Neuer Standard für Fahrzeuglärm von Porsche mitentwickelt / Autos könnten noch lauter werden / VCD fordert unabhängige Regelung auf EU-Ebene
(Berlin/Brüssel/Genf) - Europaweit könnten Autos in Zukunft deutlich lauter werden als bisher. Darauf machen der Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) und der Europäische Verband für Verkehr und Umwelt »Transport & Environment« (T&E) aufmerksam. Die zuständige Arbeitsgruppe der UN-Wirtschaftskommission für Europa (UN-ECE) will morgen in Genf ein neues, rechtlich verbindliches Standardverfahren zur Messung von Fahrzeuglärm beschließen, das EU-weit Bestand haben wird. Die Verbände kritisieren vor allem, dass der neue Lärmstandard maßgeblich vom Fahrzeugakustiker des Porsche-Konzerns konzipiert worden sei. Porsche gelte als der Hersteller mit den lautesten Autos. Zudem würden die Lärmgrenzwerte durch neue Messmethoden aufgeweicht.
"Straßenverkehrslärm gefährdet die Gesundheit, führt zu Schlafstörungen, Bluthochdruck und erhöhtem Herzinfarktrisiko. Er wird europaweit für 50 000 Todesfälle jährlich verantwortlich gemacht", erklärt Werner Korn vom VCD-Bundesvorstand. "Vor allem bei Kindern leidet die Konzentrationsfähigkeit." Aktuell gelte für Pkw ein europaweiter Grenzwert von 74 Dezibel (dBA). Sonderregelungen für sogenannte Sportwagen erlauben auch Werte von bis zu 75 dBA. Korn: "Die neue Messmethode zielt darauf ab, Lärmspitzen, die etwa bei hohen Drehzahlen auftreten, geringfügig zu reduzieren. Der typische Geräuschpegel unter normalen Fahrbedingungen könnte durch das neue Verfahren jedoch um bis zu zehn Dezibel steigen. Das nehmen Menschen als eine Verdoppelung des Lärms wahr."
Die Richtlinien für Fahrzeuglärm werden vom UN-Weltforum zur Harmonisierung der Regelungen für Kraftfahrzeuge, einer Institution der UN-ECE, vorgeschrieben. Die EU ist Vertragspartner der UN-ECE. Daher gelten Verordnungen dieses Gremiums automatisch für alle EU-Staaten. Der VCD fordert, die Standards zur Fahrzeuglärmmessung transparent auf EU-Ebene zu regeln und nicht der UN-ECE zu überlassen.
Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des VCD: "Die EU hat bisher keine eigenen Regelungen für Fahrzeuglärm erlassen, sondern die Verantwortung an die UN-ECE abgetreten. Dieses Gremium ist jedoch nicht unabhängig, sondern von Industrievertretern durchsetzt." Innerhalb der zuständigen Arbeitsgruppe der UN-ECE sei ein Sounddesigner des Sportwagenherstellers Porsche federführend mit der Ausarbeitung des neuen Vorschlags befasst. Lottsiepen: "Es ist skandalös, dass Porsche, der Konzern mit den lautesten Autos, die Lärmmessverfahren der EU diktiert. Wer den extremen Motorenkrach eines Porsche 911 gutheißt, der es dank Ausnahmegenehmigung auf bis zu 75 Dezibel bringt, hat in einem Gremium, das sich mit Lärmstandards befasst, nichts verloren. Die Europäische Union muss die Gesundheitsgefahren für ihre Bevölkerung ernstnehmen und die Kontrolle über die Lärmschutznormen zurückerlangen."
Mehr Informationen zu den neuen Lärmstandards finden Sie bei T&E unter www.transportenvironment.org/
Quelle und Kontaktadresse:
Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD), Bundesverband
Almut Gaude, Pressesprecherin
Rudi-Dutschke-Str.9, 10969 Berlin
Telefon: (030) 2803510, Telefax: (030) 28035110
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