Pressemitteilung | Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR)

Euro für Estland, Litauen und Slowenien in Sicht

(Berlin) - Für die ersten der neuen EU-Mitgliedstaaten ist der Euro in Sicht. Zu diesem Ergebnis kommt der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) in seinem jüngsten Konjunkturbericht. Aller Voraussicht nach würden Anfang 2007 Estland, Litauen und Slowenien den Euro einführen. Für Lettland, Zypern und Malta seien die Perspektiven günstig, sich dem gemeinsamen Währungsraum ein Jahr später anzuschließen. Um die Anforderung einer mindestens zweijährigen Teilnahme am Wechselkursmechanismus bis dahin zu erfüllen, sei für diese Länder allerdings eine baldige Anbindung der Währungen an den Euro erforderlich.

Etwas länger dürfte der Konvergenzprozess in den größeren mitteleuropäischen Volkswirtschaften – Tschechien, Polen, Slowakei und Ungarn – dauern. Bis zum Ende des Jahrzehnts sei aber auch in diesen Ländern damit zu rechnen, dass sie die Maastrichter Konvergenzkriterien erfüllen und den Euro einführen könnten.

Der Prozess dürfte auch durch ein Scheitern der EU-Verfassung nicht ernsthaft und nachhaltig gestört werden. Anders als beim Referendum Dänemarks gegen den Maastrichter Vertrag im Jahr 1992 stünden die Grundlagen der Währungsunion nicht zur Debatte. Die Regelungen zur Währungsunion und den Konvergenzkriterien würden sich durch die Verfassung nicht ändern.

Weitere Konvergenzfortschritte nötig
Bei der Konvergenz der Inflationsraten müssten die Beitrittsländer in den kommenden Jahren noch weitere Fortschritte erzielen. So liege die Inflation derzeit in nur vier der zehn neuen EU-Mitgliedstaaten unter dem Referenzwert. Der Maastricht-Vertrag setzt ein Limit für die Teuerungsrate in Höhe von 1,5 Prozentpunkten oberhalb der durchschnittlichen Inflationsrate der drei preisstabilsten EU-Mitgliedstaaten im Jahr vor der Konvergenzprüfung. Für das Jahr 2005 liege die Verbraucherpreisinflation im Durchschnitt der neuen Mitgliedstaaten bei 3,0 Prozent, gut einen halben Prozentpunkt höher als der Maastrichter Referenzwert für die Preisstabilität.

Konsolidierung der Staatsfinanzen spielt zentrale Rolle
Die Konsolidierung der Staatsfinanzen werde für die Mehrzahl der Beitrittsländer eine zentrale Rolle spielen, so der BVR. Der Maastricht-Vertrag legt bei der Prüfung der Staatsfinanzen eine Obergrenze für das staatliche Budgetdefizit in Höhe von 3,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts fest. In diesem Jahr erfüllten mit den baltischen Staaten, Slowenien und Zypern nur die Hälfte der neuen Mitgliedstaaten das Defizitkriterium. Demgegenüber liege das Defizit in Malta, Tschechien, Polen, der Slowakei und Ungarn zwischen einem und eineinhalb Prozentpunkten oberhalb der 3-Prozent-Marke.

Lockerung der Defizitregeln falsches Signal
Mit der kürzlich beschlossenen Reform des Stabilitätspakts sei das Maastrichter Defizitkriterium spürbar gelockert und die Erfüllung des Defizitkriteriums erleichtert worden. Alle Erfahrungen sprächen dafür, dass die gestiegenen Ermessenspielräume bei der Beurteilung der Haushaltslage auch genutzt würden. Damit werde den neuen Mitgliedstaaten ein falsches Signal gesetzt. Dauerhaft tragfähige Staatsfinanzen lägen im Eigeninteresse der neuen Mitgliedstaaten. Nach dem Wegfallen des Wechselkursinstruments und einer eigenständigen Geldpolitik komme der Finanzpolitik eine herausragende Bedeutung beim Ausgleich von konjunkturellen Schwankungen zu. Nur über den Weg eines mittelfristig ausgeglichenen Haushalts sei eine hinreichende Flexibilität der Finanzpolitik sichergestellt.

Schuldenstands- und Zinskriterien kein Hindernis auf dem Weg zum Euro
Die Erfüllung des Schuldenstandskriteriums dürfte hingegen kein Hindernis auf dem Weg zum Euro darstellen. Nur Zypern und Malta überschreiten derzeit die Defizitgrenze von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Doch letztlich werde auch für diese Länder das Schuldenstandskriterium nicht entscheidend sein. Werde das Haushaltsdefizit verringert, so ginge auch die Staatsschuld zurück, so dass die Anforderungen des

Schuldenstandskriteriums automatisch erfüllt werden können.
Auch werde die Konvergenz der langfristigen Zinsen für die neuen EU-Mitglieder keine Herausforderung darstellen. Der Maastricht-Vertrag verlangt, dass der Zinssatz im Jahr vor der Konvergenzprüfung nicht mehr als zwei Prozentpunkte oberhalb des Zinses der drei preisstabilsten Länder liegen darf. Da die Zinsentwicklung den Markterwartungen über die Wahrscheinlichkeit eines Beitritts der entsprechenden Länder folge, erfülle sich das Zinskriterium von selbst. Dies zeige sich auch daran, dass die langfristigen Zinsen in Estland, Litauen und Slowenien bereits jetzt praktisch das Niveau des Euroraums erreicht hätten. Insgesamt erfüllten bereits jetzt acht der zehn neuen EU-Mitgliedstaaten das Zinskriterium.

Risiken durch Währungsspekulation begrenzt
Die Voraussetzungen für eine Einführung des Euro in den neuen EU-Mitgliedstaaten während der kommenden fünf Jahre seien insgesamt günstig. Allerdings sei es keinesfalls sicher, dass sich der Konvergenzprozess ohne Reibungen fortsetzen werde. Das größte Risiko, das den Fahrplan zum Euro gefährden könnte, seien spekulative Angriffe auf die Währungen der neuen Mitgliedstaaten während der Teilnahme am Wechselkursmechanismus. Die Gefahren dürften aber auch nicht übertrieben werden. Würden die Maastrichter Konvergenzkriterien strikt eingehalten, seien die Währungsrisiken nur begrenzt. Opfer spekulativer Angriffe seien in der Vergangenheit fast ausschließlich Länder mit erheblichen fundamentalen Ungleichgewichten gewesen. Auch aus Eigeninteresse sollten die neuen EU-Mitgliedstaaten daher in ihren Konvergenzanstrengungen nicht nachlassen.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR) Schellingstr. 4, 10785 Berlin Telefon: 030/20210, Telefax: 030/20211900

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