Pressemitteilung | Evangelische Arbeitsgemeinschaft Familie e.V. (eaf)

Soziale Väter geraten bei Neuregelung der Vaterschaftsanfechtung ins Hintertreffen

(Berlin) - Ein aktueller Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums sieht zum einen vor, dass Familiengerichte künftig im Einzelfall abwägen sollen, ob die rechtliche Vaterschaft beim sozialen Vater bleiben oder auf den biologischen Vater übergehen soll, wenn beide Anspruch darauf erheben und eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind haben. Zum anderen sieht der Referentenentwurf vor, dass die Interessen des sozialen Vaters und dessen Beziehung zum Kind in zwei nicht seltenen Szenarien dabei völlig unzureichend berücksichtigt werden.

Die aktuelle Rechtslage schützt ausnahmslos die soziale Familie und die sozial-familiäre Beziehung des rechtlichen Vaters zum Kind. Mit der Neuerung bezüglich besserer Möglichkeiten für biologische Väter für Einzelfallentscheidungen setzt der Referentenentwurf eine Ent¬scheidung des Bundesverfassungsgerichts um. Dies begrüßt die evangelische arbeitsgemein¬schaft familie (eaf) in ihrer Stellungnahme grundsätzlich, warnt aber im Interesse des Kindes davor, die Rolle des sozialen Vaters zu stark abzuwerten.

Der Schutz der Rolle der sozialen Väter soll laut Entwurf in zwei Fällen komplett entfallen: Ist das Kind noch nicht älter als 6 Monate, soll der biologische Vater durch die Anfechtung immer auch rechtlicher Vater des Kindes werden. Ist das Kind bereits volljährig und widerspricht der Vaterschaftsanfechtung nicht aktiv - aus Unwissenheit oder fehlender Priorität für diese Dinge in der Lebensphase als junge/r Erwachene/r – soll der biologische Vater ebenfalls immer den sozialen Vater als rechtlichen Vater verdrängen.

„Diese beiden Ausnahmen sehen wir sehr kritisch“, erläutert eaf-Präsident Prof. Dr. Martin Bujard. „Sie stärken die Rechte biologischer Väter in einem verfassungsrechtlich nicht erforder¬lichen Maße. Auch bei sehr jungen Kindern sollte bei zwei Vätern mit starkem Interesse an einer rechtlichen Vaterschaft eine Kindeswohlprüfung stattfinden, damit die Grundrechte und Interessen aller Beteiligten Berücksichtigung finden können, beispielsweise in Fällen mit Gewaltkontext. Und der Gesetzgeber würde das Kind vollends mit dem Bade ausschütten, wenn selbst volljährige Kinder, die lediglich einen Widerspruch verpeilen, über Nacht einen neuen rechtlichen Vater bekämen.“

Genau das aber sieht der aktuelle Entwurf vor. „Hier plädieren wir dafür, dass ohne die Zu¬stimmung des Kindes keine Rechtsänderung eintritt“, betont Bujard. „Stellen Sie sich vor, Sie haben 18 Jahre lang für ein Kind gesorgt, ihm abends vorgelesen, Fahrradfahren beigebracht und mit ihm die Pubertät durchlitten; nur weil dieses Kind die Tragweite einer Vaterschaftsan¬fechtung nicht erkennt, soll es über Nacht nicht mehr mit Ihnen verwandt sein? Hier muss der Gesetzesentwurf dringend nachgebessert werden!“

Die rechtliche Verwandtschaft ist unter anderem die Grundlage für Unterhaltsansprüche und Erbrechte und beim minderjährigen Kind auch für das Sorgerecht, das alle wichtigen Ent¬scheidungen für das Kind betrifft. Eine gute Begleitung und Beratung für alle Beteiligten hält die eaf deshalb in allen Abstammungssachen für außerordentlich wichtig.

„Eine gewisse Sicherheit und Verlässlichkeit ist für soziale Väter zentral, um ihre Rolle bei der Erziehung, der finanziellen Sicherung und der emotionalen Bindung zum Kind einzunehmen. Der Gesetzgeber riskiert mit der Neuregelung, dass Männer ihre aufwändige Rolle als sozialer Vater nicht annehmen, da sie Sorge haben, die rechtliche Vaterrolle für das Kind kann ihnen irgend¬wann leicht weggenommen werden“, warnt Bujard. „Für Kinder, die mit einem sozialen Vater aufwachsen, wäre dies von erheblichem Nachteil.“

Quelle und Kontaktadresse:
Evangelische Arbeitsgemeinschaft Familie e.V. (eaf), Auguststr. 80, 10117 Berlin, Telefon: 030 28395-400

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