Investmentbranche und Finanzdienstleister gegen Ungleichbehandlung bei Umsatzbesteuerung / Bohl: Deutscher Alleingang steht nicht im Einklang mit europäischem Recht
(Frankfurt am Main) - Die Absicht des Bundesfinanzministeriums (BMF), ab 1. Juli 2005 Leistungen bestimmter Vermittler umsatzsteuerpflichtig zu machen, wird von Investmentbranche und Finanzdienstleistern entschieden abgelehnt. Die Branche beruft sich dabei auf die EU-Investmentrichtlinie. Danach sind die Verwaltungstätigkeiten für Investmentfonds, zu denen auch der Vertrieb gehört, von der Umsatzsteuer befreit.
Friedrich Bohl, Vorstand der DVAG, sieht die Absicht des BMF als Ungleichbehandlung von Vermittlern an. Vermittler, die ihren Vermittlungsauftrag gegenüber einer Investmentgesellschaft mittelbar erfüllen, sollen künftig Umsatzsteuer auf Provisionserträge zahlen, Direktvertreter bleiben befreit. Dieses Vorgehen steht nicht im Einklang mit europäischem Recht. Hier soll im deutschen Alleingang die seit Jahrzehnten eindeutige europäische wie nationale gesetzgeberische Vorgabe der Umsatzsteuerfreiheit bei der Vermittlung einschließlich der Untervermittlung von Finanzprodukten ohne ersichtlichen Grund in Frage gestellt werden, sagt Bohl. Unabhängig von Form und Struktur des Vertriebs müsse dieser von der Umsatzsteuer befreit bleiben.
Nach Auffassung von BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V. und zahlreicher Finanzdienstleister handelt es sich bei der Entscheidung des BMF um einen nationalen Sonderweg. Vergleichbare Untervermittlungsleistungen seien in anderen bedeutenden EU-Ländern wie Frankreich, Großbritannien, Italien, Belgien und Österreich umsatzsteuerfrei. Dieser nationale Sonderweg führe zu Wettbewerbsnachteilen gegenüber ausländischen Vertriebsorganisationen. Diese können in Deutschland umsatzsteuerfreie Vermittlungsleistungen anbieten, auch im Rahmen von Strukturvertrieben; deutsche Anbieter hingegen nicht.
Dadurch käme es zu Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der unterschiedlichen Vertriebsformen. Für die großen Vertriebsgesellschaften gibt es Möglichkeiten, die Steuer zu vermeiden, sagt Axel-Günter Benkner, Sprecher des BVI-Vorstands, für die kleinen Vermögensberatungsfirmen bedeutet diese Steuer aber einen enormen administrativen Aufwand, und wesentliche Steuereinnahmen sind mit dieser Steuer sowieso nicht möglich.
Die geplante Umsatzsteuer auf Provisionen der Untervermittler würde deren Umsätze mit 16 Prozent belasten, die mangels Vorsteuerabzugsberechtigung nicht kompensiert werden könnten. Würde die Umsatzsteuerbelastung den Endkunden treffen, bedeute dies eine Verteuerung von Finanzprodukten, die insbesondere auch zur privaten Altersvorsorge eingesetzt werden, fürchtet DVAG-Vorstand Bohl: Dies widerspricht dem Ziel des Gesetzgebers, die private Altersvorsorge zu stärken.
Zur Vermeidung der Folgen aus dem BMF-Schreiben hatten BVI und die Finanzdienstleister den Finanzbehörden Lösungsansätze vorgestellt, um die Steuerfreiheit für Untervermittlungsprovisionen zu gewährleisten. Da der Vertrieb von Investmentfondsanteilen untrennbar zur Verwaltung von Sondervermögen gehöre, greife eine Befreiungsvorschrift des Umsatzsteuergesetzes (§ 4 Nr. 8 Buchstabe h UstG). Die Umsatzsteuerbefreiung könne auch dadurch erreicht werden, dass die Tätigkeit der Vermittler als Kommissionsgeschäft im Sinne einer Leistungskette betrachtet werde. Die Verbände müssen nun auf eine sachgerechte und schnelle Klarstellung durch das BMF vertrauen.
Quelle und Kontaktadresse:
BVI Bundesverband Investment und Asset-Management e.V.
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