Lehrverträge im Handwerk auf Stagnationskurs / Noch zahlreiche offene Ausbildungsplätze
(Stuttgart) - Rund 22.000 junge Menschen haben bis zum 30. Oktober einen Ausbildungsvertrag im baden-württembergischen Handwerk unterschrieben. Das entspricht einem Plus von knapp einem Prozent. Landeshandwerkspräsident Joachim Möhrle zeigte sich zufrieden mit diesem Ergebnis, auch wenn die Höchstwerte aus dem Vorjahr nicht mehr erreicht werden konnten. Allerdings, betonte Möhrle, würden zwei von fünf der Ausbildungsbetriebe deutlich mehr ausbilden, wenn es genügend geeignete Bewerber gäbe. Rund 800 Lehrstellen konnten bislang nicht besetzt werden.
Der Präsident des Baden-Württembergischen Handwerkstages (BWHT) geht davon aus, dass sich in der Jahresbilanz die Zahl der neuen Ausbildungsverhältnisse auf Vorjahresniveau einpendelt. Im vergangenen Jahr waren rund 59.000 junge Männer und Frauen in einem Handwerksberuf in Ausbildung. 2007 erreichte die Zahl der neuabgeschlossenen Lehrverträge mit + 4,7 Prozent einen Spitzenwert.
Rückläufig war mit einem Minus von 1,6 Prozent die Zahl der Handwerksbetriebe, die neu für eine Ausbildung gewonnen werden konnten. Die Anzahl der zusätzlich geschaffenen Ausbildungsplätze sank im Jahresvergleich um 0,8 Prozent auf 2.450.
Im Handwerk gebe es noch ein großes ungenutztes Potenzial, unterstrich der Landeshandwerkspräsident. Laut einer Sonderumfrage des Handwerkstages unter rund 1200 Betrieben im Land würden 40 Prozent der ausbildenden Handwerksbetriebe gerne noch einem weiteren Jugendlichen eine Lehrstelle bieten. Möhrle: Aber schon seit Jahren klagen unsere Betriebe über zu wenig qualifizierte Bewerber. Knapp zwölf Prozent (Vorjahr 13 Prozent) der befragten Betriebe meldete, dass Lehrstellen unbesetzt geblieben sind. An erster Stelle vermissen die Betriebe Leistungsbereitschaft und Motivation, an zweiter Stelle gaben sie mangelnde Fähigkeiten der Jugendlichen im Rechnen an. Manche Betriebe haben es inzwischen schlicht aufgegeben, auf geeignete Bewerber zu warten, sagte Möhrle.
Für rund zwei Drittel der Ausbildungsplätze erwarten die Betriebe laut der BWHT-Sonderumfrage einen Hauptschulabschluss. Allerdings gibt es branchenspezifische Unterschiede. So verlangen rund 87 Prozent der Nahrungsmittelhandwerker und knapp drei Viertel der Handwerker im Bauhauptwerbe einen Hauptschulabschluss von ihren Auszubildenden. Demgegenüber brauchen Auszubildende im Gesundheitshandwerk in der Regel einen mittleren Schulabschluss, sechs Prozent verlangen die Fachhochschulreife. Dagegen werden Bewerber ganz ohne Schulabschluss in größerem Umfang nur noch von Handwerkern im Bereich der personenbezogenen Dienstleistungen eingestellt.
Das Handwerk erwartet von der Politik, dafür Sorge zu tragen, dass die Ausbildungsreife der Jugendlichen verbessert wird, betonte Möhrle. Vorrangig müsse nun sein, die angekündigte Neugestaltung der Hauptschule mit dem Ziel des mittleren Bildungsabschlusses zügig umsetzen, insbesondere die Hauptschule als verpflichtende Ganztagsschule anzubieten und den gemeinsamen Unterricht von Haupt- und Realschülern in den Klassen 5 und 6 als Schritte des gemeinsamen Lernens massiv voranzutreiben. Die Hauptschulen müssen Zug um Zug von den Werkrealschulen abgelöst werden.
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