Nina Warken: Keine grundlegenden Abstriche am Krankenhausreformgesetz
(Berlin/Düsseldorf) - Seit drei Jahren stemmen sich die Krankenhäuser gegen ihre immer schwieriger werdende wirtschaftliche Lage – mit allen damit verbundenen Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung. Diese Situation war daher auch prägendes Thema unter den Teilnehmern des 48. Deutschen Krankenhaustages, der gestern eröffnet wurde. An jeweils vier Tagen im November – in diesem Jahr vom 17. bis zum 20. 11. – treffen sich in Düsseldorf Vertreter aller Berufsgruppen zu ihrem wichtigsten Kongress. Obwohl das Motto der diesjährigen Großveranstaltung „Neustart Krankenhauspolitik – Mut zur Veränderung“ lautet, ist – wen wundert das – von Euphorie in der aktuellen Situation vor allem bei den Führungskräften der Kliniken nicht viel zu spüren.
Traditionell findet der Deutsche Krankenhaustag im Rahmen der weltgrößten Medizinmesse Medica statt mit in diesem Jahr wieder einigen tausend Ausstellenden aus fast 70 Nationen und zehntausenden Besuchern aus aller Welt. Für die Führungskräfte aus den Krankenhäusern ist das immer auch eine Gelegenheit, sich mit der Zukunft der Medizin und der Medizintechnik an den Konferenztagen zu beschäftigen. Eine Möglichkeit, die sich so nur einmal im Jahr bietet.
Kein wirklicher Neustart in der Krankenhauspolitik
Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), erklärte mit Bezug auf das Kongressthema in der Pressekonferenz am Vormittag, die Krankenhäuser hätten nach der Bundestagswahl einen Neustart nicht nur für die Krankenhäuser, sondern auch in der Politik erwartet. Inzwischen seien sie in Teilen ernüchtert, dass es auch beim Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) wieder nicht zu einem Dialog mit den Ländern und den Kliniken gekommen sei. VKD-Präsident Dirk Köcher ergänzte, das Motto müsste heute lauten – es gehe um den Mut zu richtigen, zu passenden Veränderungen. „Unser Auftrag ist die Versorgung der Patienten. Diesen Auftrag sehen wir gefährdet.“
Das Eingangsstatement von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken in der Eröffnungsveranstaltung der Konferenz vermittelte den Teilnehmenden aus den Krankenhäusern die Hoffnung, dass es allenfalls noch marginale Änderungen am KHAG geben wird. Es werde keine grundlegenden Abstriche am Krankenhausreformgesetz geben, betonte sie. Notwendig sei mehr Qualität vor allem bei komplexen Eingriffen, daher müssten dort Behandlungen gebündelt werden, wo Expertise vorhanden sei. Dafür müssten auch längere Wege in Kauf genommen werden. Die Mindestanforderungen an Qualität und Ausstattung, vor allem an personeller und sachlicher Ausstattung, in den Leistungsgruppen würden nicht grundsätzlich angetastet. „Die Reform, wie sie jetzt im Gesetz steht, darf nicht zum Fehlstart werden“, so die Ministerin. Doch es gebe mehr Möglichkeiten für Ausnahmen und Kooperationen, mehr Flexibilität für die Länder. Diese aber nur dort wo sie notwendig seien. Daher könnten die Länder nur mit den Krankenkassen entscheiden. Das Gesetz sei ein guter Kompromiss, erklärte sie. „Wir haben mit der jetzigen Variante ein gutes Gesetz.
Die anfängliche Hoffnung auf einen Neustart in der Krankenhauspolitik der neuen Regierung war in den Krankenhäusern bereits mit dem Referentenentwurf für das Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) fast verflogen. Sie bekam dann den nächsten großen Dämpfer mit dem Sparpaket für die gesetzlichen Krankenkassen, das mit 1,8 Milliarden Euro maßgeblich auf Kosten der Krankenhäuser geht. Die kurz zuvor zugestandene einmalige Inflationsentlastung für die Jahre 2022 und 2023 von vier Milliarden Euro halbierte sich nahezu auf einen Schlag wieder und wird aufgrund der basisabsenkenden Wirkung der 1,8 Mrd. Euro Anfang 2028 bereits gänzlich aufgebraucht sein. Nina Warken begründete das Vorgehen u.a. damit, dass es hier um zwei verschiedene Paar Schuhe gehe.
Hingegen beschäftigt dieser nicht erwartete Sparvorschlag die Mitglieder des VKD tagtäglich, wie Dirk Köcher, Präsident des VKD und aktuell amtierender Vorsitzender des Beirats der Gesellschaft Deutscher Krankenhaustag, erklärte. Denn tagtäglich hätte sie mit den Folgen dieser und auch vergangener willkürlicher Kürzungen zu kämpfen.“ Vor der Presse erläuterte er: „Damit wird nun leider eine Politik fortgesetzt, die schon vor drei Jahren begann. Denn im Dezember 2022 wurde handstreichartig ein entsprechender Paragraf im Krankenhausentgeltgesetz abgeschafft, der bei sinkender Leistung, wie eben nach der Corona-Pandemie, den Landesbasisfallwert hätte höher steigen lassen. Nun gibt man den Kliniken Soforttransformationskosten, um diese nicht einmal vier Wochen später wieder einzukassieren…“
„Die Ziele der Krankenhausreform – die Finanzierung der Häuser durch sogenannte Vorhaltepauschalen zu verbessern, die Qualität durch Konzentration zu steigern und dabei auch noch die wohnortnahe, flächendeckende Versorgung zu sichern – werden so nicht erreicht. In der Anpassungsreform werden die von den Praktikern kritisierten Regelungen im KHVVG, die zu massiven Fehlsteuerungen führen werden, nicht korrigiert. Dazu gehören, um nur einige zu nennen, die Vorhaltefinanzierung, die kurz vor Toresschluss ins Gesetz gekommenen unerfüllbaren und finanziell desaströsen Regelungen der Hybrid-DRGs und die seit Jahren immer wieder angekündigte, nie umgesetzte Reform zur Bürokratieentlastung.“
Forderung: Mehr Vertrauen in die Handelnden vor Ort
Der VKD-Präsident verwies in der Diskussion im Rahmen der Eröffnung der Konferenz u.a. auf die laut Krankenhausreport 2025 kontinuierlich gestiegenen Klinikinsolvenzen durch gestiegene Tariflöhne, Preissteigerungen bei den Sachkosten, gesunkene Erlöse, immer mehr ebenfalls kostentreibende Regelungen und bürokratische Lasten. Von Juli 2022 bis Oktober 2024 hätten 61 Kliniken Insolvenz anmelden müssen. Klinikschließungen sowie die Schließung vieler Standorte und Abteilungen bedeuteten weniger Versorgung bzw. weitere Wege für die Patienten.
„Mancher nennt das euphemistisch notwendige Strukturreform. Wir nennen es kalte, weil ungeplante und daher schädliche Strukturveränderungen. Im Klartext Kliniksterben“, so Dirk Köcher. Wichtig wäre mehr Vertrauen in die Handelnden vor Ort, mehr Beinfreiheit und mehr Entscheidungsmöglichkeiten, Streichung unsinniger Dokumentationspflichten und praxisferner Vorgaben sowie auch sachliche Prüfung der Vorschläge und der Kritik aus der Praxis.“
„Auch die Mitglieder unseres Verbandes wissen natürlich“, so Dirk Köcher, dass die durchaus notwendigen Transformationsprozesse der kommenden Jahre uns alle in den Krankenhäusern sehr viel Kraft kosten und auch viel Überzeugungsarbeit nach innen und außen erfordern. Es werden zum Teil schmerzhafte Veränderungen erfolgen müssen. Da machen wir uns nichts vor. Wir können nur hoffen, dass die Politik vor Ort und in den Ländern den Entscheidern in den Kliniken und den Trägern sowie Gesellschaftern den Rücken stärkt.“
Der VKD-Präsident prognostizierte aber auch, dass die Krankenhausreform so, wie sie nun umgesetzt werden soll, bei allen Anstrengungen die politisch postulierten Ziele nicht erreichen kann. „Wir werden, wenn es keine wirklich substanziellen Änderungen gibt, durch die sich beschleunigenden kalten Strukturveränderungen Versorgungslücken in einem erheblichen Ausmaß bekommen. Schon allein die genannten Regelungen werden zu weiteren finanziellen Einbußen führen, denen vor allem kleinere Krankenhäuser, doch nicht nur sie, nicht gewachsen sein werden. Dass diese mit dem KHAG nun nicht revidiert werden sollen, kann nur bedeuten, dass der kalte Strukturwandel gewollt ist.“
Krisenresilienz erfordert erhebliche Mittel
Am zweiten Tag der Konferenz findet u.a. die Session des VKD zum Thema Krisenresilienz statt. Die Anforderungen an die Krankenhäuser, sich auf die verschiedensten Krisenereignisse sowie den Bündnis- und Verteidigungsfall vorzubereiten, werden u.a. erhebliche Mittel erfordern, über die die Kliniken nicht verfügen. Das betrifft bauliche und technische Investitionen und deren Betrieb sowie die personellen Ressourcen und die Schulungen der Mitarbeitenden. „Die Politik konterkariert mit ihrem Laufenlassen des kalten Strukturwandels im stationären Bereich nicht nur die Ziele der Krankenhausreform, sondern auch die nun geforderte Resilienz im Krisenfall. Eine sehr gefährliche und die Komplexität des Geschehens ignorierende Strategie“, so Dirk Köcher in seiner Einführung in das Thema.
Wieder sehr gute Resonanz für Medica-Stand des VKD
Nicht zu vergessen ist der im Rahmen des Kongresses oft von Mitgliedern des VKD, Partnern aus anderen Verbänden, von Firmenvertretern sowie vielen Interessenten vielfach angesteuerte Medica-Stand des VKD ganz in der Nähe der Veranstaltungen des Deutschen Krankenhaustages. Auch eine große Gruppe Studierender des Studiengangs Betriebswirtschaft im Gesundheitswesen der Hochschule Osnabrück war hier zu Gast. Bereits am ersten Konferenztag konnte VKD-Geschäftsführer Dr. Jens-Uwe Schreck zahlreiche Besucher begrüßen.
Quelle und Kontaktadresse:
Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands e.V. (VKD), Andreas Tyzak, Pressesprecher(in), Oranienburger Str. 17, 10178 Berlin, Telefon: 030 28885911
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