Pressemitteilung | Kreishandwerkerschaft Schwalm-Eder

Handwerk meldet 100 Ausbildungsplätze weniger im Kreis

(Schwalm-Eder) - Dass es schwierig würde, die Ausbildungszahlen des Vorjahres zu erreichen, war der Kreishandwerkerschaft Schwalm-Eder im Vorfeld klar. Insgeheim hatte man auf ein stabiles Ergebnis gehofft, sagte Kreishandwerksmeister Klaus Schott (Frielendorf). Die Hoffnung stützte sich auf sehr positive Ergebnisse des Arbeitsamtes Marburg, zu dem auch der Altkreis Ziegenhain gehört, welches ein deutliches Plus von über 19 Prozent im Handwerk des Arbeitsamtsbezirkes signalisierte. „Dieser Trend hat sich leider umgekehrt“, bedauert Schott. Unter dem Strich stehen mit Stichtag 31. Dezember 2003 exakt 100 Lehrstellen im Handwerk weniger zu Buche als Ende 2002. Gleichzeitig markieren die 1.366 Lehrstellen einen erneuten Tiefstand im Schwalm-Eder-Kreis. Seit dem Hoch 1998 mit 1711 Verträgen hat das Handwerk 345 Ausbildungsstellen im Schwalm-Eder-Kreis verloren. „Die Tendenz bleibt leider weiter negativ und nehme an Dynamik zu“, sagte Kreishandwerksmeister Schott mit Blick auf die neu eingetragenen Lehrverträge. Die neuen Lehrverträge gingen von 514 auf 507 leicht zurück, gleichzeitig sank die Zahl der Lehrstellen insgesamt um 100, im Vorjahr waren es noch 58 weniger. Im Vergleich mit den anderen nordhessischen Landkreisen findet sich der Schwalm-Eder-Kreis im hinteren Bereich wieder. Gewinner bei den Neuverträgen waren die Landkreise Marburg-Biedenkopf (+22%), Hersfeld-Rotenburg (+17,1%) und der Werra-Meißner (+13,4%). Diese Zahlen lassen allerdings auf Sondermaßnahmen schließen, die am ersten Arbeitsmarkt vorbeigehen, was bedenklich sei. Am Ende finden sich Kassel-Stadt (-7,9%) , der Landkreis Fulda (-2,2%) und der Schwalm-Eder-Kreis (-1,4%) wieder.

Nichts los
Die Gründe für die schwachen Ausbildungszahlen gehen mit der Wirtschaftskrise und den schlechten Rahmenbedingungen für mittelständische Betriebe einher. „Es ist einfach nichts los“, kennzeichnet Schott die Lage und spricht von der schwierigsten Wirtschaftslage für viele mittelständische Unternehmen seit dem Kriegsende. „Am schlimmsten ist die Verunsicherung, die durch die Politik verursacht wird. Das ständige verändern der Lebensgrundlagen macht die Leute und die Unternehmen verrückt, es erinnert eher an eine Großbaustelle, wo jeder macht was er will und keiner weis was eigentlich gebaut werden soll“, sagte Schott mit Blick auf Berlin. Die Nachfrage stagniere auf niedrigem Niveau. Die öffentlichen Auftraggeber fahren ihre Investitionen wegen desolater Haushaltslagen immer weiter runter. Die privaten Haushalte halten sich wegen vieler Unsicherheiten merklich zurück. Auch die gewerblichen Aufträge werden bei rund 40.000 Unternehmenspleiten und Verlagerungen ins Ausland weniger. An der Beschreibung der Lage hat sich seit einigen Jahren nicht viel geändert. In Gesprächen mit Politikern werde immer verständnisvoll genickt, aber ändern tut sich nichts. Immer wieder werde auf Berlin oder Brüssel hingewiesen. „Die Hilflosigkeit der Wirtschaftspolitik ist erschreckend“ fasst Schott zusammen. Die Probleme, die den Mittelstand umtreiben, seien noch immer die gleichen und Lösungen nicht in Sicht, sagte Schott. Im lohnintensiven Handwerk treiben die hohen Lohnnebenkosten den Schwarzarbeitern die Aufträge geradezu in die Arme. Die staatlich subventionierten Ich-AGs und die immer wieder in Fragestellung des Meisterbriefs als Basisqualifikation zur Selbstständigkeit im Handwerk hinterlassen ihre Spuren, zum Beispiel in der Ausbildung. „Anlernen statt ausbilden“ ist der Trend. Warum soll ein Handwerksmeister ausbilden, wenn sich unser Geselle an der nächsten Ecke selbstständig machen kann und dann noch durch staatlich Subventionen begünstigt mit uns in Konkurrenz tritt. Noch kritischer sieht Schott die im Handwerk ausgebildeten Industriearbeiter, die nebenbei noch ein Gewerbe anmelden. Sie treten mit den Ausbildungsbetrieben in einen ungleichen Wettbewerb, den die Ausbildungsbetriebe nicht gewinnen können. Auch die EU-Osterweiterung wird zu einer weiteren Verschärfung der Lage führen. „Unsere Betriebe werden die Kostennachteile nur schwer auffangen können, auch das wird sich negativ auf die Ausbildung auswirken, meinte Kreishandwerksmeister Schott.

Nur Verlierer
Unter den starken Ausbildungsberufen gibt es im Schwalm-Eder-Kreis in diesem Jahr keine Gewinner. Der Kraftfahrzeugmechatroniker, der traditionell der stärkste Ausbildungsberuf im Kreis ist, konnte mit 213 Verträgen die gleiche Größe aufweisen wie im Vorjahr. Ebenfalls unverändert blieb die Zahl der Bäckerei-Fachverkäuferinnen. Ansonsten herrscht die Farbe rot in der Jahresbilanz vor. Am stärksten betroffen sind die Berufe Elektroniker (-16) Maler- und Lackierer (-12), Bäcker (-12), Zimmerer (-11), Tischler (-10), Friseur (-10). Werden in vielen Bau- und Baunebengewerken aufgrund der allgemeinen Flaute weniger Lehrstellen angeboten, so stöhnen die Bäcker und die Fleischer über mangelnde Nachfrage. In beiden Berufen gab es noch freie Stellen, die nicht besetzt werden konnten. Problematisch sei auch, dass die Bewerber oft die Voraussetzungen für den Beruf nicht erfüllten. Nicht umsonst habe die Wirtschaft die Erwartungen in einem Katalog „Was die Wirtschaft von Schulabgänger erwartet“ zusammengefasst. Der Forderungskatalog sei bei der Kreishandwerkerschaft erhältlich. Schott appellierte an die Eltern, die Schüler und die Lehrer, sich rechtzeitig mit der Berufswahl auseinander zu setzten. Wichtig sei eine möglichst realistische Selbsteinschätzung der Bewerber und genaue Kenntnisse über den Beruf. „Es ist keinem geholfen, wenn der Lehrling erst in der Lehre erkennt, dass der Beruf doch nicht das Richtige für ihn ist“, meinte Schott. Auch die Betriebe müssten sich Fragen, ob das bisherige Auswahlverfahren geeignet sei. Von einigen Innungen werde bereits seit einiger Zeit Eignungstests angeboten. Dieser würden Bewerber und Betriebe bei der Entscheidungsfindung helfen. „Jahrelang haben viele unserer Betriebe auch leistungsschwächere Bewerber berücksichtigt, die sich dann sehr schwer taten, das Ausbildungsziel zu erreichen. Auch hier scheint ein Umdenken stattzufinden. Die Anforderungen an die Lehrlinge sind in den letzten Jahren in den Handwerksberufen deutlich gestiegen, erklärte der Kreishandwerksmeister. Trotz der angespannten Lage appellierte Schott an die Handwerksbetriebe, weiterhin auszubilden und so die Leistungsfähigkeit der Betriebe zu erhalten. Schließlich brauche das Handwerk gut ausgebildete Fachkräfte, besonders um individuelle Wünsche des Kunden zu erfüllen. Darin unterscheide sich das Handwerk von Produkten von der Stange.

Quelle und Kontaktadresse:
Kreishandwerkerschaft Schwalm-Eder Wolfgang Scholz, Öffentlichkeitsreferent Rudolf-Harbig-Str. 6, 34576 Homberg / Efze Telefon: 05681/98810, Telefax: 05681/988190

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