Finanzielles Aus der Allgemeinen Sozialberatung verhindern
(Mainz) - Unter dem Motto „Türen offen halten: Allgemeine Sozialberatung sichern“ eröffnen der Deutsche Caritasverband, sowie die Caritas-Fachverbände SkF Gesamtverein und der SKM Bundesverband heute die Caritas-Armutswochen in Mainz. Im Mittelpunkt der diesjährigen Aktionswochen gegen Armut steht die unzureichende Finanzierung der Allgemeinen Sozialberatung.
In einem dringenden Appell an Vertreter*innen von Politik und Kirche mahnt Caritas-Präsidentin Eva Welskop-Deffaa: „Armut hat viele Gesichter. In einer Welt multipler Krisen und sich vielfältig verstärkender Gefahrenlagen ist jedermann und jede Frau im Laufe ihres Lebens von Schicksalsschlägen und Armutsrisiken bedroht. Institutionen, die Abwärtsspiralen präventiv entgegenwirken und Angebote, die in Notlagen helfen, sind heute wichtiger denn je. Die Allgemeine Sozialberatung ist eine solcher Anlaufstelle. Sie steht allen Menschen in sozialen Notlagen offen und ermöglicht schnelle Hilfe, Ansprache und Begleitung. Ihre offene Tür ist ein Signal der Zuversicht und Hoffnung in Zeiten wachsender Existenzangst und zunehmender Vereinzelung. Ihre damit weit über den Einzelfall hinausgehende gesellschaftliche Bedeutung begründet die Notwendigkeit verlässlicher Finanzierung. Ich appelliere an alle Verantwortlichen, die Allgemeine Sozialberatung auf eine finanziell solide Basis zu stellen.
Allgemeine Sozialberatung ist einzige Anlaufstelle dieser Art mit Lotsenfunktion
Die Allgemeine Sozialberatung ist Anlaufstelle für alle Menschen mit den unterschiedlichsten Problemen. In einem Erstgespräch klären die BeraterInnen die aktuelle Problemlage. Sie lösen die akute Krise ihrer KundInnen und vermitteln bei nachgelagertem Bedarf in weiterführende Hilfeangebote. Die Allgemeine Sozialberatung ist damit eine erste zentrale Anlaufstelle, niedrigschwellig und kostenlos und die einzige Anlaufstelle dieser Art. Mit der Allgemeinen Sozialberatung finden Menschen in prekären Lebenssituationen die notwendige direkte Ansprache. Die Nachfrage nach diesem Angebot steigt stetig. 2024 waren laut Statistischem Bundesamt bundesweit 20,9 % der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, was 17,6 Millionen Menschen entspricht. Die Armutsgefährdungsquote steigt aktuell in Gruppen, die nur schwer von den Hilfesystemen erreicht werden – zum Beispiel SeniorInnen, Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen in Wohnungsnot oder multiplen Belastungen. Gleichzeitig stehen Hilfesuchende einer zunehmenden Unübersichtlichkeit und Digitalisierung des Antragswesens gegenüber. Angesichts dieser Situation ist nicht verwunderlich, dass nach dem jetzt erschienenen Siebten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung 78,2 Prozent der befragten Bürgerinnen und Bürger die „Gewährleistung der Stabilität des Sozialsystems und der Rente“ als vorrangiges Thema für die Politik nannten. Der Allgemeinen Sozialberatung kommt als Stabilitätsfaktor im sozialen System eine besondere Rolle zu: Nach der jüngsten Stichtagserhebung bei Caritas-Trägern (September 2025) weisen fast 90 Prozent der Klient*innen Mehrfach-Problemlagen auf.
Yvonne Fritz, Vorständin des SkF Gesamtvereins, erläutert die Bedarfe: „Unsere Beratungsstellen unterstützen sowohl Alleinerziehende als auch Familien – häufig mit mehreren Kindern. Rund 20 % der Ratsuchenden sind Alleinerziehende, die zu den am stärksten von Armut und Belastung betroffenen Bevölkerungsgruppen zählen. Unsere Beraterinnen und Berater prüfen, welche staatlichen Leistungen den Betroffenen zustehen, und begleiten sie bei der Antragstellung. Darüber hinaus klären sie auch, wie es bei Erziehungsfragen, der Organisation von Kinderbetreuung, der beruflichen Integration sowie bei Ausbildungsthemen weitergehen kann. Dank ihrer guten Vernetzung im Stadtteil können sie gezielt weitere Hilfsangebote vermitteln.“
Rund 60 Prozent der Ratsuchenden sind Frauen. Doch auch für Männer in sozialen Schwierigkeiten öffnet die Allgemeine Sozialberatung Türen, die ohne Finanzierung von Schließung bedroht sind.
Stephan Buttgereit, Generalsekretär des SKM Bundesverband e.V., Caritas-Fachverband für Jungen- und Männerarbeit, erklärt dazu: „Männer nehmen seltener Hilfe in Anspruch als Frauen, weil dies in unserer Gesellschaft leider bis heute als Zeichen von Schwäche interpretiert wird. Deshalb braucht es niedrigschwellige Anlaufstellen ohne Hürden. Die Allgemeine Sozialberatung schließt hier eine wesentliche Lücke, zum Beispiel für Menschen, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind. Davon sind Männer besonders häufig betroffen. Des Weiteren kann die Allgemeine Sozialberatung eine wichtige Brücke zur geschlechtersensiblen Männerberatung bauen. Denn die Expert*innen der Allgemeinen Sozialberatung wissen, welche Beratungsstellen den Ratsuchenden weiterführende, geschlechtssensible Hilfen anbieten können.“
Finanzierung der Allgemeinen Sozialberatung muss dringend gesichert werden
Die Allgemeine Sozialberatung versteht sich als unverzichtbarer Grunddienst der verbandlichen Caritas. Der Finanzierungsanteil von kirchlichen Mitteln und Eigenmitteln liegt nach einer aktuellen Umfrage bei den Trägern der Beratungsstellen im Durchschnitt derzeit bei 80 Prozent. 23 Prozent der teilnehmenden Träger finanzieren ihre Beratungsstellen fast ausschließlich aus Kirchenmitteln (Bistum) oder Eigenmitteln. Der überwiegende Teil (69 Prozent) finanziert sich jedoch aus mehreren Quellen. Nur 5 Prozent der Träger erhalten eine hohe kommunale Förderung, die das Angebot sichert. Es gibt bisher keine gesetzlich verankerte Pflicht für eine staatliche Refinanzierung einer unabhängigen Allgemeinen Sozialberatung.
Caritas, SkF und SKM sind sich einig: Angesichts der steigenden Nachfrage braucht es eine öffentliche Diskussion, wie die Allgemeine Sozialberatung nachhaltig gesichert und weiterentwickelt werden kann. Bereits im vergangenen Jahr musste ein Viertel der Träger das Angebot einschränken oder sogar aufgeben. Insofern hängt die Zukunftsfähigkeit der Allgemeinen Sozialberatung maßgeblich von einer auskömmlichen verlässlichen und langfristig gesicherten Finanzierung ab. Hier sollen die Kirchen nicht aus der Pflicht genommen werden. Aber es braucht zusätzlich eine planbare Kofinanzierung durch Kommunen und Länder.
„Die Allgemeine Sozialberatung ist einer der Grundpfeiler der sozialen Infrastruktur direkt bei den Menschen vor Ort. Es wäre wichtig, dass mehr Kommunen diese freiwilligen Leistungen anbieten und damit das Vertrauen in unseren Sozialstaat stärken“, betont Caritas-Präsidentin Eva Welskop-Deffaa. „Das apostolische Schreiben zur „Liebe zu den Armen“, das Papst Leo XIV in der letzten Woche als erstes Schreiben seines Pontifikats veröffentlicht hat, sehen wir als Rückenstärkung für das Engagement unserer Armutswochen.“
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Caritasverband e.V. - Berliner Büro, Mechthild Greten, Pressereferent(in), Reinhardtstr. 13, 10117 Berlin, Telefon: 030 2844476
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