Modellversuch zu Elektrofahrzeugen in Berlin / Elektromobilität noch weit entfernt von Massentauglichkeit / Autos schnell sparsamer machen mit ambitioniertem CO2-Grenzwert
(Berlin) - Der Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) warnt anlässlich der heutigen Präsentation des Projektes »E-Mobility Berlin« vor übereilter Euphorie beim Thema Elektrofahrzeuge. Es sei zwar gut und richtig, jetzt Pilotprojekte wie das in Berlin zu starten und die Forschungsanstrengungen in dem Bereich zu verstärken. Doch zur Lösung der akuten Probleme von Klimawandel und Ressourcenschwund könnten Elektroautos in absehbarer Zeit leider noch keinen entscheidenden Beitrag leisten.
"Elektromobilität ist noch weit davon entfernt, massentauglich und umweltschonend zu sein", erklärt Hermann-Josef Vogt vom VCD-Bundesvorstand. Weder gebe es bisher eine bezahlbare und ausgereifte Batterietechnik, noch eine entsprechende Strominfrastruktur für schnelles Aufladen. "Selbst optimistische Schätzungen gehen für 2020 von gerade einmal zwei Millionen Elektrofahrzeugen in Deutschland aus - bei einem Bestand von 50 Millionen Pkw. Das entspräche einem Anteil von weniger als fünf Prozent", rechnet Vogt vor. Außerdem seien Elektrofahrzeuge erst dann klimafreundlich, wenn der verwendete Strom aus regenerativen Quellen erzeugt werde. Bisher stammten aber nur rund 15 Prozent des verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien.
Nach Einschätzung des VCD wird ein smart mit Elektroantrieb in den ersten Produktionsjahren gut doppelt so teuer sein wie ein Benziner. "Autos mit Verbrennungsmotor werden also noch viele Jahre den Markt beherrschen. Damit ist es für den Klimaschutz, die Versorgungssicherheit mit Energie und für das Portemonnaie der Autofahrer absolut vorrangig, den Kraftstoffverbrauch deutlich zu senken", folgert Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des VCD. Das beste Mittel dafür sei die Einführung eines ambitionierten CO2- und Verbrauchsgrenzwertes, der zurzeit auf europäischer Ebene intensiv verhandelt werde.
Lottsiepen kritisiert: "Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Daimler AG agieren in Brüssel als heftige Bremser. In der heutigen Show präsentiert Daimler wieder einmal Zukunftstechnik, die den Blick auf die Realität verklärt." Letzte Woche erst habe der Europäische Verband für Verkehr und Umwelt »T&E« eine Studie veröffentlicht, die zeige, dass Daimler im Vergleich zu allen großen Autoherstellern europaweit den letzten Platz beim CO2-Ausstoß belegt.
"Daimler ist nicht nur Klimaschlusslicht, sondern auch Meister der gebrochenen Versprechen: Für 2004 hatte der Konzern eine Flotte von Brennstoffzellenfahrzeugen versprochen. Bis heute Fehlanzeige. Für Herbst 2008 wurde angekündigt, den Diesel-smart endlich serienmäßig mit geregeltem Partikelfilter auszurüsten. Im August musste Daimler dann kleinlaut zugeben, dass nicht einmal diese vergleichsweise einfache Technik funktioniert. Jetzt soll es das Elektroauto richten", zählt Lottsiepen auf. Mit derlei Zukunftsversprechen überrede die Autoindustrie immer wieder die Politik, auf ehrgeizige und verbindliche Grenzwerte für Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß zu verzichten. "Damit muss jetzt Schluss sein, die Politik darf sich nicht länger zum Handlanger der rückständigen Autobosse machen lassen", fordert Lottsiepen.
Quelle und Kontaktadresse:
Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD), Bundesverband
Daniel Kluge, Pressesprecher
Kochstr. 27, 10969 Berlin
Telefon: (030) 2803510, Telefax: (030) 28035110
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