Pressemitteilung | Verband Deutscher Lokalzeitungen und Lokalmedien e.V. (VDL)

Fachtagung des 37. Kongresses Deutscher Lokalzeitungen / Zeitung als Medium "zweiten Gedankens"

(Berlin) - Die Fachtagung "Die Zeitung als Kontinent in der neuen Medienwelt" des diesjährigen Kongresses Deutscher Lokalzeitungen in Berlin lieferte zahlreiche Konzepte, Standortbestimmungen und Strategien für die Zeitung als Kontinent in der neuen Medienwelt. In seiner Keynote warnte der Tübinger Medienwissenschaftler Prof. Bernhard Pörksen die Branche davor, weiterhin negative Zukunftsszenarien für das gedruckte Blatt zu beschwören. Dies könne ein kreativitätsfeindliches Klima zur Folge haben. "Es steht zu befürchten, dass sich die Krisenerfahrung auf beiden Seiten, die der Verleger wie die der Mitarbeiter, zu einer Sinn- und Kreativitätskrise ausweitet", sagte Pörksen.

Stattdessen solle man Bilder des Gelingens stark machen und die Stärken der gedruckten Zeitung im Webzeitalter verinnerlichen. Noch gäbe es kein Medium, was die publizistische und gesellschaftliche Leistung der Zeitung ersetzen könne. "Wieso glorifizieren Medienschaffende eigentlich Laienpublizisten, die die Frage der Refinanzierung von Qualität selbst in keiner Weise gelöst haben, und die sich nicht als Alternative zum klassischen Journalismus positionieren können?", gab Pörksen zu bedenken. In Zeiten der Entgrenzung, Hybridisierung und Ökonomisierung brauche der Qualitätsjournalismus endlich mehr Wertschätzung. Gegenüber der Schnelligkeit des Internets gelte es, die unvermeidliche Verzögerung des Gedruckten in einen sichtbaren Vorteil umzudeuten und die Zeitung als Medium des unverzichtbaren "zweiten Gedankens" zu etablieren. "Dazu brauchen wir eine breite Debatte über den Wert des Gedruckten, eine massive Intervention der Verleger, der Publizisten, der Wissenschaften, aller, die sich für kulturelles Kapital begeistern können", forderte Pörksen.

Heiko Scherer von der Kreativ-Agentur Kircher Burkhardt skizzierte die Lokalzeitung von morgen als den hyperlokalen Nachrichtenservice, der seine Inhalte über eine Vielzahl von mobilen Endgeräten verbreitet. Dabei komme es vor allem darauf an, das Renommee der eigenen Marke auf die neuen Verbreitungswege zu übertragen.

Mit dem lokalen Video-Informations-System LOVIS des Bocholter-Borkener Volksblattes stellte Sandra Kimm-Hamacher eine Möglichkeit vor, abseits der üblichen Zeitungsprodukte mit Videocontent Umsätze zu generieren. Als webgesteuertes Info-und Werbesystem bietet LOVIS Firmen die Möglichkeit täglicher lokaler Berichterstattung und Eigenwerbung.

Kreativ sind Best-Practice-Beispiele, wie Discounter und Einzelhandel für die Werbung in lokalen Zeitungen zu gewinnen, stellten Achim Abele (Ludwigsburger Kreiszeitung), Holger Böhmeke (Augsburger Allgemeine) und Jürgen Wegmann (Grafschafter Nachrichten) vor. In Augsburg schaffte man es, den Discounter Aldi mit die Aktion "Grillen mit Aldi" zurück zu gewinnen, die Grafschafter Nachrichten etablierten mit dem "GN-Finder" einen zeitungseigenen lokalen Branchendienst. Auch der Ludwigsburger Kreiszeitung gelang es, mit einer Messe Werbekunden und Verbraucher in der Region zusammenzubringen.

Holger Böhmeke und Achim Abele waren sich darüber einig, dass es künftig nicht mehr genügt nur Anzeigen abzuholen, sondern Verlage bei der Betreuung von Anzeigenkunden immer mehr den Agenturgedanken verinnerlichen müssen.

Unter dem Motto "Die Zeitung ist tot!? - Lang lebe die Zeitung" zeigten Uwe Heitmann (ZGO Zeitungsgruppe Ostfriesland) und Christine Kröger (Weser-Kurier), dass gerade rechercheaufwändiger Journalismus ein Erfolgsmodell ist. Lokal- und Regionalzeitungen seien prädestiniert dafür, auch kritische Berichterstattung zu machen, so Kröger. Das binde zwar Ressourcen und sei unbequem, aber genau das sei die Verantwortung die man gegenüber den Lesern und der Demokratie hat. Ihr Wunsch ist, dass sich die Zeitungen stärker vernetzen umso gemeinsam Zeit und Raum für die intensive Recherchearbeit zu schaffen.

Philipp Schwörbel, Geschäftsführer der hyperlokalen "Prenzlauerberg-Nachrichten", einer Onlinezeitung, betonte, dass es falsch sei die Zeitungen nach den unterschiedlichen Verbreitungswegen zu beurteilen. Es gehe vielmehr um die Unterscheidung zwischen Qualitätsjournalismus und "Bratwurstjournalismus".

Uwe Heitmann betonte, dass Lokalzeitungen Relevanz und Unverzichtbarkeit bräuchten und dass das Ausgabemedium hauptsächlich eine Frage des Geschäftsmodells sei, "Schließlich hat sich ein Postkutscher vor 150 Jahre auch noch kein Leben ohne seine Pferde vorstellen können."

Quelle und Kontaktadresse:
Verband Deutscher Lokalzeitungen e.V. Martin Wieske, Geschäftsführer Dovestr. 1, 10587 Berlin Telefon: (030) 3980510, Telefax: (030) 39805151

(tr)

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