Sonnenschutz: Handwerkstag kritisiert „unglaubliche Gängelung“ durch EU-Recht
(Stuttgart) - Sind Bauarbeiten bald nur noch im Schatten erlaubt? Die EU plant ein neues Gesetz zum besseren Schutz von Arbeitnehmern vor optischer Strahlung. Der Baden-Württembergische Handwerkstag (BWHT) kritisierte in diesem Zusammenhang das „unglaubliche Ausmaß an gängelnder EU-Gesetzgebung“. Offensichtlich habe keiner der Angeordneten auch nur die leiseste Ahnung davon, wie der Arbeitsalltag der von dieser Regelung hauptsächlich betroffenen Bau- und Ausbaubetriebe aussehe.
Die Pflichten, die den Betrieben mit der neuen Regelung auferlegt würden, seien unzumutbar. Landeshandwerkspräsident Möhrle: „Reicht es denn nicht aus, wenn ein Betriebsinhaber seine Mitarbeiter an Schönwettertagen auffordert, T-Shirts und lange Hosen anzuziehen und – falls nicht ohnehin Helmpflicht vorgeschrieben ist – eine Kopfbedeckung zu tragen sowie Sonnenschutzlotion zu verwenden?“ Mit dem Gesetzesvorhaben sollen Menschen, die im Freien arbeiten, vor zu viel Sonnenlicht, Laser-, UV- oder Infrarotstrahlung geschützt werden. Die neue Regelung würde die Arbeitgeber dazu verpflichten, falls eine überhöhte künstliche oder natürliche Strahlung nachgewiesen wird, ein Aktionsprogramm mit technischen oder organisatorischen Maßnahmen durchführen, damit die Arbeitnehmer weniger Strahlung ausgesetzt werden. Möhrle: „Es gibt kaum eine bessere Möglichkeit für die Europäische Kommission und das Parlament, den Verdruss der Betriebe über diese Institutionen noch weiter zu steigern, als durch solche Schnapsideen“, stellte Möhrle in einem Schreiben an die baden-württembergischen Europaabgeordneten fest.
Häufig im Freien tätige Handwerksbetrieben – zum Beispiel Bau-, Straßenbau-, Gerüstbau-, Dachdecker-, Stuckateur- und Fliesenlegerbetriebe – beschäftigten in aller Regel nicht mehr als fünf bis acht Mitarbeiter, erklärter Möhrle weiter. Die Inhaber stünden im Auftragsmanagement früh morgens vor der oft nicht leichten Entscheidung, welche Arbeiten bei welchem Kunden mit Blick auf das meist witterungsabhängig zu verarbeitende Material am besten in Angriff genommen werden, wer von den Mitarbeitern und Lehrlingen wo eingeteilt wird. Diese Betriebsinhaber seien dann über den Tag hinweg in die handwerklichen Arbeitsprozesse auch noch persönlich und aktiv eingebunden. Möhrle verwies darauf, dass eine Kleinbetriebsklausel im EU-Recht verwaltungsmäßige, finanzielle oder rechtliche Auflagen ausschließe, „die der Gründung und Entwicklung von kleineren und mittleren Unternehmen entgegenstehen“.
Nachdrücklich wies der Handwerkstag auf die derzeitige prekäre wirtschaftliche Situation der Bau- und Ausbaubetriebe hin, in der möglichst alles unterbleiben sollte, was zu einer weiteren Verbürokratisierung und Verteuerung der betrieblichen Abläufe in den kleinen und mittleren Unternehmen führe. Möhrle appellierte an die Abgeordneten, dafür zu sorgen, dass der gesamte Teil der Richtlinie, soweit er sich auf Strahlung aus natürlichen Quellen bezieht, zurückgezogen wird.
Quelle und Kontaktadresse:
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