Handwerkstag fordert: Vorfahrt für duale Ausbildung
(Stuttgart) - Der Fachkräftemangel wird immer mehr zu einem zentralen Problem für das baden-württembergische Handwerk und damit auch für die Entwicklung der Wirtschaft im Land. Die Mitgliedersammlung des Baden-Württembergischen Handwerkstages (BWHT) appelliert deshalb in zwei Resolutionen an die Landespolitik, die duale berufliche Ausbildung deutlich zu stärken, das vollzeitschulische Angebot der demografischen Entwicklung anzupassen und die Plätze an beruflichen Gymnasien und an den Berufskollegs nicht weiter auszuweiten. Das Handwerk setzt stattdessen auf die duale Ausbildung in Verbindung mit der Fachhochschulreife.
Die duale Ausbildung hat in den letzten Jahren gegenüber schulischen beruflichen Ausbildungen weiter an Boden verloren. Zum demografischen Wandel kommt der Trend, dass sich vor allen Dingen gut qualifizierte Schulabgänger nicht für eine Ausbildung im dualen System entscheiden, sondern weiter auf schulische Laufbahnen setzen. Das Handwerk bringt in der Resolution seine Sorge zum Ausdruck, dass die Politik den mittel- und langfristigen Fachkräftebedarf nicht gezielt und beherzt ins Visier nimmt. Die schlichte Erfüllung des aktuell diskutierten Wunschs nach einem Rechtsanspruch auf einen Schulplatz etwa an den beruflichen Gymnasien sei kontraproduktiv, wenn die Auswirkungen solcher Entscheidungen auf das duale System nicht zu Ende gedacht würden.
Wörtlich heißt es in der Resolution weiter: "Das Handwerk muss die Probleme vollschulischer Ausbildungsgänge zunehmend erleiden. So kann die im Berufskolleg vermittelte berufspraktische Kompetenz nicht das gewährleisten, was die handwerkliche Berufspraxis benötigt."
Eltern und Schülern müsse deutlich gemacht werden, dass die duale Ausbildung mit der Option weiterer schulischer und akademischer Ausbildungsschritte eine Bereicherung und Absicherung der künftigen Arbeitsbiografie der jungen Menschen darstelle. Notwendig sei eine wesentlich stärkere Berufsorientierung in allen Schularten, nicht nur in der Haupt- und der Werkrealschule, sondern gleichermaßen in der Realschule und im Gymnasium. Dabei müsse deutlich gemacht werden, dass die duale Ausbildung attraktive und gleichwertige Chancen eröffnet und darüber hinaus zahlreiche Zusatznutzen bietet von sehr guten Übernahmechancen über die Doppelqualifikation Berufsabschluss plus Fachhochschulreife bis hin zur Durchlässigkeit zum Studium.
Finanzielle Einschnitte bringen berufliche Bildung in Schieflage
Die BWHT-Mitgliederversammlung forderte außerdem in einer weiteren Resolution eine klare Positionierung der Politik auf Landes- und Bundesebene zugunsten der beruflichen Vielfalt und der Gleichbehandlung der Lehrlinge. Die Chancengleichheit für die duale Ausbildung gerate durch immer weitere finanzielle Einschnitte zunehmend in Schieflage, während studienfördernde Maßnahmen verstärkt ausgebaut würden.
Als Beispiel nennt die Resolution den Blockunterricht in Landes- oder Bundesfachklassen, der nicht unerhebliche Fahrt- und Übernachtungskosten verursacht. Der Handwerkstag fordert hierfür einen finanziellen Ausgleich ein. Für Ausbildungsverhältnisse mit wohnort- oder betriebsfernen Lernorten liefen oft Mehrkosten bis zu 6.000 Euro auf, die in steigendem Maße von den Auszubildenden oder deren Eltern selbst getragen werden müssen. Diese finanzielle Belastung erweise sich zunehmend als Ausbildungshemmnis.
Eine Benachteiligung von Lehrlingen in geringer besetzten Berufen, für die es vor Ort keine Fachklassen gebe, wäre aus Sicht des Handwerks fatal für die Fachkräftesicherung. Die Unterstützung von Reise- und Unterkunftskosten bei solchen Ausbildungsverhältnissen müsse analog zum BaföG an die gestiegenen Lebenshaltungskosten angepasst werden.
Der Politik müsse bewusst sein, heißt es in der Resolution weiter, dass eine Benachteiligung und damit mangelnde Attraktivität der beruflichen Ausbildung den Mangel an Fachkräften massiv verstärke und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und vor allen Dingen des Handwerks deutlich schwäche.
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