Kinder aus armen Familien haben schlechtere Chancen auf einen Kitaplatz / Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg fordert automatische Beitragsfreiheit für Kita-Kinder aus einkommensarmen Familien
(Stuttgart) - Armutsbetroffene Kinder werden deutlich seltener und in deutlich geringerem zeitlichem Umfang in Kitas betreut. Die Kosten der Kinderbetreuung stellen für viele armutsbetroffene Familien eine erhebliche Belastung dar und hindern zahlreiche Familien daran, Kindertagesbetreuung in Anspruch zu nehmen. Das geht aus dem heute veröffentlichten Bericht des Paritätischen Gesamtverbandes zum Thema Armut und Kita-Betreuung hervor. Auch in Baden-Württemberg sind die Kosten für einen Kita-Platz für Familien mit geringem Einkommen eine erhebliche Belastung. Beziehende von Sozialleistungen können zwar die Übernahme von Kita-Kosten beantragen, schrecken aber häufig davor zurück, erklärt der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg. Deshalb fordert der Verband, Eltern mit Sozialleistungsbezug automatisch von Kita-Gebühren zu befreien, ohne dass sie dafür einen Antrag stellen müssen.
„Armutsbetroffene Familien haben schlechtere Chancen auf einen Kita-Platz, geringere Betreuungszeiten und müssen trotz rechtlicher Ansprüche auf Entlastung bei den Kita-Gebühren oftmals hohe Kosten tragen. Während einige Städte durch kommunale Mittel Beitragsfreiheit schaffen, zahlen Eltern in anderen Kommunen hohe Gebühren. Hier sind das Land und Kommunen gefordert, Beziehende von Sozialleistungen grundsätzlich von den Kita-Gebühren zu befreien. Wichtig ist, dass das ohne Antragstellung also automatisch erfolgt“, erklärt Feray Sahin, Bereichsleitung Familie, Kinder, Migration, Vielfalt und Demokratie beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg. Auch nehmen viele Familien ihre Ansprüche aus dem Bildungs- und Teilhabepaket nicht wahr. Die Antragstellung sei häufig kompliziert und wenig transparent, so dass Mittel, die zur Entlastung der Familien gedacht seien, ungenutzt blieben. Auch hier brauche es tragfähige Lösungen, damit alle Kinder im Land, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft, die gleichen Chancen auf Bildungsgerechtigkeit haben und das von Anfang an, so Sahin weiter. Handlungsbedarf sieht Sahin auch bei den Betreuungszeiten: „In Baden-Württemberg werden viele Plätze, besonders für unter Dreijährige, nur für zwanzig bis dreißig Wochenstunden angeboten. Längere Betreuungszeiten sind oft nur für erwerbstätige Eltern verfügbar. Damit haben ausgerechnet Kinder, die am meisten von früher Bildung profitieren, häufig nur eingeschränkten Zugang zu umfassender Förderung und Peer-Kontakten.“ Laut Paritätischem Bericht besuchen nur 19 Prozent der ein- bis zweijährigen Kinder aus armutsbetroffenen Familien eine Kita, während gleichaltrige Kinder aus nicht von Armut betroffenen Familien doppelt so häufig von einem Kitaplatz profitieren (41 Prozent).
Die Publikation „Ungleichheit von Anfang an. Bericht zu Armut und Kita-Betreuung“ ist Teil einer neuen Reihe von Veröffentlichungen zum Thema Armut, die jeweils verschiedene Schwerpunkte setzen. Dabei stützt sich der Bericht insbesondere auf die MikrozensusUnterstichprobe zu Einkommen und Lebensbedingungen vom Statistischen Bundesamt MZSILC. Zum Bericht: https://www.der-paritaetische.de/fileadmin/user_upload/Schwerpunkte/Armutsbericht/doc/Bericht_zu_Armut_und_Kita-Betreuung_2025.pdf
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