Pressemitteilung | k.A.

Im Einzelhandel herrscht immer noch Winter / Zweckoptimismus lässt für 2003 auf ´schwarze Null` hoffen

(Berlin) - Anlässlich der Frühjahrs-Pressekonferenz des Handelsverband BAG erklärte Präsident Walter Deuss am 11. März vor Journalisten: “Nach der trüben Bilanz, die der Einzelhandel für das Jahr 2002 ziehen musste, sind auch im laufenden Jahr keine verlässlichen Ansatzpunkte für eine bevorstehende Wende auszumachen. Im Einzelhandel herrscht immer noch Winter”. Vor dem Hintergrund der großen Unsicherheit um die Vorgänge im Irak und der anhaltend trüben Konsumstimmung flüchteten sich viele Einzelhandelsunternehmen in Zweckoptimismus, wenn sie von einer Besserung der Umsatzentwicklung in 2003 ausgingen und auf eine sogenannte ´schwarze Null´, bestenfalls auf ein nominales Plus von 0,5 Prozent hofften. Aufgrund der knappen Eigenkapitalausstattung der Unternehmen und der zunehmend erschwerten Kreditaufnahme rechne die Branche jedoch auch im laufenden Jahr wiederum mit nahezu 10.000 Insolvenzen, verbunden mit dem Verlust weiterer ca. 30.000 Arbeitsplätze.

Deuss begrüßte die Initiative der Bundesregierung, die Ladenöffnungszeiten an Samstagen bis 20.00 Uhr zu verlängern und plädierte dafür, die Reform schnell umzusetzen. Der Samstag habe sich längst zum Haupteinkaufstag entwickelt. Auch eine Gewerkschaft, die sich “Dienstleistungsgewerkschaft” nennt, müsse akzeptieren, dass die Regelung der Öffnungszeiten nicht länger an den Wünschen der Verbraucher vorbeigehen könne. Deuss signalisierte, der Handelsverband BAG sei zu sofortiger Aufnahme von Verhandlungen zur Anpassung der Manteltarifverträge bereit, warnte die Gewerkschaften jedoch vor dem Versuch, die Auseinandersetzung um den gesetzlichen Ladenschluss für die anstehende Lohn- und Gehaltsrunde zu instrumentalisieren: “Das Letzte, was der Branche und den in ihr arbeitenden Menschen nützt, sind erneut überhöhte Lohnforderungen. Der Versuch, dem Einzelhandel für die Arbeitszeiten an den verlängerten Samstagen Zuschläge abzutrotzen, gefährdet Arbeitsplätze”.

An die Adresse der Bundesregierung appellierte Deuss, im weiteren parlamentarischen Verfahren eine Differenzierung der Öffnungszeiten zu Gunsten der Städte durchzusetzen, um die vielerorts bestehenden Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil der innerstädtischen Einzelhandelsszenen zu vermindern.

Ebenso forderte Deuss die Bundesregierung auf, bei der anstehenden Reform des Kündigungsschutzes für mehr Rechtssicherheit und Berechenbarkeit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu sorgen: “Die notwendige Lockerung des Kündigungsschutzes über Abfindungen zu lösen, ist nur dann ein gangbarer Weg, wenn ihn beide Parteien eines Arbeitsvertrages beschreiten können”. Für Unternehmen mit bis zu 20 Mitarbeitern sollten innerhalb einer Vertragsdauer von drei Jahren nur relativ geringe Abfindungsbeträge festgelegt werden. Die Vorschriften für die Sozialauswahl müssten den betrieblichen Interessen mehr Raum geben. “Es muss möglich sein, bei notwendigen Kündigungen die Leistungsträger im Unternehmen zu behalten”, so Deuss weiter.

Deuss warnte mit Nachdruck davor, angesichts fehlender Steuerzuflüsse erneut über eine Anhebung der Mehrwertsteuer nachzudenken. Die mit ihr verbundene Abschöpfung der Kaufkraft würde das Konsumklima zusätzlich belasten. “Für den Einzelhändler bedeutete das Margenverluste, denn aufgrund der allgemeinen Kaufzurückhaltung ist es ihm nicht möglich, die erhöhte Mehrwertsteuer auf seine Kunden zu überwälzen”.

Dringenden Nachbesserungsbedarf sah Deuss bei der Neufassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Dort sei die Zulässigkeit von Räumungsverkäufen auf die Aufgabe des gesamten Unternehmens abgestellt, so dass anlässlich der Schließung nur einer Filiale ein Räumungsverkauf nicht stattfinden dürfe. Deuss: “Diese Regelung ist vor allem dann unsinnig, wenn sich die nächstgelegene Filiale an einem weit entfernten Ort befindet und sich die Verlagerung von Warenbeständen aus logistischen und Kostengründen verbietet”. Auch der im Gesetzentwurf vorgesehene sogenannte ´Mehrerlösabschöpfungsanspruch´ sei Unsinn. Allein die Feststellung des unlauter erworbenen Vorteils sei nicht unproblematisch, da die Gefahr bestehe, dass Konkurrenten im öffentlichen Verfahren zu Informationen gelangten, die sie im Wettbewerb nutzen können. Die schon heute bestehenden rechtlichen Möglichkeiten, verbraucherschädigendes Verhalten im Wettbewerb sofort zu unterbinden, reichten völlig aus. Es sei nichts dagegen einzuwenden, so Deuss weiter, den Verbrauchern z.B. durch genauere Produktinformation mehr Rechte einzuräumen, aber auch im Fall der gesetzlichen Auskunftspflicht müsse man die Kirche im Dorf lassen. “Der Verbraucher ist kein zu pamperndes Wesen, sondern weit selbstbewusster und informierter, als es diesem antiquierten Bild entspricht”.

Die Einführung einer City-Maut nach Londoner Vorbild lehnte Deuss ab. Da Einzelhandelsstandorte auf der ´grünen Wiese´ bereits heute bequemer mit dem Auto zu erreichen seien als die Innenstädte und zudem keine Parkgebühren kennen, würde eine City-Maut zu einer Doppelbelastung führen: “Wer bereits bei der Einfahrt in die Innenstadt zur Kasse gebeten wird, dürfte kein Verständnis dafür haben, dass er an der Parkhausschranke einen weiteren Obolus entrichten muss”. Eine weitere Verlagerung der Kundenfrequenz aus den Innenstädten wäre die Folge.

In diesem Zusammenhang warnte Deuss vor weiteren großflächigen Projekten in peripheren Lagen. Unter dem ungezügelten Flächenwachstum litten mittlerweile die Flächenproduktivitäten in der gesamten Branche. Eine erhebliche Anzahl der Insolvenzen im Einzelhandel sei auf diese Entwicklung zurückzuführen. Deuss forderte daher, die Flächennutzungsplanung bei der anstehenden Novellierung des Baugesetzbuches zu einem flexiblen Bestandsmanagement zu verpflichten, das nur im Ausnahmefall bislang unbesiedelte Flächen zur Nutzung durch Einzelhandelsaktivitäten freigebe. Die Kommunalverwaltungen forderte er auf, die heute schon verfügbaren planungsrechtlichen Instrumente so einzusetzen, dass eine unsinnige und falsch gelegene Flächenexpansion unterbleibe.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels e.V. (BAG) Atrium Friedrichstraße, Friedrichstr. 60 10117 Berlin Telefon: 030/2061200 Telefax: 030/20612088

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