Handwerkstag: Nachwuchsprobleme aktiv angehen
(Stuttgart) - Bereits im zweiten Jahr in Folge sind die neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im baden-württembergischen Handwerk rückläufig. Gegenüber dem Vorjahr wurden drei Prozent weniger Lehrverträge abgeschlossen. Noch in diesem Jahr will das Handwerk mit einer landesweiten Image- und Informationskampagne dem drohenden Nachwuchsmangel einen Riegel vorschieben.
Im Jahr 2002 wurden insgesamt 21.836 neue Ausbildungsverträge - 685 weniger als im Vorjahr - unter Dach und Fach gebracht. Gleich ein ganzes Bündel von Gründen sei für den erneuten Rückgang verantwortlich, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Baden-Württembergischen Handwerkstages (BWHT), Hartmut Richter. Die Wirtschaftskrise habe die Betriebe fest im Griff. Das Handwerk im Land habe im letzten Jahr rund 2.300 Ausbildungsbetriebe verloren. Hinzu komme der klare Trend zu weiterführenden Schulen. Parallel dazu bereite die mangelnde Ausbildungsfähigkeit vieler Bewerber Probleme. Richter: ,,Manche Betriebe haben es schlicht aufgegeben, auf geeignete Bewerber zu warten.''
Die stärksten Einbrüche bei den neu abgeschlossenen Lehrverträgen gab es im Bekleidungs-, Textil- und Ledergewerbe (- 7,7 Prozent), im Bau- und Ausbaugewerbe ( - 7,2 Prozent), beim Holzgewerbe (- 7,4 Prozent) und bei den Glas-, Papier-, Keramischen und Sonstigen Gewerben (- 9,2 Prozent). Moderater fiel der Rückgang im Elektro- und Metallgewerbe (- 4,6 Prozent) und im Gesundheitsgewerbe (- 2,3 Prozent) aus. Zuwächse gab es nur im Nahrungsmittelgewerbe mit 5,1 Prozent mehr abgeschlossenen Lehrverträgen sowie bei den kaufmännischen Ausbildungsberufen (+ 3,2 Prozent).
Zu den Spitzenreitern in der Beliebtheitsskala zählten bei den Mädchen erneut die Friseurin, die Fachverkäuferin im Bäcker- und im Fleischerhandwerk, die Bürokauffrau und die Augenoptikerin. Bei den männlichen Lehrstellenbewerbern führten wie im Vorjahr die Kraftfahrzeugmechaniker, die Elektroinstallateure, die Maler und Lackierer sowie die Tischler die Hitliste an.
Das Handwerk sehe sich in der Pflicht, seine Ausbildungsanstrengungen auf dem bisherigen hohen Niveau zu halten und möglichst noch auszubauen, sagte Richter. Rund 57.500 junge Menschen absolvierten derzeit eine handwerkliche Ausbildung. Die Zahlen bestätigten die starke Position des Handwerks in der Aus- und Weiterbildung. Insgesamt wurden in Baden-Württemberg sechs Prozent weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen als im Jahr zuvor, Industrie und Handel hätten sogar einen weit überproportionalen Rückgang von neun Prozent zu verzeichnen. Richter: ,,Ohne die große Ausbildungsbereitschaft im Handwerk auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wäre die Gesamtbilanz wesentlich schlechter ausgefallen.''
Richter sieht gute Chancen, im Handwerk wieder zu einem ausgeglichenen Ausbildungsmarkt zu kommen: ,,Voraussetzung ist allerdings, dass die Bewerber in ihrem Berufswahlverhalten flexibler werden.'' Er wies darauf hin, dass rund 13.000 Lehrstellen nicht besetzt werden konnten. Dies gelte vor allem für die Nahrungsmittelhandwerke und die Bau- und Ausbauberufe. Zudem sei das Potenzial im Handwerk noch längst nicht ausgeschöpft: ,,Etwa ein Drittel der ausbildenden Betriebe hätte bei genügend qualifizierten Bewerbern zusätzliche Ausbildungsplätze angeboten.'' Dies habe eine Umfrage des Handwerkstages ergeben. Das Handwerk werde sich angesichts des Nachwuchs- und damit auch eines zu erwartenden Fachkräftemangels nicht tatenlos zurücklehnen: ,,Die Informationskampagne wird jungen Menschen zeigen, welche Karrierechancen im Handwerk liegen.''
Die 117.000 Handwerksbetriebe in Baden-Württemberg beschäftigen mehr als 750.000 Mitarbeiter, bilden rund 57.500 junge Menschen aus und erwirtschaften einen Umsatz von 64 Milliarden Euro.
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Baden-Württembergischer Handwerkstag
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