Handwerk der Köln-Bonner Region verharrt auch im Frühjahr 2003 im Konjunkturtief / Für fast jeden zweiten Betrieb ist die gegenwärtge Geschäftslage schlecht
(Köln) - Bei der Frühjahrsumfrage der Handwerkskammer, an der sich 1.014 Unternehmer aus der Region Köln-Bonn beteiligt haben, zeigen sich keine nennenswerten konjunkturellen Auftriebskräfte. Ebenso wie im Herbst 2002 stuft fast die Hälfte der im April 2003 befragten Handwerksbetriebe die aktuelle Geschäftslage als schlecht ein. Wie sehr das Handwerk im Konjunkturtief verharrt, macht der Vergleich zur Umfrage im Frühjahr 2002 deutlich: Der Anteil der Betriebe mit guter Geschäftslage ist innerhalb eines Jahres von 14 auf 11 Prozent gesunken, die Note "befriedigend" vergeben inzwischen nur noch 41 Prozent (Frühjahr 2002: 49 Prozent) der Betriebsinhaber. 48 Prozent von ihnen bewerten die gegenwärtige Geschäftslage als schlecht, dieses Alarmzeichen entfiel vor einem Jahr erst auf 37 Prozent der Betriebe.
Hinsichtlich der Zukunftserwartungen war im Herbst 2002 ein Tiefpunkt erreicht, mit einer weiteren Verschlechterung für die kommenden Monate rechneten mehr als 60 Prozent der Unternehmer. Diese pessimistische Erwartung wird im Frühjahr 2003 von 45 Prozent der Befragten geteilt, insofern zeigt sich eine "leichte Stimmungsaufhellung, die allerdings nicht überbewertet werden darf", erläutert der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln, Uwe Nehrhoff. Wegen der saisonalen Komponente im Wirtschaftsverlauf der Baugewerbe fallen die Antworten zu den künftigen Erwartungen im Herbst eines Jahres vielfach schlechter aus als im Frühjahr. Mit allzu viel Hoffnung blicken die Unternehmen des Handwerks derzeit nicht auf die kommenden Monate, nur elf Prozent erwarten eine Verbesserung der Geschäftslage, von einem gleichbleibenden Geschäftsverlauf gehen 44 Prozent der Befragten aus.
Die schwierige Konjunkturlage in diesem Frühjahr hat sämtliche Handwerkszweige erfasst, in den acht Handwerksgruppen reicht der Anteil der Betriebe mit schlechter Geschäftslage von 43 bis 56 Prozent. Besonders düster sieht es bei den Handwerksberufen aus, die Dienstleistungen für die privaten Haushalte anbieten, so stufen 55 Prozent der Friseure die gegenwärtige Geschäftslage als schlecht ein. Die Zurückhaltung der Konsumenten bekommen auch die Bäcker und Fleischer zu spüren, nur jeder zwanzigste Betrieb aus dem Nahrungsmittelhandwerk berichtet von guten Geschäften.
Wegen der stagnierenden, teilweise rückläufigen Nachfrage nach Handwerksleistungen sind immer weniger Betriebe in der Lage, Kostensteigerungen an ihre Kunden weiter zu geben. So ist im Nahrungsmittelhandwerk der Anteil der Betriebe, die Preissteigerungen durchsetzen konnten, von 38 Prozent im Frühjahr 2002 auf inzwischen nur noch fünf Prozent gesunken. Über die Preisberuhigung dürfen sich auch die Kunden des ebenfalls von der Rezession betroffenen Kraftfahrzeuggewerbes freuen, erstmals nach längerer Zeit gibt es in dieser Branche mehr Betriebe, die ihre Preise gesenkt haben, als Betriebe mit Preissteigerungen.
Der enorme Preisdruck macht weiterhin dem Bauhauptgewerbe zu schaffen, sinkende Preise beklagen gut 60 Prozent der Straßenbauer und Maurer, sogar 90 Prozent der Zimmerer. Diese Handwerksgruppe, für die zu hoffen ist, dass sie nach acht Rezessionsjahren inzwischen die Talsohle erreicht hat, war bei der Umfrage im Herbst 2002 noch das Schlusslicht, unterscheidet sich aber inzwischen bei der Bewertung der aktuellen Geschäftslage nicht mehr vom Durchschnitt des Handwerks und erwartet für die kommenden Monate sogar eine geringfügig günstigere Entwicklung als die Betriebsinhaber in anderen Handwerkszweigen. Da der Konjunkturverlauf des Bauhandwerks stark vom Wohnungsbau abhängt, ist der Erhalt der Eigenheimzulage ein Hoffnungsschimmer für die rezessionsgeplagte Bauwirtschaft. Nachdem 2002 bei der Fertigstellung neuer Wohnungen ein Tiefpunkt zu verzeichnen war (Rückgang in der Region Köln-Bonn von gut 19.000 neu gebauten Wohnungen 1995 auf nur noch 8.800 im Jahr 2002), zeigen die Genehmigungszahlen für den Wohnungsneubau nach oben, allerdings im Geschosswohnungsbau erst geringfügig, zudem regional begrenzt und außerdem von einem sehr niedrigen Niveau aus.
Dass die Talsohle im Laufe des Jahres 2003 erreicht wird, das erhofft sich der Hauptgeschäftsführer der Kölner Kammer auch von der Beschäftigungsentwicklung. Im Jahr 2002 war die Zahl der im Handwerk des Kammerbezirks Beschäftigten um rund sechs Prozent gesunken, vom 221 auf 208 Tausend (zum Vergleich: 1998 zählten die Handwerksbetriebe in der Region Köln-Bonn noch 245 Tausend Mitarbeiter, einschließlich der Betriebs-inhaber und der mithelfenden Familienangehörigen).
Während in den beiden vergangenen Jahren die Zahl der Beschäftigten in der Größenordnung des Umsatzrückgangs schrumpfte, ist der Betriebsbestand des Handwerks nur geringfügig gesunken (Rückgang im Jahr 2001 nur um 0, 8 Prozent, 2002 nur um 0,9 Prozent). Daher ist es nicht plausibel anzunehmen, dass ein sprunghafter Anstieg bei Neugründungen die Wirtschaftslage des Handwerks zum Besseren wenden könnte. Da die für Handwerksleistungen maßgebliche Binnennachfrage derzeit auf der Schattenseite der konjunkturellen Entwicklung steht, ist die Mehrzahl der Handwerkszweige mit stagnierenden Absatzmärkten konfrontiert. Daher würde es auch "keine Existenzgründungswelle auslösen, falls künftig die Meisterprüfung als Zugangsvoraussetzung in die Selbstständigkeit wegfallen sollte", kommentierte Nehrhoff die Absicht der Bundesregierung bei der Änderung der Handwerksordnung. Die Meisterprüfung sei nicht der Engpass, vielmehr gebe es bundesweit hunderttausende von Handwerksmeistern, die nicht in die Selbstständigkeit gegangen sind, aus dem schlichten Grund weil "der Markt für handwerkliche Produkte und Dienstleistungen begrenzt ist, weil die Nachfrage fehlt".
Nach Nehrhoffs Einschätzung können nur Existenzgründungen mit einem fundierten Konzept, hoher Qualifikation und ausreichend Eigenkapital die Erschließung neuer Absatzmärkte, beispielsweise im Auslandsgeschäft, angehen. Solche Innovationen seien aber von den Betriebsgründungen von Arbeitslosen im Regelfall nicht zu erwarten, die Förderung beispielsweise der sogenannten "Ich-AG" sei daher der falsche Weg, das führe nur zu prekären Gründungen von Kleinstbetrieben, die sich auf bereits übersättigten Märkten durch Dumpingpreise über Wasser zu halten versuchten. Damit entstehen aber keine Betriebe, die "die dringend gebrauchten neuen Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen", so Nehrhoff.
Quelle und Kontaktadresse:
Handwerkskammer zu Köln
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