Pressemitteilung | Grüne Liga e.V. - Bundesverband

Soll das Klagerecht der Umweltverbände in der Feldhamsterecke bleiben? / Umweltrechtsbehelfsgesetz kurz vor Verabschiedung

(Berlin) - Nach Auffassung des anerkannten Natur- und Umweltschutzverbandes GRÜNEN LIGA e.V. begünstigt das gegenwärtige System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes in der Bundesrepublik Deutschland in einem nicht mehr zu verantwortenden Maße die privaten sowie gruppenegoistischen Interessen von Umweltnutzern und Naturverbrauchern.

Noch immer gibt es in Deutschland auf Bundesebene mit Ausnahme des § 61 Bundesnaturschutzgesetz kein von der individualrechtsschützenden Ausrichtung des § 42 Absatz 2 Verwaltungsgerichtsordnung losgelöstes Klage-recht. Das deutsche Verwaltungsklagerecht setzt also immer eine persönliche Betroffenheit voraus, die den aner-kannten Umweltverbänden bestenfalls nur bei einem Verletzen von „Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege“ zuerkannt wird. Und auch dies erfolgt zudem in einem nur sehr eingeschränkten Maße und ist in der Regel an ganz bestimmte vorausgegangene oder unterlassene Verwaltungsakte gebunden. Als Ergebnis dieser sehr stark eingeschränkten Möglichkeiten des gerichtlichen Einspruchs kommt es dann zu den in der Öffentlichkeit oft mit gewissem Lächeln und Kopfschütteln wahrgenommenen Klagen wegen des drohenden Verlustes von Adlerhorsten oder Feldhamsterbauten.

Kein „Abwehrrecht“ genießen die Umweltverbände jedoch gegenüber den allgemein bekannten und stetig anwachsenden Vollzugsdefiziten der öffentlichen Verwaltung im Umweltschutz. Das betrifft vor allem die unzureichende Kontrolle von eigentlich unumgänglichen Vorsorgemaßnahmen sowohl auf dem Gebiet des Gewässer- und Bodenschutzes als auch im Hinblick auf die nach wie vor unzureichende Luftreinhaltung und damit verbunden den Klimaschutz. Nur bei einer Verletzung von Gesundheit und Eigentum (sogenannte Individualrechtsgüter) darf gegen die Verletzung von Umweltnormen geklagt werden, aber auch hierbei nur im Sinne einer unmittelbaren „Gefahrenabwehr“, nicht im Sinne des vorbeugenden Umweltschutzes zwecks wirksamer Gefahrenverhütung.

Doch die im Jahre 1998 von einigen europäischen Ländern beschlossene Konvention von Aarhus, welche von der Europäischen Union als allgemein verbindlich erklärt und mittlerweile auch von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet wurde, zieht nun einige grundlegende Reformen des europäischen und damit auch des deutschen Umweltrechts nach sich. Hierzu gehört unter anderem auch die Erweiterung der gerichtlichen Überprüfung auf sämtliche Vorschriften des europäischen Umweltrechts. Die Europäische Kommission begründete ihren Vorstoß vor allem damit, dass die stetig anwachsenden Vollzugsdefizite im europäischen Umweltrecht künftig nur noch durch eine dezentrale Vollzugskontrolle bewältigt werden können.

Während in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und auch in den USA das Einklagen von Allgemeininteressen im Umweltschutz schon längst als selbstverständlich gilt, gehört die Bundesrepublik Deutschland mit ihrem stark eingeschränkten Verbandsklagerecht mittlerweile zu den Nachzüglern eines modernen Umweltrechts. „Die jetzt wieder von den Wirtschaftslobbyisten vorgebrachten und leider auch von einigen Bundestagsabgeordneten übernommenen Bedenken, die Anpassung der Klagerechte von deutschen Umweltverbänden an ein europaweit geltendes Umweltrecht könnte eine regelrechte „Prozessflut“ und „Blockade“ von Infrastrukturprojekten auslösen, lässt uns befürchten, dass starke Restriktionen im Verbandsklagerecht auch für die Zukunft vorgesehen sind, trotz aller sich daraus ergebenden Folgen und Konsequenzen zulasten eines vorbeugenden Umweltschutzes“, so die Auffassung von Iri Wolle, Leiterin des Facharbeitskreises Umweltinformationsrecht der GRÜNE LIGA. Sie fordert deshalb im Namen ihres Umweltverbandes GRÜNE LIGA die Bundestagsabgeordneten zu einer „uneingeschränkten Umsetzung des Europarechts“ auf.

Quelle und Kontaktadresse:
GRÜNE LIGA e.V. Pressestelle Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin Telefon: (030) 20447545, Telefax: (030) 2044468

(bl)

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