer Verschärfung der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer und der Einführung einer Mindestbeteiligungsquote für Kapitalgesellschaften von 25 Prozent. Bei zwei Drittel der Familienunternehmen in Deutschland stehen in den nächsten Jahren Generationenwechsel an, deshalb ist es unabdingbar den Fortbestand und die Wettbewerbsfähigkeit gerade dieser tragenden Säule des deutschen Wirtschaftssystems zu sichern.

Insgesamt sorgt die Politik der Großen Koalition gerade im Mittelstand zunehmend für Skepsis. Der Entwurf zum Gleichbehandlungsgesetz, mit dem trotz anders lautender Aussagen der Bundeskanzlerin erneut auf die Brüsseler Vorgaben aufgesattelt werden soll, ist da mehr als symptomatisch. Nicht zufrieden ist die Ernährungsindustrie auch mit den Vorschlägen für ein Verbraucherinformationsgesetz und der grundsätzlichen Ausrichtung vor allem der europäischen Verbraucherpolitik.

Ein Datenblatt "Die deutsche Ernährungsindustrie im Überblick: 1. Quartal 2006" steht hier als PDF-Dokument für Sie bereit:
>http://www.bve-online.de/presse/mitteilungen/texte/
2006-06-21f/quartal_2006.pdf<

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V. (BVE), Haus der Land- und Ernährungswirtschaft Dr. Sabine Eichner Lisboa, Geschäftsführerin, Öffentlichkeitsarbeit, Wirtschaftspolitik Claire-Waldoff-Str. 7, 10117 Berlin Telefon: (030) 200786-0, Telefax: (030) 200786-299

(tr)

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