Konjunkturbericht November 2002 / Belastungen durch die Wirtschaftspolitik
(Berlin) - Die Stimmungsindikatoren für die deutsche Wirtschaft haben sich zuletzt weiter eingetrübt. Inzwischen belasten auch die desolate Finanzlage der öffentlichen Haushalte sowie die geplanten Steuer- und Abgabenerhöhungen die Stimmungslage. Für die deutsche Konjunktur im Winterhalbjahr sind dies denkbar ungünstige Vorzeichen. Zum Jahresende könnte das Wirtschaftswachstum sogar zum Erliegen kommen. Doch auch für 2003 ist keine rasche Besserung in Sicht. Wegen der höheren Steuern und Abgaben sowie der weiter steigenden Arbeitslosigkeit fällt der private Konsum als konjunktureller Stabilisator aus. Ähnlich trübe sind die Perspektiven für die Investitionen. Bleibt einzig und allein die Auslandskonjunktur als Hoffnungsträger, hinter die allerdings auch ein Fragezeichen gesetzt werden muss.
Die hohe Arbeitslosigkeit bleibt das zentrale wirtschaftspolitische Problem in Deutschland. Die beabsichtigte Umsetzung der Reformvorschläge der Hartz-Kommission greifen für eine nachhaltige Reduktion der Massenarbeitslosigkeit zu kurz. Beim Abbau bürokratischer Arbeitsmarktvorschriften, der Flexibilisierung der Arbeitszeit und der Reduktion der hohen Arbeitskosten, zu denen ausdrücklich auch die Lohnzusatzkosten gehören, bringen die Pläne so gut wie keine Erleichterung.
Ein wichtiger Ansatzpunkt beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit sind die Lohnzusatzkosten. Mit Blick auf die Sozialversicherungsbeiträge, die im kommenden Jahr voraussichtlich auf eine Rekordmarke von fast 42 % steigen werden, drängt hier die Zeit. Für wegweisende Reformen liegen genügend Konzepte auf dem Tisch zuletzt das 20-Punkte-Programm des Sachverständigenrates. Gefordert ist nun der Mut der politisch Verantwortlichen.
Die Preisrisiken im Euro-Raum nehmen weiter ab. Zusammen mit der schwachen konjunkturellen Entwicklung eröffnet dies der Europäischen Zentralbank einen gewissen Zinssenkungsspielraum, auch wenn es die stabilitätspolitischen Irritationen seitens der Finanzpolitik zurzeit schwer machen, diesen Spielraum zu nutzen.
Vor überzogenen konjunkturellen Erwartungen an die Geldpolitik muss jedoch gewarnt werden. So hilfreich eine Zinssenkung in der aktuellen Konjunkturflaute sein könnte, so wenig kann sie alleine die Wirtschaft im Euro-Raum in Schwung bringen. Um die europäische Wirtschaft wieder auf einen stabileren Wachstumspfad zurückzuführen, sind wachstumsfördernde Strukturreformen nötig. Die Liberalisierung von Güter- und Faktormärkten sowie die Rückführung der viel zu hohen Staatsquote stehen dabei ganz oben auf der Agenda.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband deutscher Banken e.V. (BdB)
Burgstr. 28
10178 Berlin
Telefon: 030/16630
Telefax: 030/16631399