Pressemitteilung | Baden-Württembergischer Handwerkstag e.V.

Handwerk: Finger weg vom dualen Ausbildungssystem!

(Stuttgart) - Das baden-württembergische Handwerk fordert eine systematische Stärkung der dualen Ausbildung und den Verzicht auf Experimente an den Fundamenten dieses Bildungssystems. Eine entsprechende Resolution verabschiedete jetzt der Beirat des Baden-Württembergischen Handwerkstages (BWHT).

Die Politik bringe gegenüber dem Handwerk immer wieder die Erwartung zum Ausdruck, dass es sich um eher leistungsschwache Jugendliche kümmern solle, sagte Landeshandwerkspräsident Joachim Möhrle in diesem Zusammenhang. Diese jedoch seien oft nur bedingt oder gar nicht ausbildungsfähig. Gleichzeitig fielen ungelernte Tätigkeiten weg und die Anforderungen in den Ausbildungsordnungen stiegen. Das Ziel, dass möglichst jeder junge Mensch eine berufliche Erstausbildung abschließen sollte, rücke damit in immer weitere Ferne. Dieses gesellschaftspolitische Dilemma betreffe die Handwerksbetriebe unmittelbar, da ihre Leistungsfähigkeit und damit auch ihre Wettbewerbsfähigkeit nur über die Qualifikation der Inhaber und Mitarbeiter zu gewährleisten sei: „Je kleiner ein Betriebe ist, desto mehr ist auf die Handlungskompetenz jedes einzelnen Beschäftigten angewiesen.“

Steige die Zahl der nicht ausbildungsfähigen leistungsschwachen Jugendliche weiter, die versuchen, in der handwerklichen, über die duale Berufsausbildung Fuß zu fassen, verstärkten sich für das Handwerk eine Reihe von Problemen, erklärte Möhrle. Betriebe zögen sich aufgrund von schlechten Erfahrungen immer mehr aus der Ausbildung zurück, mit weniger qualifizierten Mitarbeitern lasse die Leistungsfähigkeit der Betriebe nach. Möhrle: „Das Image des dualen Ausbildungssystems sinkt und führt dazu, dass weniger leistungsstarke Jugendliche eine berufliche Ausbildung als attraktive Alternative nach der Schule erkennen.“ Durch die Umstellung der Studiengänge auf Bachelor und Master wachse außerdem die Konkurrenz um leistungsstarke Jugendliche auch zwischen den Bildungssystemen weiter. Werde gleichzeitig die schulische Ausbildung grundsätzlich aufgewertet, so verkümmere das duale Ausbildungssystem mehr und mehr zu einem System der Restversorgung. „Man sollte nicht außer Acht lassen, dass dies auch eine Überwälzung der Ausbildungskosten auf den Staat zur Folge hätte“, warnte Möhrle.

Wörtlich fordert das Handwerk in der Resolution unter anderem

- „die Sicherung des dualen Ausbildungssystems durch das konsequente Festhalten am Berufsprinzip sowie an den damit verankerten betriebsübergreifenden Kammerprüfungen

- den Verzicht auf die Kürzung von Mitteln, die dieses von Wirtschaft und Staat gemeinsam getragene Ausbildungssystem unterstützen

- die Umsetzung der Koalitionsvereinbarung auf Bundesebene mit der unmittelbaren Verknüpfung von Hochschulreife und besonders qualifiziertem Gesellenabschluss. Im Einzelnen bedeutet dies, a) den uneingeschränkten Hochschulzugang für Meister und gleichwertige Qualifikationen, b) den Fachhochschulzugang für Gesellen

- die Beschleunigung der flächendeckenden Umsetzung der schulpolitischen Reformen, insbesondere der flächendeckenden Einführung von Ganztagsschulen mit einer neuen Bildungskonzeption.“

Außerdem fordern die Handwerksorganisationen, die allgemein bildenden Schulen nicht aus der Pflicht zu entlassen, die Ausbildungsreife und verlässliche Berufsorientierung verbunden mit der Berufseignung der Jugendlichen während der Pflichtschulzeit zu erreichen und dazu alle Maßnahmen dem Postulat der individuellen Förderung zu unterwerfen. Möhrle: „Berufsorientierung muss zum Pflichtthema in der Schule und in der Lehreraus- und -fortbildung werden.“ Auch die beruflichen Schulen müssten sich verstärkt ihrer Aufgabe widmen, sich um besonders benachteiligte Schülerlinnen intensiv zu kümmern.

Quelle und Kontaktadresse:
Baden-Württembergischer Handwerkstag (BWHT) Eva Hauser, Referentin, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Heilbronner Str. 43, 70191 Stuttgart Telefon: (0711) 26 37 09-0, Telefax: (0711) 263709-100

(sk)

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