Pressemitteilung | Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (BDSI)

Kein Zuckerschlecken für die deutsche Süßwarenindustrie

(Bonn) - Der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (BDSI) steht weiter vor großen Herausforderungen. Das vergangene Jahr und auch das erste Quartal 2023 waren geprägt durch große Unsicherheit auf den Beschaffungsmärkten. Dabei wirken sich insbesondere die seit Beginn des Ukrainekrieges stark gestiegenen Rohstoff- und Energiekosten aus. Trotz zuletzt leichtem Rückgang befinden sich die Energiepreise weiterhin auf hohem Niveau und liegen deutlich über denjenigen der europäischen und außereuropäischen Wettbewerber.

EU-Protektionismus gefährdet Versorgungslage bei Zucker

Besonders extrem sind die Preissprünge auf den Märkten für Zucker, Glukose und Dextrose. So hat etwa der Preis für Weißzucker in der EU inzwischen eine neue Rekordhöhe erreicht. Zudem ist die Versorgungslage mehr als angespannt. Unternehmen können ihren Bedarf an Zucker als Rohstoff nicht mehr ausreichend für einen längeren Zeitraum decken. Gerade bei den mittelständischen und kleineren Unternehmen macht dies eine vernünftige Preiskalkulation und Produktionsplanung extrem schwierig.

"In dieser äußerst angespannten Situation für die Süßwarenindustrie in Deutschland und der Europäischen Union muss die EU-Kommission endlich handeln und kurzfristig den europäischen Markt für Weißzuckerimporte öffnen", erläutert Bastian Fassin, Vorsitzender des BDSI. "Trotz der hohen Zuckerpreise ist die Zuckerproduktion der EU rückläufig und die Versorgungslage gefährdet. Das zeigt eindeutig, dass es ohne weitere Einfuhrkontingente oder das Aussetzen des protektionistischen EU-Schutzzolls nicht geht."

Freihandelsabkommen müssen exportstarke Branchen stärken, nicht hemmen

Die deutsche Süßwarenindustrie mit ihren über 200 meist mittelständischen und im ländlichen Raum verwurzelten Unternehmen beschäftigt rund 60.000 Menschen und steht für einen Branchenumsatz von 14,2 Mrd. Euro im Jahr 2022. Mehr als jede zweite Süßware geht ins Ausland. Dieser Exporterfolg sichert die im europäischen Vergleich einzigartige Struktur der Branche und kompensiert das leicht rückläufige Inlandsgeschäft. Hauptabsatzmarkt ist der europäische Binnenmarkt, seit Jahren wachsen jedoch besonders stark die Ausfuhren in kaufkräftige Exportmärkte weltweit.

In Deutschland und anderen Mitgliedstaaten hergestellte Süßwaren wie Bonbons, Fruchtgummi oder Schokolade zählen zu den wichtigsten Exportprodukten des landwirtschaftlichen Sektors der EU und zeichnen sich durch eine sehr hohe Wertschöpfung aus.

Die Exportstärke gerät aber zunehmend in Gefahr, denn in wichtigen Freihandelsabkommen fokussiert sich die EU-Kommission mit Unterstützung der Bundesregierung einseitig auf den Schutz des Agrarsektors. Dadurch werden trotz der Handelsabkommen die Exporte nun durch hohen administrativen Mehraufwand belastet. In den Abkommen mit Vietnam, Singapur, Japan oder Großbritannien kommt es für den Export von Süßwaren nun allein darauf an, dass die eingesetzten Rohstoffe und insbesondere der Zucker aus der EU stammt. "Das Exportpotenzial einer ganzen, vom Export lebenden Branche allein an den Zuckeranbau in der EU zu ketten, ist vollkommen unverständlich und aus volkswirtschaftlicher Sicht ein Eigentor", so Fassin. "Aufgrund der klimatischen Veränderungen kann die EU keine Selbstversorgung bei Weißzucker mehr garantieren. Ohne einen klaren Kurswechsel sind alle Drittlandexporte der Süßwarenbranche dauerhaft gefährdet!"

Der BDSI fordert deshalb sowohl die europäische Kommission als auch die Bundesregierung auf, Freihandelsabkommen so auszugestalten, dass auch in den Phasen fehlenden EU-Zuckers die europäischen Süßwarenhersteller präferenzrechtliche Exporte vornehmen können. Hierfür sind die bis weit in die 2010er Jahre gültigen Wertgrenzen als leicht handhabbare Ursprungsregelung in Handelsabkommen zielführend. Die EU-Kommission sollte zu dieser einheitlichen Regelung für verarbeitete Lebensmittel schon jetzt bei den Verhandlungen mit Australien zurückkehren. Auch sollte der Gesetzgeber die vorgelagerte Zuckerproduzenten zur Ausstellung von Lieferantenerklärungen verpflichten, wenn er genau diese Dokumente bei den Ausfuhren wieder einfordert.

Politik muss EU-Binnenmarkt wieder in den Fokus der Wirtschaftspolitik rücken

Heute hält man uneingeschränkten Warenverkehr in einem europäischen Wirtschaftsraum mit bald 450 Millionen Einwohnern für selbstverständlich. Der Brexit und der damit einhergehende Verlust von ca. 67 Millionen Verbraucherinnen und Verbrauchern zeigen jedoch, wie wichtig das Bemühen um den Erhalt der Warenfreiheit für die deutsche Wirtschaft ist. Bislang hat die EU-Kommission das 30. Jubiläum des Binnenmarktes noch nicht als Weckruf verstanden. Die Zersplitterung - insbesondere durch nationale Alleingänge im Kennzeichnungsrecht und die Notwendigkeit der Stärkung des Gemeinsamen Marktes durch die weitere Rechtsvereinheitlichung bei der Warenverkehrsfreiheit - wurde in den offiziellen Stellungnahmen zum Jubiläum höchstens am Rande erwähnt. Der BDSI fordert ein Umdenken und ein energisches Eingreifen gegen die weitere Aushöhlung des Binnenmarktes.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (BDSI) Solveig Schneider, Leiterin Kommunikation Schumannstr. 4-6, 53113 Bonn Telefon: (0228) 26007-0, Fax: (0228) 26007-89

(mw)

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