Pressemitteilung | Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands e.V. (VKD)

Hoffnung und Skepsis halten sich die Waage

(Berlin) - Die neue Regierung steht, die Ministerinnen und Minister sind vereidigt, der Kanzler ist gewählt. Der Koalitionsvertrag wurde von CDU, CSU und SPD geeinigt. Eine Aufbruchstimmung ist jedoch nicht wirklich zu spüren, schon gar nicht nach diesem schwierigen Start mit zwei Versuchen zur Kanzlerwahl. Doch vielleicht kommt die Stimmung noch mit der Arbeit an der Zukunftsfähigkeit – auch des Gesundheitswesens. Zumindest wurde für die Krankenhäuser das ambitionierte Ziel ausgegeben, bis zum kommenden Sommer gesetzlich die Krankenhauslandschaft aufbauend auf der Krankenhausreform weiterzuentwickeln. Eine durchaus ambitionierte Aufgabe für die neue Bundesgesundheitsministerin und ihr Ressort.

Neue Bundesgesundheitsministerin ist Nina Warken – mit ihrer Ernennung für das Gesundheitsressort hatte wohl kaum jemand im Gesundheitsbereich gerechnet, obwohl sie Politik auf Landes- und Bundesebene schon lange mitgestaltet – als Generalsekretärin der CDU Baden-Württemberg, als Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Mitglied im Corona-Begleitgremium des Gesundheitsausschusses. Wir wünschen ihr als Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands viel Erfolg für die konstruktive Weiterentwicklung der Krankenhausreform. Für eine zukunftsfähige Gesundheitsversorgung erhoffen wir uns als Praktiker einen konstruktiven Dialog mit der neuen Ministerin und ihrem Ministerium – einen Dialog, den wir in den letzten Jahren leider vermisst haben.

Nina Warken bekommt kompetente Unterstützung durch zwei Parlamentarische Staatssekretäre, Tino Sorge und Dr. Georg Kippels, die langjährige Erfahrung in der Gesundheitspolitik mitbringen und große Achtung auch im Krankenhausbereich genießen. Tino Sorge war zuletzt Mitglied des Gesundheitsausschusses im Bundestag und in der vergangenen Legislatur gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Dr. Georg Kippels wirkte zuletzt ebenfalls als Mitglied im Gesundheitsausschuss sowie im Unterausschuss Globale Gesundheit und dort als Sprecher der Unionsfraktion.

Im VKD ist man einerseits froh, dass sich einige wichtige Forderungen des Verbandes im Koalitionsvertrag wiederfinden. Andererseits sind diese Vorhaben eher unkonkret formuliert, so dass leider auch Skepsis angebracht scheint. Das hatte sich im Papier der Arbeitsgruppe Gesundheit noch konkreter gelesen.

So ließ der im Sondierungspapier in Aussicht gestellte Ausgleich in Höhe von vier Milliarden Euro für die in den Jahren 2022 und 2023 entstandene Betriebskostenlücke leichten Optimismus aufkeimen. Im Koalitionspapier wird nun, ohne konkret zu werden, nur auf das Sondervermögen Infrastruktur verwiesen. Falls das tatsächlich, möglichst zügig, realisiert würde, wäre es natürlich eine Entlastung, aber leider langfristig unzureichend. Aus Sicht des VKD darf sich für eine dauerhafte Entschärfung der aktuellen Insolvenzrisiken deutscher Krankenhäuser diese Maßnahme nicht in einer Einmalzahlung erschöpfen. Sie müsse sich auch in den Folgejahren im Landesbasisfallwert niederschlagen. Die Hoffnung des VKD, dass diese selbstverständliche Logik der Finanzierung im Koalitionsvertrag Berücksichtigung finden werde, erfüllt sich nun nicht. Damit wird sich die schwierige wirtschaftliche Lage der Kliniken mit der Umsetzung der Krankenhausreform ab 2027 fortsetzen – ein Start in die Krankenhausreform aus der Krise heraus ist kein guter Start.

Dass die nicht nur im VKD sehr kritisch bewertete Vorhaltefinanzierung nicht sofort ausgesetzt wird, bis ein tatsächlich fallzahlunabhängiges Modell zur Verfügung steht, ist sehr enttäuschend. Die zumindest angedachten und bereits genannten Einmalzahlungen für zwei Jahre enden mit Beginn der Umsetzung der Finanzierungsreform. Damit sinkt die Basis des Vorhaltebudgets wieder auf ein unzureichendes Niveau. Gerade kleine Kliniken in ländlichen Regionen werden damit keinesfalls gesichert – im Gegenteil, sie werden in ihrem Bestand weiter gefährdet. Hier bleibt nur die Hoffnung, dass sich in der Praxis die voraussichtlich negativen Wirkungen sehr bald deutlich zeigen und dann doch noch eher Korrekturen erfolgen.

Positiv bewertet wird vom VKD, dass für die strukturellen Änderungen der Krankenhausplanung zunächst NRW-pur plus 1 gelten soll. Das wurde auch im Koalitionsvertrag so festgelegt. Das ermögliche zunächst, an einer bereits in der Umsetzung befindlichen Systematik konkrete Erfahrungen zu sammeln, die dann in eine Weiterentwicklung auf der Bundesebene positiv einfließen können. Dass eine Evaluation der Leistungsgruppen vorgesehen ist, ermöglicht eine praxisnahe Weiterentwicklung und wird begrüßt.

Zum Thema Notfallreform finden sich leider im Koalitionsvertrag nur pauschale Ankündigungen ohne tatsächlich konkret zu werden, obwohl hierzu bereits ein Gesetzentwurf vorliegt, auf dem aufgebaut werden könnte. Im Koalitionsvertrag heißt es nur, dass Gesetze zur Notfall- und Rettungsdienstreform auf den Weg gebracht werden sollen. Die Notfallversorgung ist inzwischen zu einem brisanten Thema für die Bevölkerung geworden. Von den Kliniken ganz zu schweigen, die für Ihre Notfallleistungen seit vielen Jahren nicht ausreichend finanziert werden und zusätzlich immer mehr die ambulante Notfallversorgung übernehmen müssen.

Auch im Koalitionsvertrag wird einmal mehr eine erhebliche Bürokratieentlastung versprochen. Bürokratieabbau bedeutet in erster Linie zunächst Abbau der Misstrauenskultur von Politik und Krankenkassen gegenüber den Leistungserbringern. In einem echten Bürokratieentlastungsgesetz liegt das erhebliche Potenzial, Kosten zu reduzieren und auch den Personalmangel deutlich zu reduzieren. Gleichzeitig entlastet es personell und kostenmäßig aber auch die Kontrolleure – eine wirkliche Win-Win-Situation. Vorschläge liegen längst vor. Warum sie bisher nicht umgesetzt wurden, erschließt sich nicht. Gleichzeitig bedeutet die Umsetzung der Krankenhausreform weiteren Bürokratieaufbau. Hier muss ebenfalls zügig „entkernt“ werden. Die Ankündigung im Koalitionsvertrag, die Prüfquote bei Krankenhäusern durch den Medizinischen Dienst erheblich zu senken, indem das Prüfergebnis der Stichproben auf 100 Prozent hochgerechnet wird und bei regelhaft unauffälligen Prüfungen die Prüffrequenz angepasst wird, kann nur begrüßt werden.
Positiv zu werten ist insgesamt sicher, dass die Koalition, wie es der Koalitionsvertrag zeigt, den Willen hat, die Krankenhausreform praxistauglich zu reformieren. Viele Detailfragen sind noch offen, aber wir bleiben als VKD zuversichtlich, dass dies gemeinsam – Politik und Praxis – zum Erfolg führen wird.

Quelle und Kontaktadresse:
Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands e.V. (VKD), Andreas Tyzak, Pressesprecher(in), Oranienburger Str. 17, 10178 Berlin, Telefon: 030 28885911

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