Marburger Bund begrüßt hessische Studie gegen zu lange Klinikarbeitszeiten
(Köln/Berlin) - Die Klinikärztegewerkschaft Marburger Bund bezeichnet die Aktion des hessischen Sozialministeriums gegen zu lange Arbeitszeiten in Krankenhäusern als einen enorm wichtigen Schritt gegen die Ausbeutung vieler Klinikärzte und für mehr Patientensicherheit. Da überlange Arbeitszeiten nicht nur ein hessisches Problem seien, fordert der Vorsitzende des Marburger Bundes, Dr. Frank Ulrich Montgomery, die Bundesregierung auf, eine bundesweite Aktion für humane Arbeitszeiten und Patientenschutz in Krankenhäusern durch zu führen.
Montgomery: In keinem anderen Land der Europäischen Union müssen Klinikärzte so viel Schuften wie in Deutschland, nirgendwo sonst werden sie mehr ausgebeutet. Nach Erfahrungen des Marburger Bundes gehörten 30 und mehr Arbeitsstunden zum Alltag vieler Krankenhausärzte, das Arbeitszeitgesetz würde in vielen Kliniken unterlaufen. Dies habe fatale Folgen für die Patientensicherheit. Wissenschaftliche Studien belegten, dass ein anhaltendes Wachsein über 24 Stunden die psychomotorischen Fähigkeiten genauso beeinträchtige wie 1,0 Promille Alkohol im Blut. Die Überdosis an Arbeitszeit könne tödlich sein.
Arbeitsminister Riester und Gesundheitsministerin Schmidt müssen zum Wohl der Ärzte und Patienten den häufig überlangen Arbeitszeiten in Krankenhäusern endlich einen Riegel vorschieben, so Montgomery. Er fordert eine bundesweite Sonderaktion für humane Arbeitszeiten und Patientenschutz in den rund 2000 deutschen Kliniken.
Vor dem Hintergrund der Einführung des neuen Krankenhausfinanzierungssystems DRG (Diagnosis Related Groups), dessen Finanzierungsgrundlage bereits in diesem Jahr berechnet werde, müssten die Ergebnisse dieser Sonderaktion schnell ermittelt und in die DRG-Kalkulation einberechnet werden. Ansonsten laufe man Gefahr, den Arbeitsaufwand falsch zu kalkulieren und die Patientenversorgung zu rationieren.
Brisanz erhalte die Diskussion um überlange Arbeitszeiten nach Meinung des Marburger Bundes zudem durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 03. Oktober 2000. Im Gegensatz zum deutschen Arbeitszeitgesetz hatten die EU-Richter den Bereitschaftsdienst als Arbeits- und nicht als Ruhezeit gewertet. Damit müssten die Dienstpläne der Klinikärzte komplett umgekrempelt werden. Montgomery sieht dabei einen Mehrbedarf an rund 15.000 zusätzlichen Klinikärzten und Mehrkosten in Höhe bis zu zwei Milliarden Mark. Die Zeit drängt, so Montgomery, die Bundesregierung muss nun für menschliche Arbeitszeiten, mehr Patientenschutz und ausreichende Finanzmittel sorgen.
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