Pressemitteilung | Mehr Demokratie e.V. - Bundesverband

Mehr Demokratie reicht Verfassungsbeschwerde gegen Drei-Prozent-Hürde bei Europawahl ein / Änderung des Europawahlgesetzes in Kraft - Mehr als 1.000 Bürgerinnen und Bürger unterstützen Mehr Demokratie-Klage

(Berlin) - Am heutigen Donnerstag (10.10.) tritt eine Änderung des Europawahlgesetzes in Kraft, mit der bei Wahlen zum Europäischen Parlament eine Drei-Prozent-Hürde gilt. Der Verein Mehr Demokratie reicht hiergegen heute Verfassungsbeschwerde ein. 1.099 Bürgerinnen und Bürger unterstützen den Gang zum Bundesverfassungsgericht und haben den Staatsrechtler Matthias Rossi, Professor an der Universität Augsburg, als Prozessbevollmächtigten beauftragt. Aus Sicht von Mehr Demokratie verstößt die Änderung gegen den Grundsatz der Gleichheit der Stimme und gegen die Chancengleichheit der Parteien.

Verabschiedet wurde das Gesetz zur Einführung der neuen Sperrklausel am 13. Juni dieses Jahres von den Bundestagsfraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Linksfraktion. Der Bundesrat hatte es im Juli passieren lassen. Bundespräsident Joachim Gauck hat es am Montag dieser Woche (7.10.) unterzeichnet.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im November 2011 die damals geltende Fünf-Prozent-Hürde als unzulässig verworfen, weil die Stimmengleichheit damit verletzt wird. "Auch bei einer geringeren Hürde gelten dieselben verfassungsrechtlichen Argumente", erklärt Michael Efler, Vorstandssprecher von Mehr Demokratie. "Es ist offensichtlich, dass die großen Parteien mit dieser Gesetzesänderung ihre Pfründe sichern wollen, denn proportional erhalten sie mehr Sitze im Parlament, wenn kleine Parteien scheitern. Verlierer sind dabei vor allen Dingen die Wählerinnen und Wähler, deren Stimmen verloren gehen." Bei der Europawahl 2009 betraf dies in Deutschland 2,8 Millionen oder 10,8 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen. Die Sammelbeschwerde soll den Wählenden die Möglichkeit geben, sich die Gültigkeit ihrer Stimme zu sichern.

Das Argument für eine Sperrklausel lautet, dass die Handlungsfähigkeit des Europäischen Parlaments durch eine Zersplitterung in viele kleinere Parteien gefährdet sei. "Allerdings sind im Parlament bereits 162 Parteien aus ganz Europa vertreten - zusätzliche Parteien würden also nicht stark ins Gewicht fallen", erläutert Efler. Zudem schlössen sich die meisten Parteien einer der Fraktionen im Europäischen Parlament an, die über eine erhebliche Integrationskraft verfügten und damit eine Zersplitterung des Parlaments verhinderten.

Hintergrund:
Offiziell begründet wird die neue Sperrklausel mit einer rechtlich unverbindlichen Entschließung des Europäischen Parlaments vom 22. November 2012, Mindestschwellen in den nationalen Gesetzen festzulegen. Begründet wurde diese Entschließung mit "neuen Modalitäten für die Wahl der Europäischen Kommission und des sich demzufolge ändernden Verhältnisses zwischen Parlament und Kommission ab den Wahlen 2014." Aus Sicht von Mehr Demokratie haben diese Veränderungen jedoch nur einen geringen Einfluss auf das Verhältnis zwischen Parlament und Kommission, zumal die betreffenden Änderungen im Vertrag von Lissabon bereits 2009 vorgenommen worden waren. Sie waren also bereits in Kraft, als das Bundesverfassungsgericht im November 2011 sein Urteil fällte. An den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen im Europäischen Parlament hat sich seitdem somit nichts Wesentliches geändert. Viele EU-Mitgliedsstaaten verzichten auf Sperrklauseln bei der Europawahl, darunter mit Spanien und Großbritannien auch Staaten mit großen Sitzkontingenten.

Details hierzu im Mehr Demokratie-Positionspapier zur Sperrklausel bei Europawahlen:
www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/Hintergrundpapier_3-Prozent-Huerde-Klage.pdf

Den Klage-Schriftsatz im Wortlaut finden Sie hier:
www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/Schriftsatz_EU-Wahlrecht.pdf

Quelle und Kontaktadresse:
Mehr Demokratie e.V., Bundesverband Pressestelle Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin Telefon: (030) 42082370, Fax: (030) 42082380

(cl)

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