Pressemitteilung | Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW)

Pflegende sind finanziell kaum schlechter aufgestellt als Nicht-Pflegende

(Köln) - Die Pflege von Angehörigen ist in den allermeisten Fällen nur mit geringen finanziellen Nachteilen verbunden – das zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Zwar liegt das Bruttoeinkommen von Pflegenden unter dem von Nicht-Pflegenden, beim verfügbaren Haushaltseinkommen sind die Unterschiede jedoch deutlich geringer.

Wer Angehörige pflegt, braucht Zeit. Oftmals übernehmen diese Aufgabe Angehörige im häuslichen Umfeld, die selbst noch im erwerbsfähigen Alter sind. Im Jahr 2022 waren drei Viertel aller privat Pflegenden unter 66 Jahre alt. Eine Vollzeitstelle lässt sich damit oft nur schwer vereinbaren. Deshalb gilt private Pflege als finanzielles Risiko. Das IW hat untersucht, wie sich die Pflege auf die finanzielle Situation von Pflegenden auswirkt.

Pflege: Nur 66 Euro weniger Pro-Kopf-Einkommen

Betrachtet man das reine Bruttoerwerbseinkommen, verdienen Pflegende tatsächlich weniger als Nicht-Pflegende: In der Altersgruppe der 18- bis unter 50-Jährigen sind es durchschnittlich 3.023 Euro im Monat, bei Gleichaltrigen ohne Pflegeverantwortung hingegen 3.607 Euro. Auch bei älteren Erwerbstätigen sieht das Bild ähnlich aus: Das Einkommen von Pflegenden beträgt hier 3.385 Euro, von Nicht-Pflegenden 4.082 Euro.

Doch das Bruttoeinkommen sagt wenig über die tatsächliche finanzielle Situation aus. Berücksichtigt man Steuern, Transferleistungen und Haushaltsgröße, fällt der Unterschied deutlich geringer aus. Das mittlere monatliche Nettoäquivalenzeinkommen, also das nach Haushaltsmitgliedern bedarfsgewichtete Pro-Kopf-Einkommen, liegt bei Pflegenden bei 2.285 Euro pro Monat, bei Nicht-Pflegenden bei 2.351 Euro – eine Differenz von nur 66 Euro.

Pflegende brauchen flexiblere Arbeitszeiten

Trotz Pflegeverantwortung sind Pflegende finanziell kaum schlechter gestellt als Nicht-Pflegende. „Um Pflegende zu entlasten, sollte die Politik vor allem eins ermöglichen: mehr Flexibilität. Flexible Arbeitszeitmodelle und eine wöchentliche statt tägliche Höchstarbeitszeit könnten privat Pflegende im Alltag entlasten“, sagt IW-Experte Maximilian Stockhausen.

Zur Methodik: Die Analyse basiert auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), einer jährlichen Befragung mit rund 30.000 Teilnehmenden aus 15.000 Haushalten. Für die Untersuchung wurde die Datenversion v39 des Jahres 2022 genutzt. Pflegende wurden über ihre Angaben zur täglichen Pflegezeit an Werktagen identifiziert. Für die Einkommensanalyse wurden Bruttoeinkommen und das bedarfsgewichtete Haushaltsnettoeinkommen herangezogen. Letzteres berücksichtigt Haushaltsgröße und -struktur nach der modifizierten OECD-Skala.

Quelle und Kontaktadresse:
Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW), Konrad-Adenauer-Ufer 21, 50668 Köln, Telefon: 0221 4981-0

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