Pressemitteilung | ZAW e.V. - Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft

Medien profitieren mit 19,78 Mrd Euro an den Werbeausgaben / Werbebranche peilt 30 Mrd Euro an / ZAW-Präsident Wiegmann mahnt: "Anteil der Werbung am BIP zu niedrig"

(Berlin) - Der deutsche Werbemarkt zieht in diesem Jahr weiter an. Nachdem 2005 die Investitionen in Werbung um 1,1 Prozent auf 29,55 Mrd Euro gestiegen waren, erwartet die Werbebranche für 2006 ein Wachstum von 2 Prozent und damit den Sprung über die Grenze von 30 Mrd Euro, sagte der Präsident des ZAW Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft, Hans-Henning Wiegmann, in Berlin.

Nachhaltig sei der Werbeaufschwung aber nicht. Im Jahr 2007 werde die Wachstumsrate im Werbegeschäft durch das schwierigere ökonomische Umfeld auf 0 bis 1 Prozent zwischen Stagnation und lascher Konjunktur landen. Den gegenwärtigen Anteil der Investitionen in Werbung am Bruttoinlandsprodukt von 1,32 Prozent bezeichnete Wiegmann als zu niedrig für den Wirtschaftskreislauf und die Medien.

Die betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen für kommerzielle Kommunikation hätten sich auch 2005 nicht verbessert. Insbesondere kritisiere der ZAW die immer noch zu hohen Lohnnebenkosten und ausufernden Steuerabgaben sowie die mangelnde Flexibilität am Arbeitsmarkt. Dass der Konsum nachhaltig nicht anspringe, hänge mit der Angst der Beschäftigten um ihren Arbeitsplatz zusammen. Dämpfend wirke gleichfalls der in den vergangenen zwölf Monaten um 40 Prozent gestiegene Ölpreis, der nach seinem Marsch durch die Preiskette die Konsumneigung und damit die Werbekonjunktur belaste.

Offen sei gleichfalls, wie sich die zusätzlichen Kosten der privaten Haushalte und Unternehmen durch die 2007 einsetzende Erhöhung der Mehrwertsteuer mit einem Saldo von 25 Mrd Euro sowie weiter steigenden Ausgaben für Gesundheit und Altersversorgung auf das Verbrauchsklima auswirkten.

Die daraus resultierende anhaltende vorsichtige Konsumplanung der Bürger spiegele sich im Werbeverhalten, insbesondere vieler mittelständischer Unternehmen, wider. Firmen dieser Größenklasse orientierten ihre Investitionen in Werbung seltener an langfristig gesetzten Kommunikationszielen, sondern am allgemeinen Wirtschaftstrend und der damit verknüpften Stimmungslage.

"Medien mit Werbeeinnahmen unterversorgt"

So verharrten die Werbeausgaben nach ZAW-Analyse mit einem Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 1,32 Prozent – auf dem gleichen geringen Niveau wie 1959. Entsprechend vermindert war mit 0,88 Prozent der Beitrag der Werbeträger zum BIP. "Dieser historische Tiefstand demonstriert nachdrücklich die Unterversorgung der Märkte mit Werbung als Impulsgeber für den volkswirtschaftlichen Trend sowie für die Existenzsicherung der Medien", so Wiegmann. Werbung könne keine Konjunktur machen, aber ihren Auftrieb verstärken oder rezessive Phasen abmildern helfen. Daher wäre aus ökonomischer Perspektive ein stärkeres Werbeengagement von Unternehmen gerade beim jetzigen Wirtschaftsverlauf wünschenswert.

Bild vom konsummüden Bürger falsch
Das generelle Bild vom konsummüden Bürger bezeichnete Wiegmann als mangelhaft. Zwar hätte Deutschland mit 10,6 Prozent die höchste Sparquote in Europa, ein Teil der im Jahr 2005 zurückgelegten rund 158 Mrd Euro resultiere aber nicht aus Kaufzurückhaltung, sondern aus Rücklagenbildung in Folge sinkender Preise. Das führe im Handel bis zur Deflation. So hätten die Hersteller von Waschmaschinen einen Preisverfall von 25 Prozent in zehn Jahren, bei DVD-Recordern von 90 Prozent in vier Jahren oder bei Flachbildschirmen innerhalb eines Jahres von 50 Prozent hinnehmen müssen. Reine monetäre Bewertungen könnten demnach das tatsächliche Kaufverhalten verzerren und damit auch zu Fehlschlüssen von Konsum-Müdigkeit bei der Werbeplanung führen.

"Neuro-Marketing: Aufgewärmter Vance Packard"

Aktuell überwölbt werde mangelnde Professionalität bei der Beurteilung des komplexen Verbraucherverhaltens durch Diskussionen um die Hirnforschung. Unter der Vokabel 'Neuro-Marketing' werde ein neuer Mythos von der kommerziellen Werbung aufgebaut, wie er in der Zusammenfassung der Titelgeschichte eines deutschen Polit-Magazins zum Ausdruck komme: Mit ein paar Tricks könnten Marketingprofis den Verstand der Kundschaft ausschalten.

Der Versuch, der kommerziellen Werbung den 'Griff nach dem Unbewussten in jedermann' zu unterstellen, sei zwar bereits in den sechziger Jahren gescheitert und die Möglichkeit dazu wissenschaftlich widerlegt, wurzele aber noch immer als Angst vor der kommerziellen Kommunikation in den Industrienationen. "Diese Mystifizierung der Werbung prägt heute entscheidend die Verbraucherpolitik der EU und erhält durch die Neurobiologie Stichwörter für die zumeist realitätsfernen Projekte Brüssels von Werbezensur", so Wiegmann.

Gemischte Werbebilanz der Werbeträger

Im Wirtschaftsjahr 2005 haben nach Analyse des ZAW auf der Grundlage der Betriebserhebungen seiner Mitgliedsverbände die Medien als Werbeträger netto 19,78 Mrd Euro eingenommen. Das Wachstum von 193 Mio Euro (+1 Prozent) betrug nur zwei Drittel des Vorjahres 2004: Die Medien konnten damals 302 Mio Euro (+1,6 Prozent) aus dem Werbegeschäft gewinnen.

Von den 13 erfassbaren Werbeträgergruppen rangieren die Tageszeitungen mit 4,4 Mrd Euro zwar an der Spitze der monetär werbestärksten Medien, ihr Werbegeschäft verminderte sich aber um 1,9 Prozent. Im Vorjahreszeitraum hatten ihre Werbeeinnahmen noch +1 Prozent auf 4,5 Mrd Euro zugelegt.

Die Fernsehsender konnten ihr Ergebnis weiter festigen. Sie steigerten ihre Netto-Werbeeinnahmen um 1,8 Prozent auf 3,93 Mrd Euro (Vorjahr +1,3 Prozent; 3,86 Mrd Euro). Diese Bilanz demonstriert, dass von einem Rückzug der Wirtschaft aus dem Fernsehen als Werbeträger nicht die Rede sein kann.

Anders das Ergebnis der Werbung per Post. Im Werbejahr 2005 erwirtschaftete dieser Werbeträger ein Netto-Werbevolumen von 3,4 Mrd Euro, was im Vergleich zum Vorjahr mit Stagnation gleichzusetzen ist. Deutlich hinzugewonnen haben auf Platz vier die Anzeigenblätter. Sie kamen auf 1,9 Mrd Euro aus dem Geschäft mit der Werbung, was einem Wachstum von 3,4 Prozent entspricht (2004: +5,2 Prozent, 1,8 Mrd Euro). Die Publikumszeitschriften kamen durch ein schlechtes erstes Halbjahr noch nicht aus der Rezession. Die Werbeumsätze betrugen 1,79 Mrd Euro (-2,6 Prozent). Den Verzeichnis-Medien gelang nach Jahren rückläufigen Werbegeschäfts ein leichtes Plus von 0,1 Prozent auf rund 1,2 Mrd Euro. Die weiteren Werbeträger lagen unter dem Wert von 1 Mrd Euro: Fachzeitschriften 902 Mio Euro (+4,3 Prozent); Außenwerbung 769 Mio Euro (+6,8 Prozent); Hörfunk 664 Mio Euro (+7,4 Prozent); Online-Angebote 332 Mio Euro (+22,5 Prozent); Wochen- und Sonntagszeitungen 253 Mio Euro (+5,6 Prozent), Kino 132 Mio Euro (-9,8 Prozent), Zeitungssupplements 91 Mio Euro (+1,1 Prozent).

Nach wie vor dominieren im Markt der Werbeträger monetär die Pressemedien (Zeitungen, Anzeigenblätter, Zeitschriften). 2005 erreichten sie gemeinsam 47 Prozent Marktanteil (+1 Prozent), die Funkmedien (TV, Radio, Online) 25 Prozent Marktanteil (+1 Prozent). Diese anhaltende Stabilität zeigt im Zeitraum 2000 bis 2005 lediglich bei den Tageszeitungen eine Delle von 6 Prozent.

Veränderte Zukunft der Medien als Werbeträger

Gegenwärtig bleiben den Medien in ihrer Funktion als Werbeträger von jedem in Werbung investierten Euro netto mehr als zwei Drittel. Der jetzt eingesetzte komprimierte Wandel, ausgelöst durch technische Innovationen, werde das deutsche Mediensystem, und damit auch das Werbeträgersystem, rasch weiterentwickeln, sagte Wiegmann voraus und nannte drei wesentliche Trends:

- Die Digitaltechnik eröffne vielfältige und neuartige Formen der Marktkommunikation. Fernsehen, Internet, Telefonie und Handy-TV rückten näher zusammen und böten werbenden Unternehmen neue moderne Chancen für ihre Markt-Kommunikation.
- Werbung in klassischen Medien bleibe als Basisstrategie erhalten, wachse aber immer stärker in die Vernetzung mit anderen Kommunikationsmitteln hinein, insbesondere in die individuelle Ansprache von Konsumenten.
- Mittelfristig mache sich der Wandel der Bevölkerungsstruktur bemerkbar. Wachsende Anzahl Älterer und schwindende Menge der gesamten Einwohnerzahl stellten neue Anforderungen an Mediaplanung und kreative Werbegestaltung.

Werbeagenturen im Aufwärtstrend

Die Stabilität im deutschen Werbemarkt spiegele sich auch im Geschäft des Dienstleistungsbereichs der Agenturen wider. Wegen des amerikanischen Börsengesetzes sei zwar die Veröffentlichung von Umsatzerhebungen nicht mehr möglich, laut Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) sind die Umsätze um 6,5 Prozent gestiegen. Die Renditeentwicklung bleibe unbefriedigend. Dennoch planten die Agenturen den Ausbau ihres Personalbestands.

Vorhersehbarer Experten-Mangel

Sichere Arbeitsplätze, eine niedrige Arbeitslosenquote aber auch Nachwuchssorgen prägten die gegenwärtige Lage am Arbeitsmarkt der Werbebranche, sagte Wiegmann. Die Beschäftigtenzahl des Wirtschaftszweiges in ihrem Kernbereich sei mit gegenwärtig 520 000 konstant. Im Jahr 2005 hätten die Stellenangebote aus dem Bereich der werbenden Firmen, Medien und Agenturen um 6 Prozent zugenommen bei gleichzeitig anhaltend niedriger Arbeitslosenquote von 4,9 Prozent.

Der ZAW rechne indessen damit, dass der Wettbewerb um den Nachwuchs anziehen werde. Zentrale Ursache sei die demographische Entwicklung in Deutschland mit sinkender Einwohnerzahl, die zu Nachfrageschüben im Personalbereich von Wirtschaft und Verwaltung führen werde. "Strategisches Personalmarketing wird somit eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben der Arbeitgeber für Werbefachexperten", sagte Wiegmann voraus.

Globaler Werbemarkt wächst weiter

Weltweit halte die Konjunktur, so der ZAW, für die Werbemärkte der Kontinente an. 2005 wurden global 403,6 Mrd $ ausgegeben, schätze das Marktforschungsunternehmen ZenithOptimedia. Abgesicherte Länderübersichten aber fehlten, so dass kontinentale Detailanalysen kaum möglich seien. Unterschiedliche Auffassungen darüber, welche Teile der kommerziellen Kommunikation unter den Begriff 'Werbung' einzuordnen sind, verhinderten weitgehend vergleichende Studien.

(Umfassende Analyse siehe: "Werbung in Deutschland 2006", 492 Seiten, Preis: 16 Euro plus Versandkosten, Journalisten: kostenfrei, Studenten: 9 Euro (mit Studien-bescheinigung); Verlag edition ZAW, Berlin. Bestellungen per Telefax (030) 59 00 99-722 oder E-Mail: zaw@zaw.de).

Quelle und Kontaktadresse:
Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft e.V. (ZAW) Volker Nickel, Geschäftsführer Am Weidendamm 1a, 10117 Berlin Telefon: (030) 590099-700, Telefax: (030) 590099-722

(tr)

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