Pressemitteilung | Deutsches Komitee für UNICEF e.V.

Flüchtlingskrise im Sudan / Kinder sterben an Durchfall und Malaria / Flüchtlinge fürchten Zwangsrückführung in ihre zerstörten Dörfer

(Köln) - UNICEF befürchtet, dass die Flüchtlinge in der sudanesischen Krisenprovinz Darfur ohne massive zusätzliche Hilfe in einer tödlichen Falle stecken. Ein Drittel der rund 150 Camps ist aufgrund der andauernden Unsicherheit noch immer für die humanitären Helfer unerreichbar. Vor allem kleine Kinder leiden unter den extremen Lebensbedingungen. Mit dem Beginn der Regenzeit sind schwerer Durchfall, Atemwegserkrankungen und zunehmend Malaria tödliche Gefahren. UNICEF schätzt, dass 20 Prozent der Flüchtlinge Kinder unter fünf Jahren sind, jedes fünfte von ihnen ist mangelernährt. Allein in dem inzwischen fast 90.000 Menschen umfassenden Lager Mornei in West-Darfur sterben täglich zehn Kleinkinder. Die Menschen haben große Angst vor den fortdauernden Attacken der Janjawid-Milizen. Viele Kinder sind traumatisiert, weil sie miterlebt haben, wie Angehörige oder Nachbarn misshandelt oder getötet wurden.

„Die Kinder in Darfur erleben seit Monaten einen Alptraum aus Not und Gewalt. Sie brauchen jetzt schnell sehr viel mehr Hilfe und Schutz, sonst werden noch Tausende mehr sterben”, sagte ZDF-Heute-Moderator Steffen Seibert, der UNICEF-Hilfsprojekte in Darfur besuchte.

Trotz der katastrophalen Lebensbedingungen in den Flüchtlingslagern fürchten die Menschen die von der sudanesischen Regierung angekündigte Rücksiedlung in ihre zerstörten Dörfer. Die Familien hätten dort weder Nahrungsmittel, Wasser noch medizinische Versorgung und wären völlig schutzlos. „Eine Rückkehr kommt für die Menschen nur in Frage, wenn sie freiwillig ist. Ihre Lebensgrundlagen und ihre Sicherheit müssen gewährleistet sein“, sagte Christian Schneider von UNICEF Deutschland nach seiner Rückkehr aus Darfur.

Die Vertreibungen gehen weiter

Angesichts der immer neuen Attacken auf die Dörfer und der ungelösten politischen Krise im West-Sudan wächst die Zahl der Vertriebenen ständig. Niemand kennt deshalb ihre genaue Zahl. Das 5.000 Einwohner umfassende Dorf Mornei im Westen der Region ist zum Beispiel in den letzten Monaten auf etwa 90.000 Menschen angewachsen. Die Familien leben in einfachsten Hütten aus Stroh und Plastik, die kaum Schutz vor dem stärker werdenden Regen bieten. Die meisten von ihnen konnten nichts von ihrer Habe retten und kamen nach langen Fußmärschen in dem Lager an. Viele Mütter sind inzwischen so ausgezehrt, dass sie ihre Babys nicht mehr stillen können. Hunderte Kinder in Mornei und weiteren Lagern könnten ohne therapeutische Ernährung nicht überleben.

„Lieber tot als zurück ins Dorf”

Trotz der dramatischen Situation in den Lagern berichten Flüchtlinge in West-Darfur, dass sie lieber sterben würden als in ihre Dörfer zurückzugehen. Während die sudanesische Regierung offenbar mit der Rücksiedlung beginnt, berichten die Frauen, dass sie selbst in den Lagern und der unmittelbaren Umgebung nicht sicher sind – geschweige denn in ihren Dörfern. Frauen und Mädchen werden geschlagen und vergewaltigt, während sie Feuerholz sammeln oder Wasser holen. Flüchtlinge berichten, dass die Janjawid ihre Opfer mit Narben “markieren”, um sie zu stigmatisieren.

Die Angreifer rauben das verbliebene Vieh der Flüchtlinge, Nahrungsmittel und selbst die Plastikplanen von ihren Hütten. Im Lager Sissi, wo über 3.000 Menschen Zuflucht gesucht haben, zeigen die Männer ihre Schussverletzungen. In das trockene Flussbett des nahe gelegenen Wadi, wo die Menschen nach Trinkwasser graben, haben die Milizen einen toten Esel gelegt, um das Wasser zu verseuchen. Die Kinder leiden unter Durchfall und vielen anderen Krankheiten. Selbst in diesem kleinen Camp starben bis vor kurzem jede Nacht sechs bis sieben Kinder. UNICEF hat jetzt in Sissi eine Trinkwasserstation eingerichtet.

Hilfe für traumatisierte Kinder

Während UNICEF die Versorgung der Flüchtlinge mit sauberem Trinkwasser, Zusatznahrung und medizinischer Hilfe ausbauen konnte, leiden die Kinder unter dem Trauma der Gewalt. Viele von ihnen haben den Vater oder andere Angehörige verloren und brutale Attacken aus nächster Nähe miterlebt. Sie können sich seit Monaten nicht mehr sicher fühlen. UNICEF versucht, den Kindern mit Schulunterricht und Spielangeboten einen geregelten Tagesablauf zu geben. Gleichzeitig können die Kinder in der Schule ihre Erlebnisse für einige Stunden vergessen und haben dort einen sicheren Platz. Sie malen Bilder – für die meisten die erste Gelegenheit, ihre Ängste auszudrücken.

Ein Schulzelt für 1.000 Euro

“Diese Kinder haben in den letzten Monaten alles verloren. Sie brauchen nicht nur Nahrung und Wasser, sondern auch seelischen Halt”, berichtet UNICEF-Mitarbeiter Paul Delaunay, der das Notschul-Programm in West-Darfur koordiniert. UNICEF hat in den Lagern provisorische Klassenräume aus Strohmatten und Plastikfolien aufgebaut. Allein im Lager Mornei gehen in 65 Klassenräumen 8.000 Flüchtlingskinder zum Unterricht. UNICEF versorgt die Kinder auch mit Schulmaterial, Bällen, Springseilen und anderen Spielen. Die Lehrerinnen sind selbst Flüchtlinge - auch sie gewinnen durch ihren Einsatz in den Schulen neue Zuversicht. Wegen der Regenzeit sollen die provisorischen Klassenräume durch Zelte ersetzt werden – ein Schulzelt kostet rund 1.000 Euro.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsches Komitee für UNICEF e.V. Höninger Weg 104, 50969 Köln Telefon: 0221/936500, Telefax: 0221/93650279

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