Pressemitteilung | Baden-Württembergischer Handwerkstag e.V.

EU-Dienstleistungsrichtlinie: Handwerkstag lehnt Herkunftslandprinzip ab

(Stuttgart) - „Wenn im Zuge der EU-Dienstleistungsrichtlinie das Herkunftslandprinzip kommt, dann werden unsere standortgebundenen Handwerksbetriebe den Kürzeren ziehen“, warnte der Hauptgeschäftsführer des Baden-Württembergischen Handwerkstages (BWHT), Hartmut Richter, heute (07.12.) in einer Parlamentsanhörung des Landtags zur EU-Dienstleistungsrichtlinie.

Die EU-Kommission will den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassungsfreiheit innerhalb der Europäischen Union stärken. Um Schranken und Wettbewerbshindernisse für grenzüberschreitend tätige Dienstleister abzubauen und Verwaltungsverfahren zu vereinfachen favorisiert die Kommission das „Herkunftslandprinzip“. Danach muss ein Unternehmer für Dienst- und Werkleistungen im Ausland nur das Recht des Staates beachten, in dem er niedergelassen ist und von dem aus er die Leistung erbringt. Die Regeln des Ziellandes sollen nur in drei zentralen Bereichen - der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit – Vorrang haben.

Für Richter bedeutet dies eine nicht hinnehmbare Inländerdiskriminierung, denn für den heimischen Dienstleister gelte ja unverändert das nationale Recht mit eventuell höheren Standards. Dies animiere zur „Niederlassungsflucht“ in den Mitgliedstaat mit dem niedrigsten Standard: „Für handwerkliche Familienbetriebe ist das keine Lösung.“ Für EU-Staaten liege außerdem die Versuchung nahe, die technischen Standards für ihre eigenen Dienstleister und Handwerker herunterzuschrauben, um zu deren Gunsten einen Wettbewerbsnachteil gegenüber ausländischen Dienstleistern auszugleichen oder ihnen einen Vorteil bei grenzüberschreitenden Aktivitäten zu verschaffen. Richter: „Das Niveau geltender Qualitätsstandards wird unweigerlich sinken, der Wettbewerbsdruck wird noch gnadenloser.“ Nicht zuletzt erweise man auch dem Kunden einen Bärendienst: „Für ihn ist nicht mehr durchschaubar, nach welchen Standards denn sein Auftrag nun ausgeführt wird.“

„Auch das Handwerk will den europäischen Binnenmarkt und keinesfalls die wirtschaftliche Abschottung der Länder untereinander“, sagte Richter Es sei aber ein Unterschied, ob Produktions- und Dienstleistungsprozesse naturgemäß stand-ortgebunden zu erbringen seien oder ob der Unternehmer durch Verlagerungen ins Ausland auf entsprechenden Anpassungsdruck reagieren könne. Dies sei Industriebetrieben in der Regel leicht möglich, das Handwerk dagegen agiere in lokal-regionalem Umfeld, konsumentennah und arbeitsintensiv unter Verpflichtung auf die hier geltenden Normen. Richter: „Wenn eu-ausländische Wettbewerber Standards noch viel weniger beachten müssen als bisher, dann werden ortsansässige und standortgebundene Betriebe, für die konkret verpflichtende deutsche Normen gelten, dem Druck nicht lange Stand halten können.“

Aus Sicht des Handwerkstages sei nur das Ziellandprinzip unter Abbau bürokratischer Marktzugangsregelungen geeignet, den Binnenmarkt zu vollenden: „Alles andere bedeutet, den wirtschaftlichen und sozialen Frieden in den Mitgliedstaaten zu gefährden.“

Quelle und Kontaktadresse:
Baden-Württembergischer Handwerkstag (BWHT) Eva Hauser, Referentin, Presse- u. Öffentlichkeitsarbeit Heilbronner Str. 43, 70191 Stuttgart Telefon: (0711) 26 37 09-0, Telefax: (0711) 263709-100

NEWS TEILEN: