Produktpiraterie: Viel heiße Ware / Rund 5 bis 8 Prozent Plagiate weltweit
(Köln) - Ob die Spielkonsole von Nintendo oder das Heimkino von Sony bei den meisten Konsumenten stehen Markenprodukte hoch im Kurs. Wer sich das Original nicht leisten kann, greift auch mal zum Nachbau. Häufig ist die preisgünstige Alternative allerdings illegal. Nach Schätzungen der OECD entfallen zwischen 5 und 8 Prozent des Welthandels auf die gefälschten Produkte. In manchen Urlaubsländern sind Mitbringsel wie die schicke Rolex-Uhr oder das neueste CK-Parfüm als Schnäppchen am Strand zu ergattern. Mit den teuren Originalen haben solche Waren wenig gemein Outfit und Logo sind nachgemacht. Das Geschäft mit der Produktpiraterie so die Bezeichnung für das verbotene Nachahmen und Vervielfältigen von Waren, für die die rechtmäßigen Hersteller Erfindungs-, Design- und Verfahrensrechte besitzen blüht auch in hiesigen Gefilden:
Im Jahr 2001 wurden an den Außengrenzen der Europäischen Union ungefähr 95 Millionen betrügerisch hergestellte Artikel beschlagnahmt, fast 18 Millionen davon in Deutschland. Die EU-Kommission beziffert den Wert, den solche Waren auf dem legalen Gemeinschaftsmarkt erzielt hätten, auf über 2 Milliarden Euro. Seit 1998 ist die Zahl der in der EU beschlagnahmten Plagiate um 900 Prozent gestiegen. Das liegt zum einen daran, dass eine größere Vielfalt an imitierten Waren auf den Markt geworfen wird, zum anderen schlagen aber auch die Kontrolleure häufiger zu. Mit den im Jahr 2001 sichergestellten Produktfälschungen könnte man jedenfalls ganze Shopping-Center ausstatten. Eine Auswahl:
In Deutschland wurden 23.653 Computer beschlagnahmt, 16.824 Flaschen After-Shave-Lotion und 376.217 Paar Socken. In Belgien stellten die Zollfahnder 245.760 Batterien und 579 Packungen Medikamente sicher. In Dänemark gingen dem Zoll 4.400 Kaugummipäckchen ins Netz sowie 8 Tonnen Kosmetikgüter. An spanischen Grenzen wurden 16.800 falsche Flaschen Whiskey und 2,6 Millionen Kaugummipäckchen von den Behörden konfisziert. In den Niederlanden erbeuteten die Fahnder 252.000 Schachteln mit nachgemachten Kondomen sowie 871.000 Tafeln Schokolade. In Großbritannien erwischten die Zollbeamten 1.067 Packungen Zahncreme sowie 6.400 Flaschen Rum. In Italien landeten 1,2 Millionen Batterien und 16.200 Tintenpatronen in den Lagerhallen des Zoll. In Frankreich wurden immerhin 517.200 T-Shirts und Sandalen mit Emblemen der Fußball-WM konfisziert, außerdem 444.978 Autoersatzteile.
Die meisten Plagiate werden auf dem Luftweg transportiert. Um den Herkunftsort zu verschleiern, werden die unterschiedlichsten Strecken gewählt, zumeist durch mehrere Länder. Der tatsächliche Ursprung der nachgeahmten und unerlaubt vervielfältigten Waren ist deshalb immer schwieriger zu orten. Im Jahr 2001 stammten 23 Prozent der von den Zollbehörden der Union an den Außengrenzen abgefangenen Imitate aus Thailand, 18 Prozent kamen aus China, 8 Prozent aus der Türkei und 5 Prozent aus Hongkong. Aber auch in der Tschechischen Republik, in Taiwan oder den USA gibt es so manche Fälscherwerkstatt. Die EU-Kommission will gemeinsam mit den Inhabern der Eigentumsrechte künftig effizienter gegen die Produktpiraten vorgehen. Eine Richtlinie soll die bestehenden nationalen Vorschriften zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum harmonisieren.
Im Mai 2001 hatte die Bundesregierung bereits beschlossen, im Markengesetz einen Straftatbestand für die Verletzung einer Gemeinschaftsmarke zu schaffen, einem in der gesamten Europäischen Gemeinschaft gültigen und beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt eingetragenen Emblem. Außerdem gehört Produktpiraterie zu den 32 Straftaten, für die in Deutschland spätestens ab dem 1. Januar 2004 der so genannte europäische Haftbefehl gilt. Damit soll die Auslieferung von Straftätern innerhalb der EU beschleunigt und erleichtert werden. Dann entscheidet nur noch das zuständige Gericht eines Landes über die Auslieferung der Täter die Justizministerien müssen nicht mehr eigens zustimmen.
Quelle und Kontaktadresse:
Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW)
Gustav-Heinemann-Ufer 84-88
50968 Köln
Telefon: 0221/49811
Telefax: 0221/4981592