Pressemitteilung | Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW)

Mit Bildung gegen Armut

(Köln) - Deutschland, Frankreich und die Niederlande stecken im Wahlkampf, dabei rückt das Thema Gerechtigkeit wieder in den Mittelpunkt. Viele Politiker fordern eine stärkere Umverteilung. Sinnvoller ist es jedoch, auf Bildung und Arbeit zu setzen, zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW).

Wer weniger als 60 Prozent des Durchschnittslohns verdient, gilt in Europa herkömmlich als armutsgefährdet. Doch: "Der reine Blick auf das Einkommen ist zu eng", sagt IW-Wissenschaftler Christoph Schröder. "Auch die Lebensumstände der Menschen müssen betrachtet werden."

Ein besseres Maß ist die konsistente Armut. Bei ihr wird zudem betrachtet, ob sich die Menschen eine Reihe von Grundbedürfnissen aus finanziellen Gründen nicht erfüllen können - etwa die Möglichkeit, Urlaub zu machen, die Miete zu zahlen oder ein Auto zu besitzen. Im Schnitt betrifft dies 4,2 Prozent der EU-Bevölkerung; Deutschland kommt auf einen Wert von 3 Prozent. Die Untersuchung zeigt klare Ansatzpunkte auf, um Armut effektiv zu bekämpfen, denn konsistente Armut ist hierzulande bei Arbeitslosen neunmal so hoch und bei Personen mit niedrigem Bildungsabschluss dreimal so hoch wie im Durchschnitt der Bevölkerung.

Die IW-Studie entwickelt zudem einen multidimensionalen Armutsindex, der auf den indischen Ökonomen und Philosophen Amartya Sen zurückgeht. Zusätzlich zur Einkommensarmut und zur materiellen Entbehrung werden die Faktoren Unterbeschäftigung, niedriges Bildungsniveau, starke Beeinträchtigung im Wohnumfeld sowie gesundheitliche Einschränkungen einbezogen. Je niedriger der Wert, desto geringer die Armut. Der EU-Durchschnitt liegt bei 123 Punkten, Spitzenreiter ist Norwegen mit 59 Punkten. Deutschland kommt auf 85 Punkte und verbesserte sich seit 2008 um knapp 8 Prozent. Im selben Zeitraum haben sich auch weitere 17 EU-Staaten merklich verbessert. "Gewinner sind vor allem mittel- und osteuropäische Länder", sagt Schröder. Ausschlaggebend hierfür ist die positive wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen Jahre.

Beide umfangreicheren Ansätze der Armutsdefinition zeigen, dass Arbeit und Bildung die wichtigsten Instrumente im Kampf gegen Armut sind. "Hier muss die Politik ansetzen", sagt Schröder.

Quelle und Kontaktadresse:
Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) Pressestelle Konrad-Adenauer-Ufer 21, 50668 Köln Telefon: (0221) 4981-0, Fax: (0221) 4981-533

(dw)

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