Mautstart in 62 Tagen / DSLV: Vorerst keine Verschiebung erforderlich
(Bonn) - "Dass die Lkw-Maut in 62 Tagen kommt, das wissen wir inzwischen. Nur über das 'Wie' streiten sich die Experten noch." Das sagte Manfred F. Boes, Präsident des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes in seiner Eröffnungsrede zum DSLV Unternehmertag 2004 am 31. Oktober in München. Es deute inzwischen vieles darauf hin, dass der dritte Anlauf zur Mauteinführung ohne größere Pannen gelinge. Das hätten nicht nur die bisherigen Tests des Mautbetreibers, sondern auch eigene Mitgliederbefragungen gezeigt. "Aber eine gewisse Skepsis bleibt", so Boes.
Sorge bereite der Branche vor allem die immer noch unbefriedigende Einbauquote bei den automatischen Erfassungsgeräten. Toll Collect habe sich mit der Ankündigung, bis zum Jahresende 500.000 dieser On Board Units (OBUs) einzubauen, den Ball wohl etwas zu weit vorgelegt. So wie es jetzt aussähe, könne der Mautbetreiber davon allenfalls die Hälfte schaffen.
"Ohne hier jetzt 'Schwarzer Peter' spielen zu wollen, müssen wir ganz deutlich sagen, dass für dieses Einbaudefizit fast ausschließlich die Organisationsabläufe bei Toll Collect verantwortlich sind", kritisierte der Verbandspräsident. Viele Unternehmen hätten nach seinen Worten gerne bereits im Sommer die im Vorjahr eingebauten fehlerhaften Geräte ausgewechselt, konnten es aber nicht, weil sich Personalisierung und Auslieferung um Monate verzögert hatten.
Boes präsentierte dazu das Ergebnis einer Mitte Oktober vom Verband gemachten Mitgliederbefragung zur Versorgung mit OBUs: Danach haben die Unternehmen fast alle ihre mautpflichtigen Lkw (94 Prozent) registrieren lassen und bis zum 15. Oktober Erfassungsgeräte für mehr als drei Viertel der registrierten Fahrzeuge (77 Prozent) bestellt. Die Befragung habe auch ergeben, dass sich die meisten Spediteure sehr früh um ihre OBU-Versorgung gekümmert hätten, dann aber keine Geräte bekamen oder bereits vereinbarte Einbautermine abgesagt wurden, weil die Fahrzeugstammdaten nicht mehr auf dem neuesten Stand waren und vom Mautbetreiber aufwändig abgeglichen werden mussten.
Im übrigen, betonte Boes, läge das Verhältnis der bestellten Erfassungscomputer zu den registrierten Fahrzeugen bei den DSLV-Mitgliedern um 13 Prozent höher als die gesamte Bestellquote bei Toll Collect. Damit seien Vorwürfe, wonach Spediteure Bestellungen und den Geräteeinbau verzögerten oder gar die Mauteinführung boykottierten, haltlos.
Trotz der zum Jahresende zu erwartenden Einbaulücke sieht Boes wenig Sinn darin, immer wieder den Starttermin infrage zu stellen. Damit sei weder den Spediteuren noch der verladenden Wirtschaft gedient. Man müsse jetzt vielmehr alles dafür tun, dass die Unternehmen endlich Vertrauen in das System und damit auch Planungssicherheit gewinnen. Dazu sei sein Verband auch bereit, die Mauteinführung weiter konstruktiv-kritisch zu begleiten. Wenn allerdings die Technik versage, müsse man auf Verschiebung drängen.
Für die Branche unerfreulich bewertet der Verband, dass es Berlin immer noch nicht gelungen sei, die in Aussicht gestellte Harmonisierung der steuerlichen Wettbewerbsbedingungen in Form einer Mineralölsteuerverrechnung bei der EU-Kommission durchzusetzen. Falls Brüssel den vorgeschlagenen Weg nicht genehmige, müsse die Kfz-Steuer gesenkt und Investitionen in umweltfreundliche Fahrzeuge der Klasse Euro IV und Euro V gefördert werden, forderte Boes.
Es könne nicht angehen, dass viele europäische Regierungen ihr Verkehrsgewerbe mit Steuergeschenken alimentierten, während die Bundesregierung mit ihrer "Politik gegen die Straße" einen ganzen Wirtschaftszweig in Gefahr bringe. Man müsse sich nicht wundern, wenn immer mehr Fahrzeuge ins kostengünstigere Ausland abwanderten. Der Staatskasse, warnte Boes, gingen dadurch für jeden Lkw Jahr für Jahr fast 80.000 Euro an Steuern und Beiträgen verloren.
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Deutscher Speditions- und Logistikverband e.V. (DSLV)
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