Kontrollmitteilungen widersprechen dem praktikablen Reformansatz zur Abgeltungsteuer
(Berlin) - Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) begrüßt die Initiative der Bundesregierung zur Einführung einer Abgeltungsteuer. "Eine erfolgreiche Neuregelung der Kapitalertragsbesteuerung wird jedoch nur gelingen, wenn zusätzliche Kontrollmaßnahmen unterbleiben", fordert BVR-Vorstandsmitglied Jochen Lehnhoff anlässlich der Jahrespressekonferenz in Berlin. Dem System einer Abgeltungsteuer seien Kontrollen fremd. "Sie erhöhen nicht nur die Gefahr der Kapitalflucht ins Ausland, sondern sie widersprechen auch der einfachen und praktikablen Idee einer Abgeltungsteuer. Diese ermöglicht, dass Einnahmen an der Quelle einmalig und endgültig einem Steuerabzug unterliegen", so Lehnhoff weiter.
Die Kontrollen würden ausschließlich bereits besteuerte Kapitalerträge erfassen und infolgedessen nicht zu den von der Bundesregierung erhofften Mehreinnahmen führen. Auf die Kreditwirtschaft und die Finanzverwaltung käme ein Verwaltungsaufwand zu, der weder effizient noch verhältnismäßig sei. Der Beschluss zur EU-Zinssteuerrichtlinie vom Januar dieses Jahres führe zu keiner Veränderung der Rahmenbedingungen. Demnach werden in den wichtigen Nachbarstaaten Luxemburg, Österreich und Belgien mittelfristig nur Quellensteuern auf niedrigem Niveau und gerade keine Kontrollmitteilungen eingeführt. Von der im Entwurf des Steuervergünstigungsabbaugesetzes geplanten Einführung von Kontrollmitteilungen müsse deshalb Abstand genommen werden. Nur dann könne die Neuregelung erfolgreich gelingen. "Diese einmalige Chance zu einer Neuordnung der Besteuerung der Kapitalerträge muss die Bundesregierung im Interesse des Finanzplatzes Deutschland nutzen", fordert Lehnhoff.
Die geplante Zinsabgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent sei ein Schritt in die richtige Richtung. Langfristig müsse aber eine umfassendere Lösung gefunden werden, bei der auch Dividenden sowie private Veräußerungsgewinne - sofern diese wie beabsichtigt besteuert werden - zu berücksichtigten sind.
Amnestieregelung muss verlässliche Brücke zur Steuerehrlichkeit bauen
"Der Amnestieregelung werden die Betroffenen nur trauen und sie nutzen, wenn eine verlässliche Brücke in die Steuerehrlichkeit gebaut wird", so Lehnhoff. Die Amnestieregelung müsse zweifelsfrei sicherstellen, dass ein Steuervergehen keine Vortat nach den Vorschriften des Geldwäschegesetzes darstellt und somit alleine nicht zu einer Verdachtsanzeige führt. Der Steuerrückkehrer müsse wissen, was ihn in Hinblick auf seine Vergangenheit erwartet und was in der Zukunft auf ihn zukommt. Deshalb sei es wichtig, dass bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Amnestieregelung auch Klarheit über die Besteuerung der privaten Veräußerungsgewinne besteht. Es liege auf der Hand, dass die Möglichkeit einer anonymen Nacherklärung auf eine größere Akzeptanz stoßen werde als eine persönliche Nacherklärungspflicht.
Steuervergünstigungsabbaugesetz verhindert unternehmerische Dynamik
"Die Regelungen des vorliegenden Steuervergünstigungsabbaugesetzes verhindern jegliche unternehmerische Dynamik und Innovation bereits im Ansatz", so Lehnhoff. Für sehr unwahrscheinlich hält er daher eine Zustimmung im Bundesrat. Im Vermittlungsverfahren, das aller Voraussicht nach anstehe, müsse darauf geachtet werden, dass die dringend erforderlichen Korrekturen an dem Gesetzentwurf auch tatsächlich vorgenommen werden.
Die im Gesetzesentwurf enthaltenen Rechtsänderungen zum Organschaftsverhältnis bei Spezialkreditinstituten stellten einen tiefen Eingriff in die über Jahrzehnte gewachsenen betriebswirtschaftlich sinnvollen Unternehmensstrukturen dar, erläutert Lehnhoff. Der geplante Ausschluss der körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Organschaft bei Spezialkreditinstituten soll Organschaften zwischen Kreditinstituten und Tochtergesellschaften untersagen, die das Hypothekenbank- oder Bausparkassengeschäft betreiben. Unmittelbare Wettbewerbsnachteile im nationalen wie im internationalen Vergleich wären die Folge. Eine solche Regelung würde Unternehmen einzelner Branchen gegenüber Unternehmen aus anderen Wirtschaftszweigen ohne sachlich gerechtfertigten Grund von der Möglichkeit ausschließen, eine steuerliche Organschaft zu bilden. "Mit der Verabschiedung einer solchen Regelung würde politisch ein falsches Signal gesetzt. Langjährige kostenintensive Rechtstreitigkeiten wären vorprogrammiert", warnt Lehnhoff. Die für die betroffenen Unternehmen und die Gemeinden dringend erforderliche Rechts- und Planungssicherheit werde auf diese Weise nicht erreicht.
Die im Gesetzentwurf vorgesehene Beschränkung der Verlustverrechnung widerspreche auch in der nachgebesserten Form ökonomischen und steuersystematischen Grundsätzen, so Lehnhoff. Die Einführung eines Schwellenbetrages in Höhe von 100.000 Euro schwäche das Problem in seinen Wirkungen ab, ohne es zu lösen. Überstiegen die Verluste bei einem Unternehmen diesen Schwellenbetrag, führe die Beschränkung der Verlustverrechnung zu einer gravierenden Überbesteuerung. Die uneingeschränkte Verlustverrechnung sei notwendiger Bestandteil eines gerechten Steuersystems. Sie verhindere, dass Unternehmen mit Anfangsverlusten oder stark schwankenden Ergebnissen mehr Steuern zahlen als vergleichbare Unternehmen mit einem gleichmäßigen Gewinnausweis. "Wird die Verlustverrechnungsbeschränkung Gesetz, werden im Ergebnis riskante und innovative Investitionen oder Branchen mit stark schwankenden Ergebnissen benachteiligt. Wer den dynamischen Unternehmer will, muss diesem den Ausgleich von Gewinn und Verlusten in möglichst umfassender Weise erlauben", so Lehnhoff. Die eingeschränkte Verlustverrechnung führe in schwierigen Unternehmensphasen zu einer erheblichen Liquiditätsbelastung und könne im Einzelfall die Fortführung eines Unternehmens gefährden.
Auch die Körperschaftsteuer-Altguthaben sollen nach dem Gesetzentwurf beschränkt werden. Wer die Anrechnung der angesparten Altguthaben beschränken möchte, müsse jedoch berücksichtigen, dass dem Unternehmen ein berechtigter Anspruch auf deren Auszahlung zusteht. Deshalb sei es allenfalls denkbar, die Auszahlung unter Berücksichtigung der aktuellen haushaltspolitischen Notlage zeitlich zu strecken. Dabei dürfe es jedoch in keinem Fall zu einem Verlust von Anrechnungsvolumen kommen.
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