Pressemitteilung | Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V.

Friedenspreis 2004 an Péter Esterházy verliehen

(Frankfurt am Main) - Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels hat den ungarischen Autor Péter Esterházy mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Die Verleihung fand vor rund 1000 geladenen Gästen, unter ihnen Bundespräsident Horst Köhler und Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, in der Frankfurter Paulskirche statt. Die Laudatio auf den Preisträger hielt der frühere Kulturstaatsminister und ZEIT-Herausgeber Michael Naumann.

Mitgefühl und persönliches Erleiden, darauf müsse Europa bauen, um Misstrauen zu begegnen und Verantwortung benennen zu können, sagte Péter Esterházy in seiner Dankesrede. “Niemand kann die eigenen Probleme allein lösen. Es ist unter anderem eine Konsequenz der bereits gestellten deutschen Fragen, dass wir unsererseits keine Fragen stellen, die sich auf uns beziehen, und unter anderem können die Deutschen wegen unseren nicht gestellten Fragen die noch fehlenden Fragen nicht stellen”, so Esterházy. Die Literatur könne dabei helfen, dem Vergessen eine Erinnerung entgegenzusetzen. “Bücher erzählen Geschichten, damit man die eigene Geschichte nicht erzählen muss”, meinte der Preisträger. Während der Diktatur in Ungarn habe er viel Ernst gesehen, sowohl bei den Machthabern als auch in der Literatur. Esterházy: “Aber der Ernst ist keine Heimat für mich, das ist nicht der Ort, wo ich zu Hause bin, deshalb möchte ich weiterhin dem europäischen Unernst die Ehre erweisen.”

Michael Naumann betonte in seiner Laudatio, Esterházy habe mit der Veröffentlichung der Geheimdienstberichte seines Vaters den “letzten und womöglich größten Sieg des kommunistischen Ungarns über die Freiheit der Dichtung” verhindert. Seine Bücher seien “poetische Gesten des Widerstands gegen die Zumutungen einer zukunftsgebannten Ideologie.” Esterházy habe zwar nie ein politischer Autor werden wollen, so Naumann, doch seine Texte hätten ihm nicht gehorcht. “Hinter dem Witz, der prachtvollen Wortmächtigkeit seines Werkes steht ein Schriftsteller, dessen dichterisches Geheimnis in einer besonderen Erfahrung beschlossen ist - dass alle literarischen Versuche, Geschichten zu erzählen, irgendwann zurückführen auf die Geschichte selbst.” Gerade deshalb habe er den Friedenspreis verdient.

In Anwesenheit von Altbundespräsident Richard von Weizsäcker und Literaturnobelpreisträger Imré Kertész überreichte Dieter Schormann, Vorsteher des Börsenvereins, die Urkunde an Péter Esterházy. “Europäische Identität umfasst mehr als Subventionen und Währungsfragen,” sagte Schormann, “sie kann sich nur bilden, wenn sich die Europäer auf ihre gemeinsamen Wurzeln besinnen und gleichzeitig die Unterschiede der europäischen Staaten anerkennen.”

Péter Esterházy sei als Mittler zwischen West- und Osteuropa ein großer Gewinn für die europäische Literatur, denn in seinen Büchern erkennen sich die Europäer wieder. “Er findet auf moralische Fragen auch literarisch eine Antwort”, so Schormann.

Quelle und Kontaktadresse:
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