Forschende Arzneimittelhersteller weiterhin zurückhaltend
(Berlin) - Ähnlich zurückhaltend wie vor Jahresfrist sind die Erwartungen der forschenden Arzneimittelhersteller in Deutschland für die wirtschaftliche Entwicklung 2000. Einzig die erwartete Entwicklung des Exportgeschäfts gibt einigen Anlass zum Optimismus. Das geht aus einer Umfrage des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) hervor, deren Ergebnisse die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes, Cornelia Yzer, am 15.12. in Berlin vorstellte.
Danach rechnet die Mehrzahl (55,9 Prozent) der VFA-Mitgliedsunternehmen für das Jahr 2000 mit stagnierenden oder allenfalls leicht steigenden Umsätzen auf dem deutschen Markt. Lediglich knapp 30 Prozent (29,4 Prozent) erwarten Umsatzsteigerungen in Deutschland, die mehr als nur geringfügig sind. Im letzten Jahr waren dies noch 36,4 Prozent. Gleichzeitig ist aber auch der Anteil der Unternehmen, die mit Umsatzrückgängen rechnen, von über 20 Prozent (21,2 Prozent) auf knapp 15 Prozent (14,7 Prozent) zurückgegangen. "Es ist nach wie vor das Vertrauen der Mitgliedsunternehmen in ihre Innovationskraft, dass sie trotz der mehr als angespannten Budgetsituation und der angesichts des Reformtorsos zu erwarteten Turbulenzen in der Gesetzlichen Krankenversicherung im kommenden Jahr mehrheitlich noch ein leichtes Wachstum auch auf dem deutschen Markt erwarten lässt", kommentierte Yzer die Prognose.
Optimistischer blicken die VFA-Mitgliedsunternehmen auf die Entwicklung des Außenhandels im kommenden Jahr. Wie in der Vorjahresprognose erwarten drei Viertel der Unternehmen eine weitere Steigerung der Arzneimittelexporte aus Deutschland. Über 40 Prozent (42,9 Prozent) planen für ihr Unternehmen sogar eine deutliche Steigerung ein. Im Vorjahr erwartete dies nur ein knappes Drittel (32,0 Prozent).
Bereits in diesem Jahr sei die Exportentwicklung ausgesprochen erfreulich. Nach den Rekordwerten der Jahre 97 und 98 schicke sich die Branche an, diese Ergebnisse nochmals zu übertreffen. Bis einschließlich September seien bereits pharmazeutische Erzeugnisse im Wert von 20,6 Milliarden DM ausgeführt worden. Dies entspreche einer Steigerung um mehr als sechs Prozent (6,1 Prozent) gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Da die Importe im gleichen Zeitraum lediglich um knapp drei Prozent (2,8 Prozent) auf ca. 11,7 Milliarden DM gestiegen seien, verzeichne die Branche allein bis September einen Exportüberschuss von fast neun Milliarden DM (8,93 Milliarden DM). "Vieles spricht dafür", so Yzer, "dass der Exportüberschuss des Gesamtjahres 1998 in Höhe von 10,8 Milliarden DM - auch das war ein Rekordergebnis - in diesem Jahr zumindest erreicht werden wird."
Nicht zuletzt diese Exporterwartung stabilisiere, so Yzer, voraussichtlich die Beschäftigungssituation bei den forschenden Arzneimittelherstellern. Mehr als ein Drittel der VFA-Mitgliedsunternehmen (35,3 Prozent) plant laut Prognose eine Erhöhung der Beschäftigtenzahl. Im Vorjahr tat das nur knapp ein Viertel (24,2 Prozent). Gleichzeitig ist die Zahl der Unternehmen, die einen Personalabbau erwarten, von 42,4 Prozent im Vorjahr auf gut ein Viertel (26,5 Prozent) bei der aktuellen Prognose zurückgegangen.
Stabilität zeichnet sich nach der Umfrage für den Forschungsstandort Deutschland im nächsten Jahr ab. Für den Standort Deutschland prognostiziert mehr als die Hälfte der VFA-Mitglieder (57,6 Prozent) im kommenden Jahr steigende Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (F&E;). Ein weiteres Drittel (36,4 Prozent) gab an, dass die F&E-Aufwendungen in Deutschland gegenüber dem Vorjahr stabil bleiben werden
In den ersten zehn Monaten diesen Jahres, so Yzer, sei der Umsatz auf dem deutschen Apothekenmarkt im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um gut sieben Prozent (7,2 Prozent) auf ca. 24,1 Milliarden DM zu Herstellerabgabepreisen gestiegen. Dabei werde das Wachstum wie schon in den Vorjahren von Innovationen getragen. Die Strukturkomponente, die eine weitere Hinwendung zu innovativen Arzneimitteln kennzeichnet, wuchs in diesem Zeitraum um gut sechs Prozent (6,3 Prozent). Hingegen blieb die abgesetzte Menge in den ersten zehn Monaten gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert (+ 0,1 Prozent), nachdem sie im ersten Quartal, bedingt durch eine starke Grippewelle, noch um über fünf Prozent (5,3 Prozent) zugelegt hatte.
"Von den Preisen ging erneut keine Dynamik aus. Dies wird der Prognose unserer Mitgliedsunternehmen folgend auch im kommenden Jahr so bleiben. Gut 60 Prozent der Unternehmen (60,2 Prozent) rechnen mit weiter sinkenden Preisen. Knapp ein Viertel (24,2 Prozent) prognostiziert stabile Preise", erklärte Yzer.
Der Verlauf der Ausgabenentwicklung in der GKV in diesem Jahr - hohe Steigerungsrate im ersten Quartal vor allem durch die Grippewelle und abgeschwächtes Wachstum in den Folgemonaten - zeige deutlich, dass starre im vorhinein festgelegte Budgets nicht auf unvorhersehbare, aber epidemiologisch begründete Kostenschübe reagieren könnten. Die aktuelle Budgetsituation sei dafür ein beredtes Zeugnis. "Anstatt nun daraus die Lehre zu ziehen, dass Budgets ein untaugliches Mittel sind, hält die rot-grüne Bundestagsmehrheit hartnäckig an der Budgetierung fest. Ohne Verlust an Versorgungsqualität kann das nicht funktionieren", kritisierte die Hauptgeschäftsführerin des VFA die Pläne der Koalition.
Dass wenigstens auf das Benchmarking zur Bemessung der Budgets - das Maßnehmen an den billigsten Regionen - verzichtet werde, sei ein schwacher Trost. "Schließlich ist der Verzicht darauf nicht der Einsicht in die Untauglichkeit dieses Ansatzes zu verdanken, sondern ausschließlich verfahrenstechnisch begründet. Mit dem Benchmarking wären die sektoralen Arzneimittelbudgets zustimmungspflichtig gewesen und an der Bundesratsmehrheit gescheitert", erläuterte Yzer. Habe schon das ursprünglich geplante Reformpaket den Namen Reform nicht verdient, so erfülle das, was übrig geblieben sei, den Anspruch an eine Reform erst recht nicht. Kurzsichtiger sektoraler Interventionismus setze die hohe Versorgungsqualität für Patienten und die Chancen für den Pharmastandort Deutschland aufs Spiel. "Nach dem Scheitern der Gesundheitsreform 2000 muss endlich die Chance genutzt werden, ohne Zeitdruck zu einer grundlegenden, in die Zukunft gerichteten Reform zu kommen. Dabei dürfen die Problematik der sinkenden Einnahmen und die demographischen Herausforderungen ebenso wenig ausgeklammert werden wie die notwendige Neuabgrenzung von Solidarität und Eigenverantwortung", forderte Yzer abschließend.
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