Kranke drohen zum Spielball in Kosten/Nutzen-Rechnungen zu werden
(Berlin) - Die Regierung muss verhindern, dass die Krankenkassen Disease-Management-Programme allein dazu benutzen, ihre wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen. Ziel dieser Behandlungsprogramme für chronisch Kranke hat aus unserer Sicht eine verbesserte Patientenversorgung zu sein und nicht das Schielen nach Einnahmen und das Verhindern von Ausgaben. Das hat am 23. Juli 2001 Dr. Leonhard Hansen in Berlin erklärt.
Der Zweite Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) forderte auf einer Pressekonferenz: Um die medizinische Qualität der Programme zu gewährleisten, muss die Ärzteschaft von Anfang an Konzeption und Inhalt der Programme aktiv mitgestalten. Deswegen muss die gemeinsame Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen von der Politik damit beauftragt werden.
Die Bundesregierung plant ein Gesetz zur Neuordnung des Risikostrukturausgleichs (RSA). In diesem Rahmen sollen die Krankenkassen Ausgleichszahlungen untereinander zum Teil für maximal sieben Disease-Management-Programme verwenden. Der KBV-Vize: Die KBV muss den ökonomischen Interessen der Kassen den medizinischen Sachverstand der Ärzte entgegenstellen dürfen. Die Medizinerorganisation sehe sich als Anwalt der Patienten.
Sie möchte deshalb dafür sorgen, dass weiterhin alle Versicherten den gleichen Anspruch auf eine qualitativ hochwertige Versorgung haben. Überließe die Regierung den Krankenkassen das Feld, so sei das Solidarsystem der gesetzlichen Krankenversicherung ernsthaft in Gefahr. Da die Krankenkassen weiterhin ein Interesse daran hätten, Beitragszahler zu werben, die gute Risiken darstellten, zerstöre sich die gesetzliche Krankenversicherung in der Entsolidarisierungsspirale selbst.
Hansen findet es unerklärlich, warum die Krankenkassen das Rad neu erfinden sollen. In der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein beispielsweise hätten die Ärzte bereits ein Disease-Management-Programm für den Diabetes mellitus entwickelt und mit großem Erfolg umgesetzt. Die KBV schlägt vor, den Koordinierungsausschuss, ein aus Ärzten und Kassen-Vertretern bestehendes Gremium, mit der Ausarbeitung der Disease-Management-Programme zu beauftragen.
KBV-Vertreter warnten auf der Pressekonferenz vor einer Amerikanisierung des Gesundheitssystems. Hansen: Diese betreibt die Regierung mit ihrem Gesetzentwurf zum RSA und das, obwohl in den USA die fatalen Folgen der Entwicklung zur Zeit eingestanden werden und nur mühevoll zu korrigieren sind. Das RSA-Gesetz dürfe so nicht kommen, wie es derzeit geplant sei.
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