Sozialhilfestatistik täuscht über wahre Not hinweg
(Bonn) - Die am 21. August 2001 vom Statistischen Bundesamt vorgelegten Zahlen zum Sozialhilfe-Bezug täuschen über das wahre Ausmaß der Armut in Deutschland hinweg. "Die Feststellung, dass die Zahl der Sozialhilfeempfänger im Jahr 2000 um 4,5 Prozent gesunken ist, bedeutet keinesfalls, dass sich die Lebenssituation von Menschen mit geringem Einkommen verbessert hat", betont Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des PARITÄTISCHEN Wohlfahrtsverbandes.
"Wäre der Sozialhilferegelsatz realistisch bemessen, hätten wesentlich mehr Menschen Anspruch auf Sozialhilfe als die jetzt in der Statistik ausgewiesenen 2,68 Millionen", sagt Schneider. Nach Berechnungen des Verbandes ist die Sozialhilfe um 9,2 Prozent zu niedrig bemessen, um das gesellschaftliche Existenzminimum zu decken. Statt 560 Mark müsste der Sozialhilferegelsatz für einen Haushaltsvorstand in Westdeutschland 611 Mark betragen, fordert Schneider. In Ostdeutschland, wo die Zahl der Sozialhilfeempfänger laut Statistischem Bundesamt sogar um 1,6 Prozent gestiegen ist, wären es 590 statt 541 Mark. "Legt man diese Zahlen für den Anspruch auf Sozialhilfe zu Grunde, gibt es deutlich mehr Menschen in sozialen Notlagen als jetzt in der Sozialhilfestatistik auftauchen", betont der Hauptgeschäftsführer des PARITÄTISCHEN.
Der Verband fordert einen Inflationsausgleich in der Sozialhilfe in Höhe von 9,2 Prozent. "Wer heute von Sozialhilfe lebt, kann sich davon deutlich weniger kaufen als zu Beginn der 90er Jahre", betont Schneider. "Menschen, die über einen längeren Zeitraum von Sozialhilfe leben müssen, leben in Armut." Der PARITÄTISCHE appelliert an die Regierungskoalition, die dringend notwendige Reform der Sozialhilfe zügig anzugehen und nicht länger zu vertagen. Schneider: "Wir dürfen uns durch die Sozialhilfestatistik nicht in die Irre führen lassen. Es ist armutspolitisch, aber auch gesellschaftspolitisch unverantwortlich, weit mehr als zweieinhalb Millionen Menschen jedes Jahr ein Stück weiter abzuhängen und von der gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen."
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