Pressemitteilung | Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW)

Europäische Wertestudie: Viele Gemeinsamkeiten

(Köln) - Arbeit halten vor allem die Menschen in den jungen und den künftigen EU-Staaten für „sehr wichtig“. Die wohlhabenderen West- und Nordeuropäer erwärmen sich hingegen mehr für die Sonnenseite des Lebens – die Freizeit. In den Niederlanden, Großbritannien und Dänemark ist den Menschen der Feierabend häufig sogar wichtiger als die Arbeit (vgl. Loek Halman, The European Values Study: A third wave, Tilburg 2001).

Die Europäische Union wächst seit Jahren und wird sich ab 2004 weiter vergrößern. Geprüft wird bei den Newcomern vor allem die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Die Wertvorstellungen und Überzeugungen der Menschen hingegen stehen selten im Fokus.

Wie es damit bestellt ist, hat die 3. Europäische Wertestudie untersucht, für die rund 40.000 Menschen in 32 Ländern des Alten Kontinents befragt wurden: Demnach gibt es zwar große Differenzen – und das nicht nur zwischen Ost und West –, aber die Europäer haben in ihren Überzeugungen immer mehr Gemeinsamkeiten.
Sehr unterschiedlicher Auffassung sind sie allerdings bei der Rolle, die Arbeit in ihrem Leben spielt. Dennoch wird im Schnitt aller Länder von über der Hälfte der Befragten (57,6 Prozent) die Arbeit als sehr wichtig für das eigene Leben angesehen (Freizeit: 32,2 Prozent). Vor allem für die Bürger aus einigen ehemaligen Ostblockländern rangiert der Broterwerb an oberster Stelle. Ein Grund dürfte der wirtschaftliche Nachholbedarf sein. In der Freizeit-Wertung hingegen führen die reicheren Europäer:

Viele Niederländer, Briten oder Dänen messen dem Leben neben dem Job sogar mehr Bedeutung bei als der Arbeit selbst. Noch deutlicher wird die Ost-West-Kluft bei der Frage, ob das Schaffen immer an erster Stelle stehen soll, auch wenn das weniger Zeit für Familie, Freunde und Hobbys bedeutet. Während mehr als drei Viertel der Ungarn sowie über 60 Prozent der Polen und Slowaken diese Frage bejahen, stimmt nicht einmal jeder dritte Schwede, Brite oder Niederländer zu. In Deutschland zieht die Hälfte der Befragten die Arbeit gegenüber der Freizeit vor.

Das liegt vielleicht mit daran, dass die Deutschen überwiegend recht zufrieden sind mit ihren Jobs: Auf einer Skala von eins bis zehn – wobei eins „sehr unzufrieden“ und zehn „sehr zufrieden“ bedeutet – steht Deutschland mit einem Wert von 7,7 im oberen Drittel.

Nicht ganz so glücklich mit ihrer Arbeitsstelle sind die Osteuropäer: Litauer, Ungarn, Letten, Slowaken, Esten und Polen bilden mit Werten unter 7 das untere Drittel. Schlusslicht mit 6,5 Punkten auf der Skala ist aber mit Griechenland ein EU-Mitglied. Höchst zufrieden mit dem Job sind hingegen die Bürger von Malta.
Unterschiedlicher Meinung sind die Menschen zwischen Atlantik und Ural auch über das Wirtschaftssystem. Wieder reichte die Skala von eins bis zehn. Je kleiner die Zahl, desto eher stimmten die Befragten der Aussage zu, dass Wettbewerb gut ist, er die Menschen stimuliert, hart zu arbeiten und neue Ideen zu entwickeln, während hohe Wertungen eine wettbewerbsskeptische Haltung zum Ausdruck brachten.

Österreicher, Malteser und Slowenen sind der Marktwirtschaft am stärksten zugeneigt. Die Deutschen sind ihr mit 3,8 Punkten noch recht zugetan. Am wenigsten trauen Niederländer, Belgier und Franzosen dem Wettbewerb über den Weg.

Sind in Sachen Marktwirtschaft die Westeuropäer die größeren Skeptiker, stehen vor allem Osteuropäer der Demokratie vorsichtig, wenn auch grundsätzlich zustimmend gegenüber. Vertrauenswerte von weniger als 90 Prozent hat das demokratische Staatswesen nur in Polen, Lettland, Litauen, der Slowakei, Ungarn und Großbritannien.

Hermann Denz (Hrsg.), Die europäische Seele. Leben und Glauben in Europa, Wien 2002

Quelle und Kontaktadresse:
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