Pressemitteilung | Arbeitsgemeinschaft Verpackung und Umwelt e.V. (AGVU)

Handel, Brauer und Mineralbrunnen klagen gegen Zwangspfand

(Bonn) - Gegen ein Zwangspfand auf Einwegverpackungen haben heute Brauereien, Mineralbrunnen und Einzelhändler vorbeugenden Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Berlin beantragt. Die 16 überwiegend mittelständischen Unternehmen – die den Prozess stellvertretend für ihre Branchen führen – befürchten, dass ihnen Schäden in Millionenhöhe drohen und ihre betrieblichen Abläufe empfindlich beeinträchtigt werden, wenn Getränke in nicht-wiederbefüllbaren Flaschen und Dosen künftig nur noch mit einem Pfandaufschlag von 50 Pfennig verkauft werden dürften.

Das vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) für das Jahr 2001 angedrohte Zwangspfand wäre nach Ansicht der Unternehmen rechtswidrig. Die nach der Verpackungsverordnung vorgeschriebene Mehrwegquote von 72 Prozent für Bier, Wasser, Wein, Limonade und Fruchtsaft sei eingehalten worden, wenn man die Fehlermarge der amtlichen Statistik berücksichtigt. Das Bepfandungsverfahren sei eingeleitet worden, weil die Verbraucher 1997 angeblich 0,67 Prozent zu wenig Getränke in Mehrwegflaschen gekauft hätten. Das BMU selbst habe die Fehlermarge mit 1 Prozent angegeben. Die für die Erhebung zuständige Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) und die Gesellschaft für Konsum-, Markt- und Absatzforschung (GfK) hätten festgestellt, dass die amtliche Getränkestatistik Ungenauigkeiten sogar bis zu 1,64 Prozent aufweise. Damit sei das Bepfandungsverfahren von Anfang an rechtsfehlerhaft gewesen und dürfe nicht fortgesetzt werden.

Der mit der Prozessvertretung beauftragte Verwaltungsrechtsexperte Professor Dr. Klaus-Peter Dolde erklärte hierzu: “Die Mehrwegquote ist rechtlich ein Grenzwert. Das Zwangspfand als staatliche Sanktion darf deshalb nur verhängt werden, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass der Grenzwert verfehlt wurde. Dies ist fester Grundsatz bei Gerichtsentscheidungen und in der Verwaltungspraxis. Jeder Autofahrer weiß, dass die Fehlermarge der Radarfalle nicht ihm zur Last gelegt werden kann.“

Wegen der Androhung des Zwangspfands für das Jahr 2001 sei Eile geboten, erklärte Dolde. Sollte es soweit kommen, müssten Rücknahmeautomaten an den Verkaufsstellen von Getränken aufgestellt und eine flächendeckende Organisation für die Verwaltung der Pfandzahlungen eingerichtet werden. Diese Aufwendungen und die dadurch ausgelösten Veränderungen der Logistik und des gesamten Getränke- und Verpackungssortiments wären nicht rückgängig zu machen, wenn sich später die Rechtswidrigkeit herausstellt. Daher hätten die betroffenen Unternehmen eine einstweilige Anordnung gegen die das Zwangspfand auslösende Bekanntmachung der Ergebnisse der Nacherhebung des Mehrweganteils im Bundesanzeiger beantragt. Dolde: “Dies ist umso mehr gerechtfertigt, als neben der statistischen Fehlermarge in zahlreichen weiteren Punkten rechtliche Bedenken gegen Mehrwegquote und Zwangspfand bestehen.“

Dolde betonte, dass auch von weiten Teilen der Wissenschaft bezweifelt wird, ob ein Zwangspfand überhaupt zum Schutz von Mehrwegverpackungen geeignet und in seinen Folgen für Wirtschaft und Verbraucher verhältnismäßig wäre. So habe der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung in seinem Jahresgutachten 2000 das Zwangspfand in Frage gestellt. Die Europäische Kommission habe wegen der durch Mehrwegquote und Zwangspfand hervorgerufenen Behinderungen des freien Warenverkehrs – insbesondere im Bereich der Mineralwasser – ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet.

Quelle und Kontaktadresse:
Arbeitsgemeinschaft Verpackung und Umwelt e.V. (AGVU) Bonner Talweg 64 53113 Bonn Telefon: 0228/949290 Telefax: 0228/949294

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