Pressemitteilung | Deutscher Zentralverein homöopathischer Ärzte e.V. (DZVhÄ)

Falsche Anschuldigungen gegen die Homöopathie: GBA-Vorsitzender Hecken / wirft alles durcheinander / Stellungnahme des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte zum Bericht in der FAZ, 26.08.2016: "Heilpraktiker schwer unter Beschuss"

(Berlin) - Drei Patienten des "Biologischen Krebs-Zentrums" im niederrheinischen Brüggen sind gestorben. Der Therapeut war ein Heilpraktiker. Sie wurden mit dem Arzneistoff 3-Bromopyruvat behandelt. Dieser Wirkstoff soll Zellwachstum oder -teilung hemmen, also ähnlich einer Chemotherapie wirken. Laut der ermittelnden Staatsanwaltschaft sei das Mittel nicht als Medikament zugelassen, seine Anwendung sei aber auch nicht ausdrücklich verboten. Es handelte sich also NICHT um eine homöopathische Behandlung und ebenfalls NICHT um ein homöopathisches Arzneimittel.

Trotzdem stellen verschiedene Medien den Bezug zur Homöopathie her. Auf Basis dieser falschen Berichterstattung wird eine Debatte über ein Erstattungsverbot homöopathischer und/oder komplementärer Methoden für gesetzliche Krankenkassen initiiert: Der Jurist Josef Hecken, Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) will Kassen verbieten, die Kosten für homöopathische Arzneien zu erstatten. Bei schwerwiegenden Erkrankungen wie Krebs müsse eine homöopathische Therapie auch Selbstzahlern untersagt werden können, so Hecken in der FAZ. "Hecken wirft Ärzte und Heilpraktiker sowie Therapiemethoden der integrativen Medizin wild durcheinander", so Cornelia Bajic, Fachärztin für Allgemeinmedizin und 1. Vorsitzende des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) dem Juristen vor.

Ein Beispiel:

Hecken wolle Patienten nach eigenen Worten nicht die Einnahme von "Globuli" madig machen. Es gebe auch Beispiele dafür, dass der Bundesausschuss solche Therapien zugelassen habe. So komme die Misteltherapie als Alternative zur klassischen Krebstherapie zwar nicht in Betracht, wohl aber für eine mögliche Therapie-Ergänzung. Diese Aussage erweckt den Eindruck, Misteltherapie sei eine homöopathische Therapieform. Richtig ist, dass es sich um eine anthroposophische Therapie handelt, hierbei werden keine "Globuli" eingenommen, es ist keine Homöopathie.

Fakten zur Erstattung: 2/3 der gesetzlichen Krankenkassen erstatten bei Vertragsärzten mit Zusatzausbildung "Homöopathie" die Therapie im Rahmen von Selektivverträgen. Diese Ärzte sind Fachärzte, die in aller Regel in der hausärztlichen Versorgung tätig sind. Heilpraktiker-Leistungen sind ausgeschlossen. Das wird von Hecken in der FAZ falsch dargestellt. Die Arzneimittel zahlt der Patient meist selber, es sei denn, er hat eine Zusatzversicherung abgeschlossen, oder seine Krankenkasse bietet eine Satzungsleistung an. Für die Erstattung der homöopathischen Arznei benötigt der Patient eine ärztliche Verordnung auf einem Privatrezept oder auf einem grünem Rezept. Ansonsten greift die Satzungsleistung nicht. Mehr als die Hälfte des Apotheken-Umsatzes mit Homöopathika gehen auf eine ärztliche Verordnung (Arzneimittelmarkt 2015) zurück. Informationen: http://www.homoeopathie-online.info/kostenerstattung-einer-aerztlichen-homoeopathischen-behandlung/

Fakten zur Ausbildung: In Deutschland üben zwei Berufsgruppen Homöopathie aus, Heilpraktiker und Ärzte. Die Bezeichnung Homöopathie ist in der Ärzteschaft geschützt, sie darf erst nach der Weiterbildung Homöopathie, die durch die Ärztekammern geregelt wird, auf dem Praxisschild erscheinen. Informationen: https://www.weiterbildung-homoeopathie.de/
Fakten zur Forschung: Hecken behauptet, die Homöopathie habe keine Überlegenheit gegenüber Placebos. Das ist falsch. Der Ende Mai von der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Homöopathie (WissHom) vorgelegte Forschungsreader zum aktuellen Stand der Homöopathie-Forschung (www.homöopathie-online.info) kommt zu eindeutigen Aussagen: 1. Homöopathische Behandlung ist unter ärztlichen Alltagsbedingungen klinisch nützlich (Versorgungsforschung). 2. Auch hochwertige randomisierte klinische Studien zeigen spezifische Effekte, in denen Homöopathie dem Placebo überlegen ist (Randomisierte Klinische Studien). 3. Vier von fünf Metaanalysen zeigen eine statistische Überlegenheit der homöopathischen Arznei im Vergleich zu Placebo. (Metaanalysen) 4. Es gibt mehrere experimentelle Modelle, mittels welcher in unabhängiger Replikation signifikante spezifische Effekte potenzierter Präparate festgestellt wurden. (Grundlagenforschung).

Hecken versucht seine Placebo-Aussage mit einer australischen Studie zu belegen. Hierbei handelt es sich nicht um eine Metaanalyse, wie oft behauptet wird, sondern nur um eine systematische Literaturrecherche, die nicht in einem peer-reviewed Journal publiziert worden ist. Da in dem australischen Report Homöopathie Studien mit weniger als 150 Teilnehmern ausgeschlossen wurden, wurde ein großer Teil der Daten zur Homöopathie gar nicht ausgewertet. Die Aussagekraft dieser Arbeit ist mehr als fragwürdig.

Fazit: Hecken geht davon aus, dass die Patienten in Brüggen aufgrund einer homöopathischen Behandlung gestorben sind. Das ist falsch. In seiner Position sollte er sehr schnell herausfinden können, wie die Faktenlage tatsächlich ist. Er wirft in seiner Homöopathie-Kritik Ärzte und Heilpraktiker durcheinander, vermischt die Abrechnungssituation und vermengt einzelne Methoden miteinander. Auch kennt er nicht den aktuellen Forschungsstand. Als unparteiischer Vorsitzender des GBA ist er laut Dienstvereinbarung zur Wahrung von Unparteilichkeit und Unbefangenheit verpflichtet. Diese wurde hiermit offensichtlich verletzt. DZVhÄ-Vorsitzende Bajic: "Ich frage mich, ob der Posten des GBA-Vorsitzenden mit Herrn Hecken richtig besetzt ist."

Rudolf Henke, Vorsitzender des Marburger Bundes und Vorsitzender der Ärztekammer Nordrhein, möchte laut FAZ, "die Regelungen des Heilpraktikerwesens völlig neu überdenken". Henke ist aber dagegen, das Thema mit der Frage der Erstattungsfähigkeit homöopathischer Therapien zu vermengen. "Das ist ein vernünftiger Standpunkt, denn das eine hat mit dem anderen rein gar nichts zu tun", sagt DZVhÄ-Vorsitzende Bajic. Das Heilpraktikergesetz ist aus dem Jahr 1939 und regelt der damaligen Zeit und Erfordernissen entsprechend, was Heilpraktiker nicht dürfen: nämlich verschreibungspflichtige Medikamente verordnen, Infektionskrankheiten behandeln, die in den §§ 6, 7 und 34 des IfSG genannt sind, sexuell übertragbare Krankheiten behandeln, röntgen, Leichenschau vornehmen, Organe bei Organspendern entnehmen, Blutentnahmen nach der Strafprozessordnung vornehmen, Zahnheilkunde ausüben und Geburtshilfe leisten, Schwangerschaftsabbrüche oder Kastrationen durchführen. Alle anderen Verfahren der Diagnose und der Therapie sind Heilpraktikern grundsätzlich gestattet. Vor diesem Hintergrund ist es legitim darüber nachzudenken, ob man das Gesetz nicht einmal an die aktuellen medizinischen Gegebenheiten anpasst.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Zentralverein homöopathischer Ärzte e.V. (DZVhÄ) Björn Bendig, Pressesprecher Axel-Springer-Str. 54b, 10117 Berlin Telefon: (030) 325 9734 0, Fax: (030) 325 9734 19

(cl)

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