fairkehr-Titelthema `Lärm tut weh´ / Das unerhörte Umweltproblem
(Berlin) - Schlafstörungen, Bluthochdruck, erhöhtes Herzinfarktrisiko - dauerhafter Lärm macht krank. Fast 60 Prozent der Bundesbürger leiden unter Straßenlärm, etwa 30 Prozent fühlen sich von Schienenlärm belästigt, knapp 25 Prozent von Fluglärm. Was gegen Verkehrslärm unternommen werden kann und muss und warum Lärmschutz oft noch an wirtschaftlichen Interessen scheitert, zeigt der ökologische Verkehrsclub VCD in der aktuellen Ausgabe seiner Mitgliederzeitschrift fairkehr.
Lärm ist das am meisten unterschätzte Umweltproblem unserer Zeit. Dabei ist der Lärmpegel an Autobahnen und Bundesstraßen heute lauter als je zuvor. Seit den 1970er Jahren hat sich der Krach, den die einzelnen Fahrzeuge erzeugen, zwar halbiert. Das enorme Verkehrswachstum hat diese Ingenieursleistungen jedoch längst zunichte gemacht. Lärmschutzwände und sogenannter Flüsterasphalt können etwas Abhilfe schaffen, verursachen jedoch hohe Kosten. Tempolimits, die gegen Straßenlärm helfen, brauchen politischen Druck, um durchgesetzt zu werden.
Drei Millionen Menschen bundesweit leiden unter nächtlichem Fluglärm. Selbst bei denjenigen, die davon nicht aufwachen, verschieben sich die Schlafphasen und ändert sich die Herzfrequenz. "Die Ohren schlafen nie", erklärt die Internistin Gerda Noppeney, Sprecherin der `Ärzteinitiative für ungestörten Schlaf´, in der fairkehr. Nacht für Nacht laufe eine Stressreaktion im Körper ab, die über die Jahre hinweg zu Beschwerden wie Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen könne. Besonders sensibel sei die Traumphase zwischen 3 und 6 Uhr morgens, die der Regeneration des Körpers diene. Trotzdem herrscht auf vielen Flugplätzen in der Nacht Hochbetrieb. Die Betreiber argumentieren, die Fracht brauche die Nacht. Dabei stellte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig 2006 fest, die bisherige Praxis belege, dass kein Flughafen wegen Nachtflugbeschränkungen um seine Existenz bangen müsse. Dennoch plant die Bundesregierung Änderungen am Luftverkehrs-gesetz - zugunsten der Luftfahrtindustrie, wie VCD-Flugverkehrsexperte Heiko Balsmeyer befürchtet. Der VCD fordert daher neben leiseren Flugzeugen ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr auf allen Flughäfen.
Insbesondere der Lärm der Güterzüge ist auch für das ansonsten umweltverträgliche Verkehrsmittel Bahn ein enormes Problem. Hauptverursacher ist hier vor allem das Abrollgeräusch der abgefahrenen Räder auf der unebenen Schiene. Die hierzulande zumeist eingesetzten Grauguss-bremsen drücken beim Bremsen direkt auf die Räder und rauen so die Lauffläche auf. Auch die Schiene weist oft Riffel und andere Gebrauchsspuren auf. Um den Lärm an der Quelle zu bekämpfen, fordert der VCD die zügige Umrüstung von Grauguss- auf Kunststoffbremsen. So ließe sich der Geräuschpegel halbieren. Doch auch hier scheitern technische Maßnahmen an den hohen Kosten, die niemand übernehmen will. So schätzt die Deutsche Bahn AG (DB AG) die Investitionen, die nötig wären, um ihre 135000 bis zu 40 Jahre alten Güterwagen lärmarm umzubauen, auf 600 Millionen Euro. Bisher ist das Unternehmen nicht gewillt, diese Kosten zu tragen. Kritik kommt vom VCD-Bundesvorsitzenden Michael Gehrmann: "Die DB setzt auf Tempo 300 für ICE, statt den Güterverkehr mit sinnvollen Maßnahmen menschenfreundliche auf die Schiene zu bekommen." Der VCD fordert lärmabhängige Trassenpreise, um finanzielle Anreize für die Umrüstung zu schaffen.
Um die Umrüstung von Güterwagen zu beschleunigen, erhebt der VCD zusammen mit der TU Berlin mit Hilfe von Schienenlärmbetroffenen Daten von Güterzügen. So sollen laute und leise Züge identifiziert und die Auswertung den Verantwortlichen in Politik und Unternehmen präsentiert werden. Betroffene finden Informationen dazu unter: www.vcd.org/laerm_schiene.html
Alle Artikel zum Titelthema `Lärm tut weh´ lesen Sie in der Ausgabe 05/2010 der VCD-Mitgliederzeitschrift fairkehr, dem Magazin für Umwelt, Verkehr und Reisen. Interessierten senden wir ein Rezensionsexemplar gerne kostenfrei zu. Weitere Informationen auch unter www.fairkehr-magazin.de.
Quelle und Kontaktadresse:
Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD), Bundesverband
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