IW-Verbandsumfrage: Stimmungswechsel
(Köln) - Sowohl die aktuelle Stimmung der deutschen Wirtschaft als auch ihre Erwartungen haben sich binnen der vergangenen zwölf Monate deutlich verbessert. Allerdings besteht zwischen den 42 vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) befragten Wirtschaftsverbänden ein recht großes Stimmungs- und Konjunkturgefälle.
So profitieren die exportorientierten Industriebranchen von der aufgehellten Weltkonjunktur und von der Euro-Schwäche gegenüber dem Dollar. Dagegen überwiegen in den binnenmarktorientierten Wirtschaftszweigen die Zweifel darüber, ob der Exportschub auch der Inlandsnachfrage genügend Impulse verleihen kann. In diesen Branchen ist zudem die Enttäuschung über die Steuer- und Abgabenpolitik der rot-grünen Bundesregierung besonders groß. In der Bauwirtschaft wiederum scheint zwar die Talsohle durchschritten, doch von einem tragfähigen Aufschwung mögen insbesondere die ostdeutschen Unternehmen noch nicht sprechen.
Zum Jahreswechsel 1999/2000 melden 20 der 42 befragten Verbände eine bessere Stimmung als vor einem Jahr, in lediglich neun Wirtschaftszweigen ist es umgekehrt. Damit hat sich das Verhältnis von Optimisten zu Pessimisten gegenüber der IW-Umfrage von vor einem Jahr exakt umgedreht. Besser als im Vorjahr laufen die Dinge derzeit insbesondere in den Exportbranchen Chemie, Maschinenbau, Elektrotechnik, Feinmechanik und Optik. Unverändert ist die Stimmung in Branchen wie der Automobilindustrie, der Druckindustrie, bei Versicherungen und Speditionen. Geradezu frostiges Klima herrscht dagegen in den konsumnahen Zweigen, vor allem in der Textil- und Bekleidungsindustrie sowie im mittelständischen Einzelhandel. Für fast alle Branchen gilt, dass der intensive Wettbewerb den Preisdruck erheblich verstärkt hat, und dass sich die überhöhten Lohnabschlüsse der Tarifrunde 1999 auf der Kostenseite nachteilig bemerkbar machen.
Mit sinkenden Produktions- und Umsatzzahlen für das Jahr 2000 rechnen nur noch 4 Branchen - im Vorjahr waren es noch 11 Wirtschaftszweige. Umgekehrt hat sich die Zahl derer, die von einer höheren Schlagzahl ausgehen, von 21 auf 27 erhöht.
Die für das kommende Jahr allgemein erwartete Belebung der Konjunktur wird nach Meinung der deutschen Wirtschaft allerdings nicht jene Dynamik erreichen, die für einen Aufbau der Beschäftigung nötig ist. So sehen 18 Wirtschaftszweige es schon als Erfolg, wenn sie ihre aktuellen Mitarbeiterzahlen halten können. Zudem stehen den 19 Branchen, die ihren Personalbestand weiter reduzieren müssen, nur ganze 5 gegenüber, die Neueinstellungen planen. Mit dem Handwerk, der elektrotechnischen Industrie und den EBM-Produzenten gehören dazu allerdings drei relativ beschäftigungsstarke Sektoren.
Viele Wirtschaftsverbände berichten, dass die Beschäftigung im ablaufenden Jahr ohne die teure Tarifrunde besser gelaufen wäre. Die gestiegenen Arbeitskosten haben statt dessen zusätzlichen Rationalisierungsdruck geschaffen. Zwar melden 13 Branchen für das Jahr 2000 ein steigendes Investitionsbudget, in 25 Zweigen sollen die Etats gleich bleiben und nur 4 rechnen mit weniger Ausgaben. Doch das Investitionsklima ist bei weitem nicht so günstig, wie es diese Zahlen suggerieren. Fast alle Branchen, die investieren wollen, tun dies vor allem, um zu rationalisieren - arbeitsplatzschaffende Erweiterungsinvestitionen sind dagegen meist an kostengünstigeren Standorten im Ausland vorgesehen.
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